Test: 1010music Nanobox Lemondrop – kompakter Granularsynthesizer

Test: 1010music Nanobox Lemondrop – kompakter Granularsynthesizer

Tests. 1. Oktober 2024 | / 5,0

Geschrieben von:
Sven Rossweg

Der Nanobox Lemondrop von 1010music ist ein vierstimmiger Granularsynthesizer im kompakten Format. Was das zitronengelbe Gerät kann, schauen wir uns in diesem Test genauer an.

Zur Nanobox-Serie gehören neben dem Lemondrop auch der Wavetable-Synthesizer Fireball sowie der FM Drum-Sampler Razzmatazz. Lemondrop und Fireball unterscheiden sich hinsichtlich der Synthform Wavetable und der Granularsynthese. Die restlichen Elemente der Klangbearbeitung sind identisch.

Die Nanobox-Serie

Die Geräte der Nanobox-Serie von 1010music sind baugleich und lassen sich nur durch die knallige Farbgestaltung unterscheiden. Die Synthesizer kommen mit folgenden Features daher:

  • 2" Touchscreen
  • 2 Drehregler und 4 Taster
  • MIDI-In und -Out über USB-C und Miniklinke
  • Clock In
  • Line In/Out
  • USB-C-Anschluss
  • MicroSD-Kartensteckplatz
  • 95 x 76 x 38 mm

Aufgrund der kompakten Bauweise konnten keine MIDI-Buchsen und große Klinkenstecker verbaut werden – alle Anschlüsse liegen als 3,5 mm-Klinkenstecker vor. Ein MIDI-Klinken-Adapter und ein USB-C-Kabel befinden sich im Lieferumfang. Strom bekommt die Nanobox-Serie per USB, auf einen Akku wurde verzichtet.

Das hochauflösende und helle Touchdisplay lässt sich sehr gut ablesen und verfügt über die Reaktionsfähigkeit eines iPads. Über MicroSD können Samples geladen und das Betriebssystem aktualisiert werden. Obwohl die Nanobox-Serie vollständig aus Kunststoff besteht, wirkt sie hochwertig. Die Verarbeitung und verwendeten Materialien sind von guter Qualität und auch die Audioqualität überzeugt.

Lemondrop und Fireball aus der Nanobox-Serie.

Konzept des 1010music Nanobox Lemondrop

Beim Lemondrop handelt es sich um einen vierstimmigen Granularsynthesizer, der über zwei identische Granular-Oszillatoren, einen VA-Oszillator, zwei Filter, zwei Envelopes, zwei LFOs und einen Sequencer verfügt. Zusätzlich wurde er mit fünf Effekten ausgestattet. Das XY-Pad erlaubt es, zwei Funktionen gleichzeitig zu modulieren und sogar ein Touchkeyboard ist vorhanden. Die 150 Presets klingen überwiegend mystisch und cineastisch, wofür sich die Granularsynthese perfekt eignet. 

Workflow des 1010music Nanobox Lemondrop

Nach dem Einschalten von Lemondrop landet man direkt auf dem Home-Bildschirm, wo die Schwingungsformen der Granular-Oszillatoren angezeigt werden. Zur Bearbeitung des Klangmaterials stehen die Filter, die ADSR-Hüllkurven, die LFOs, der Sequenzer und die Effekte zur Verfügung. Diese Funktionen werden mit dem Touchdisplay aktiviert, für die  Feinabstimmung stehen zusätzlich die Regler zur Verfügung.

Die Bedienung erinnert an die AKAI-MPC-Serie, bei der eine harmonische Zusammenarbeit zwischen dem Touchdisplay und den Reglern besteht. Viele Funktionen des Fireball sind doppelt vorhanden, doch es ist nicht nötig, in das Hauptmenü zurückzukehren, um beispielsweise zwischen den beiden Filtern zu wechseln. Mit einem Druck auf die Hamburgertaste wechselt man zwischen mehrfach vorhandenen Funktionen, die mit drei Quadraten gekennzeichnet wurden.

Oszillatoren des 1010music Nanobox Lemondrop

Auf dem Bildschirm werden zwei Schwingungsformen angezeigt und durch Berührung werden auch die Bearbeitungsfunktionen angezeigt, die für beide Oszillator identisch gestaltet wurden. Die üblichen Sample-Funktionen wie Pitch, Loop Mode, Start-Position sind weniger interessant, viel spannender sind da schon die Funktionen, die Lemondrop in einen Granularsynthesizer verwandeln.

Bei der Granularsynthese wird ein Sample in Abschnitte zerteilt, die als "Grains" bezeichnet werden und mit der Funktion "Grain Size" können bis zu 128 Grains erzeugt werden. Die Funktion "Window" bestimmt, ab welcher Abspielposition des Samples Grains erzeugt werden und mit "Jitter" werden Grains quantisiert oder frei zum Tempo abgespielt. 

Die Funktion"Beat Sync" bestimmt, wie viele Grains im Takt abgespielt werden und wie oft sie abgespielt werden. Falls diese Funktion deaktiviert ist, kann mit "Density" bestimmt werden, wie viele Grains pro Sekunde ausgewählt werden. Insgesamt stehen pro Granular-Oszillator 17 Parameter zur Verfügung. Die Darstellung auf dem Touchdisplay ist ein Augenschmaus, weil die Bewegungen der Grains visualisiert werden. 

Lemondrop wird mit über 300 Wave-Dateien ausgeliefert, zusätzliche Samples können importiert werden. Der Audioeingang ermöglicht es, direkt in das Instrument zu samplen und auf der Record Page finden sich die typischen Einstellungen zum Aufnehmen und Bearbeiten der Samples. 

