Warum heißt der erste Mixer von PLAYdifferently MODEL 1 und nicht RHM? Wobei das für Richie Hawtin Mixer stehen könnte. Nicht die einzige Frage, die sich stellt.
Richie Hawtin ist ein Boss. Ein Macher. Jemand, der seit Jahrzehnten musikalisch und technisch die DJ-Welt beeinflusst. Richie Hawtin ist auch Teil einer Popstar-Kultur. Der Messias der Technikgläubigen präsentiert eine Monstranz mit sechs Kanälen. Das wissen wir seit gestern. Zuvor war nämlich - marketingbedingt - nur die Rückseite zu sehen. Und da sieht selbst ein innovativer DJ-Mixer aus, wie die billigste Audiosignalmischeinheit. Doch ist der MODEL 1 innovativ?
PLAYdifferently MODEL 1
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Bevor die Gedanken in philosophische Sphären wandern die Eckdaten zum Debüt von PLAYdifferently. Die Marke ist neu, die Namen dahinter nicht. Neben Impulsgeber Richie Hawtin zeichnet Andy Rigby-Jones für den Mixer MODEL 1 verantwortlich. Der war zuvor maßgeblich an der Entwicklung der Xone:Mixer-Serie von Allen & Heath beteiligt. So erklären sich Punkte der Wiedererkennung in Bezug auf einen Xone:92 oder DB4. Wie man hört, soll der MODEL 1 in England von Allen & Heath gefertigt werden.
Schon auf den ersten Blick erkennt man einige Besonderheiten:
- sechs Kanäle
- kein Crossfader
- zwei Send/Return Wege
- zwei getrennte Vorhörmöglichkeiten
- kein herkömmlicher EQ am Kanal
- dafür ein EQ am Masterkanal
- ungewöhnliche Anschlußoptionen
- vollständiger, analoger Aufbau
Beim genaueren Blick wird klar: MODEL 1 ist durchdacht. Das bedeutet zugleich: Er ist nichts für die Masse. Weil, das hieße Kompromisse eingehen, dadurch verschwimmt ein Profil. Es drängt sich der Vergleich mit Werkzeugen auf. Der MODEL 1 ist ein Präzessionswerkzeug. Eins für Spezialisten.
Nehmen wir den Verzicht auf den Crossfader. Nachvollziehbar, denn keiner der in die Entwicklung des MODEL 1 Innvolvierten wird den vermissen. Im Gegenzug gibt es sechs vollwertige 60mm-Kanäle, wie sie eher an Studiomischpulten zu finden sind. Pro Kanal sind zwei Effektwege (Send/Return) verfügbar. Auch das ein Indiz für eine spezielle Anwendung - was vor allem einen sinnvollen Einsatz meint.
Die Klangreglung wird entweder mit Euphorie oder mit Befremden quittiert. Anstelle des üblichen 3-Band EQs wartet der MODEL 1 mit einer Mischung aus Filtern (Low/High) und einem semiparametrischen (Sculpting) EQ auf. Das erfordert vermutlich einiges an Einarbeitung. Ich erinnere mich, dass nicht wenige DJ-Kollegen mit den vier "EQ-Reglern" am Xone:92 überfordert waren.
Besonderheiten auch bei den Anschlüssen
Der MODEL 1 hat ein Herz für DJ-Teams. Die Möglichkeit des Vorhörens auf zwei getrennten Wegen ist meines Wissens ein Alleinstellungsmerkmal. Auch Back2Back oder die Übergabe zwischen DJs wird damit komfortabler.
Interessant sind die Anschlüsse. Sechs Line-Inputs, davon dreimal mit zuschaltbarer Vorverstärkung für Plattenspieler. Alle Eingänge verfügen über Analog Overdrive. Diese "Unique Feature" bringt harmonische Übersteuerung als "Soundeffekt" ins Signal.
Alle Ausgänge sind symmetrisch ausgelegt, ein Record-Out an leicht zugänglicher Stelle erreichbar. Master 1 und 2 sowie Booth sind natürlich getrennt regelbar. Dem Masterkanal wurde zudem ein eigener 3-Band EQ sowie ein Master Filter mitgegeben. Der Boothausgang verfügt über eine 2-Band Klangreglung.
Es gibt die Möglichkeit zwei externe Netzteile anzuschließen (?) sowie Mixer-Link. Damit können mehrere MODEL 1 gekoppelt werden. Außerdem gibt es Tascam-D-Subs, welche die direkte Verbindung mit einer entsprechenden Soundkarte / Clubinstallation erlauben.
Machs mal anders
Der MODEL 1 soll 3220 Euro kosten. Soweit, so normal. Inzwischen scheint es ja so, dass hochpreisliche Mixer die einzigen sind, die Innovation bieten. Dabei beschleicht mich zunehmend das Gefühl, dass es vordergründig um Technik geht. Sind musikalische Grenzen bereits so ausgelotet, dass nur noch eine klangliche Verbiegung Abwechslung (PLAYdifferntly) bietet?
Im Fall von Richie Hawtin vermute ich aber, der hat einfach mal seinen Traummixer gebaut. Wiedermal. Und er hat noch Dubfire, Chris Liebing und ähnliche Buddies um Rat gefragt. Eigentlich die "Botschafter" die man von NIs Traktor kennt. Das schließt sich auch nicht aus. Allen & Heath ist aber eher prädestiniert einen solchen Mixer zu bauen, als die Jungs aus Berlin.
Alles vom Feinsten: Komponenten, Verarbeitung, Sound. Da wundert man sich etwas, wenn bei der Präsentation mit anschließender Schweigepflicht (Marketing ... schnarch), ein iPod die Klangquelle ist. So schreibt es zumindest DJ-Lab. Überhaupt ist mir die ganze Marketing- und Hypenummer nicht sonderlich sympathisch.
Nichts gegen guten Sound. Gar nichts! Aber ob Musik langweilig ist, entscheidet sich bereits vor der Wiedergabe. Subjektive Sicht, welche zudem doppelt eingegrenzt wird. Zum einen verschmelzen DJing und Producing. Der Mixer als Instrument. Punkt für den MODEL 1. Zum anderen stehen die längsten Schlangen, da wo auch dieses neue Mischpult stehen wird. Was allerdings wieder für gutes Marketing sprechen könnte. PLAYdifferently nennt sich der Hersteller. Deren erster Mixer ist nicht neu, aber anders. Mission gelungen. Und es ist MODEL 1. Da gab es vermutlich schon weit schlimmere Einstände.
Erhältlich ab Juni (jetzt vorzubestellen)
Mehr dazu bei PLAYdifferently
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