Mithilfe der Audio-Inputs verwandelt sich Lemondrop in ein Live-Granular-Effektgerät. Einfach mal die Stimme oder eine Schallplatte durch den Synthesizer jagen – das sollte allen Klangforscher:innen ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.

Zusätzlich zu den Granular-Oszillatoren bietet Lemondrop einen virtuellen analogen Oszillator mit den Schwingungsformen Sägezahn, Dreieck, Sinus-Rauschen und Rechteck mit Pulsbreitenmodulation. Mit dem zusätzlichen Oszillator kann man beispielsweise Sounds verdichten, Subbässe erzeugen und Klänge mit Rauschen verfeinern.

Nanobox Lemondrop von oben.

Modulieren mit dem 1010music Nanobox Lemondrop

Trotz des Fehlens einer Modulationsmatrix können ähnliche Einstellungen vorgenommen werden. Modulierbare Funktionen werden durch Drücken der rechten Pfeiltaste angezeigt. Unter"Source" lassen sich bis zu drei Modulationsquellen einem Ziel zuweisen.

Als Modulationsquellen stehen unter anderem die LFOs, Hüllkurven, Sequencer, Anschlagsdynamik, Velocity Pressure, das Modulationsrad sowie die x- und y-Achse des Touchscreens zur Verfügung. Beispielsweise könnte man Filter-Cutoff mit einem LFO, einer Hüllkurve und dem Touchscreen steuern. 

Filter des 1010music Nanobox Lemondrop

Lemondrop wurde mit zwei identisch aufgebauten Filtern ausgerüstet, welche mit den Eigenschaften Lowpass, Highpass, Bandpass, Notch und Resonanz ausgestattet wurden. Diese Filtereinstellungen erlauben es, unterschiedliche klangliche Eigenschaften herzustellen, die von fetten Bässen bis zu den dünnen klagenden Chören aus dem Jenseits reichen.

Beim Lemondrop kann man entweder Cutoff oder Resonanz mit einem Regler bedienen – wer beide gleichzeitig bedienen will, kann das Touchdisplay nutzen. Hier wird die Filterkurve angezeigt und beide Einstellungen können gleichzeitig per Touch gesteuert werden.

Die Filter können in verschiedenen Konfigurationen verschaltet werden. Bei serieller Verschaltung wird das Signal zuerst durch Filter 1 und dann durch Filter 2 geführt, während das Audiosignal bei paralleler Verschaltung von beiden Filtern unabhängig voneinander verarbeitet wird. Jede dieser Einstellungen führt zu neuen Klangeigenschaften. 

Effekte des 1010music Nanobox Lemondrop

Der Lemondrop bietet fünf Effekte, die auf zwei Slots aufgeteilt sind. Im ersten Slot stehen eine Kombination aus Flanger und Distortion sowie wahlweise Chorus oder Phaser zur Auswahl. Der zweite Slot wurde mit Reverb und Delay ausgestattet. Pro Slot kann jeweils ein Effekt verwendet werden.  

Die Qualität der Effekte ist brauchbar, aber die meisten Effekte wurden nur mit wenigen Parametern ausgerüstet. Nur das Delay verfügt über detaillierte Einstellungen, während das Reverb mit vier Parametern spärlich ausgestattet wurde. Trotz dieser Einschränkungen können die Effekte durch Modulation der Parameter komplex gestaltet werden. Warum also nicht einmal die Größe des Reverbs mit dem LFO modulieren? 

LFOs des 1010music Nanobox Lemondrop

Der Lemondrop verfügt über zwei LFOs, die zum Tempo synchronisiert werden können und mit den Schwingungsformen Sinus, Rechteck, Sägezahn und S&H ausgestattet wurden.

Es ist toll, dass die Modulationsstärke der Schwingungsform grafisch dargestellt wird, denn so sieht man, dass ein schwacher Einfluss des LFOs z. B. die Sinuskurve abflacht. 

Zusätzlich bietet die LFO-Sektion einen 16-stufigen Sequenzer, dessen Steps als Balken dargestellt werden, mit dem nicht nur die Tonhöhe, sondern auch andere Parameter zu moduliert werden können. Beispielsweise könnte eine Filterfahrt sequenziert werden.

Anschlüsse des Nanobox Lemondrop.

Bedienungshilfen des 1010music Nanobox Lemondrop

Der Lemondrop benötigt kein externes Keyboard, da er eine Touch-Tastatur und ein vielseitiges XY-Pad besitzt. Beide eignen sich zur Steuerung externer MIDI-Instrumente. Es ist empfehlenswert, die detaillierten MIDI-Einstellungen des Geräts zu erkunden.

Alternativen

Fazit

Für alle Freund:innen von mystischen und experimentellen Synthesizersounds ist der Lemondrop wärmstens zu empfehlen. Mit nur wenigen Einstellungen sind gewöhnliche Samples nicht mehr wiederzuerkennen, da sie sich mühelos in den Soundtrack eines Science-Fiction- oder Horrorfilms verwandeln. Das Instrument ist logisch und durchdacht aufgebaut, wodurch erfahrene Synthesist:innen sich spielend zurechtfinden werden. Seine kompakte Größe macht ihn nicht nur zu einem idealen Reisebegleiter, auch im Studio wird sich immer eine kleine Ecke für den Lemondrop finden.

Gesamtwertung:
4,5 von 5,0
Qualität:  
4,5 von 5,0
Klang:  
5,0 von 5,0
Preis-Leistung:  
4,0 von 5,0

Pro

Kompakte Größe 
Hervorragender Sound 
Touchdisplay 

Kontra

Nichts

Preis:

444 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von 1010music.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit 1010music , Granular , lemondrop , nanobox , Synthesizer

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