Test: PLAYdifferently – Model 1

Test: PLAYdifferently – Model 1

Tests. 24. Mai 2017 | / 5,0

Geschrieben von:
Boris Alexander

Der Model 1 Mixer wurde 2016 auf der Musikmesse in Frankfurt einem ausgewählten Publikum vorgestellt. Er stammt aus der Feder von Andy-Rigby Jones (ehm. Allen&Heath) und der DJ-Ikone Richie Hawtin. Das Mischpult hat eine recht besondere Ausstattung sticht aus der Masse der Mischpulte heraus. Was der Mixer zu bieten hat und wie sich damit arbeiten lässt, habe ich mir für euch angeschaut.

Der Besondere

Model 1 ist ein vollständig analoger Sechskanalmixer, der 370 x 320 x 115 Millimeter misst und 5,4 Kilogramm auf die Waage bringt. Die sechs Kanalzüge warten mit einer besonderen Ausstattung auf. Sie bieten keine klassischen Dreiband-Equalizer, sondern Highpass- und Lowpass-Filter sowie semiparametrische Glockenfilter.

Die eingehenden Pegel könnt ihr optisch mit einer zehnstufigen LED-Kette überwachen und mit einem Trim-Regler anpassen. Zum Mixen gibt es Fader mit 60 Millimeter Faderweg und Faderkappen, die man sonst eher im Studiobereich antrifft und Achtung: es gibt KEINEN Crossfader. Mit einem Drive-Regler lassen sich die Kanalsignale analog übersteuern und per Taster dem Masterfilter zuführen. Jeder Kanalzug ist mit zwei Cue-Tastern ausgestattet, die ein unabhängiges Vorhören erlauben und verfügt über zwei Aux-Wege, die ihr zum Einschleifen von Effekten nutzen könnt. Die Mastersektion hat zwei separat regelbare Ausgänge, ein Masterfilter und einen Masterequalizer.

Das Masterfilter besteht aus einem Hochpassfilter mit Resonanz und einem Tiefpassfilter. Der Masterequalizer ist als Dreiband-EQ ausgeführt und kann optional aktiviert werden. Er bearbeitet immer das gesamte Summensignal inklusive des Booth- und Recordsignals. Model 1 ist mit einem Booth-Ausgang ausgestattet, der über eine eigene Klangregelung per Zweiband-EQ verfügt.

Anschlüsse

Neben der nicht ganz alltäglichen Kanalzugausstattung, gesellen sich weitere Eigenheiten auf der Rückseite des Mixers hinzu. Ihr findet hier die Eingänge für die sechs Kanalzüge, die sich aus sechs Line- und drei Phonoeingängen zusammensetzen. Diese werden von zwei DSUB-Anschlüssen ergänzt, die dem Tascam-DB25-Standard entsprechen und sich mit symmetrischen Signalen kombinieren lassen. Ihr könnt die DSUB-Anschlüsse zur Verkabelung von Soundkarten oder mehrerer Line-Geräte (CD-Player, Mediaplayer etc.) nutzen. Das Masterausgangssignal wird über XLR- und Klinkenbuchsen ausgegeben und das Boothsignal ebenfalls per Klinkenbuchse.

Über einen DSUB-Ausgang könnt ihr das Master-, Aux- und Cue-B-Signal ebenfalls abgreifen und beispielsweise an eine PA oder Soundkarte weiterleiten. Zur Verbindung mehrerer Mixer ist der Model 1 mit einer Link-in- und Link-out-Buchse versehen. Praktisch: verbindet ihr zwei Model 1 miteinander, so könnt ihr einen zentralen Masterausgang benutzen und auch das Vorhören lässt sich via Cue A und B mixerübergreifend aufteilen. Clever: Zum Schutz vor Ausfällen könnt ihr zwei Netzteile an den Mixer anschließen – das zweite befindet sich allerdings nicht im Lieferumfang und muss zusätzlich erworben werden.

Beats mixen

Aufgrund des eigenständigen Konzepts des Mixers, solltet ihr euch etwas Zeit nehmen und die Besonderheiten in aller Ruhe auskundschaften. Wie ihr sicherlich beim Studieren der Features bemerkt habt, ist Model 1 kein Mixer, der allen DJs gerecht werden will. Der Mixer trägt ganz unverkennbar die Handschrift von Richie Hawtin und ist perfekt auf seine techniklastigen DJ-Setups zugeschnitten. Professionelle Soundkarten lassen sich mühelos an das Mischpult anschließen, dafür sucht man aber vergeblich Effekte oder eine interne Soundkarte. Ob dieser Kritikpunkt berechtig ist, muss jeder selbst für sich entscheiden, denn der Mixer bietet alle Optionen, diese Komponenten durch externe Geräte nachzurüsten. Im Gegenzug verfügt der Mixer über eine komplett analoge Klangverarbeitung, die mit einem warmen und druckvollen Sound glänzt. Aufgrund der gewählten Ausstattung „arbeitet“ man auch deutlich mehr mit den Reglern in den Kanalzügen, als bei einem gewöhnlichen Mischpult.

Die verbauten Kanalfilter greifen ausschließlich frequenzreduzierend ein – Höhen und Bässe lassen sich nicht „reindrehen“, aber „Hand aufs Herz“ – wie oft nutzt man diese Funktion? Mit dem semiparametrischen Glockenfilter, der den Mittenbereich von 70 Hz bis 7 kHz abdeckt und mit +8dB/-20dB eingreift, lässt sich ebenfalls sehr gut arbeiten. Ihr könnt hiermit Frequenzfahrten per Drehregler steuern und klanglich interessante Effekte generieren. Eine zusätzliche Spielwiese bietet das Masterfilter, das sich optional in den Kanalzügen aktivieren lässt und die Drive-Funktion. Mit Drive könnt ihr Loops, aber auch ganze Tracks bearbeiten und klanglich mit Obertönen anreichern. Im Gegensatz zu einem digitalen Verzerrer, der als Effekt in machen Mischpulten zu finden ist, klingt die Schaltung im Model 1 nie aufdringlich oder brutal.

Fazit

Model 1 ist ein Mixer für DJs, die bevorzugt minimalistische elektronische Musik auflegen und eine analoge Klangformung zu schätzen wissen. Der Mixer ist hochwertig verarbeitet und bietet einen außerordentlich guten Klang. Neben seiner besonderen Kanalzugausstattung mit Filtern ergibt sich ein Mixerlebnis, das sicherlich polarisiert, mich aber überzeugen konnte. Die Ausgestaltung der Anschlüsse ist ebenfalls recht ungewöhnlich, bietet aber bei näherer Betrachtung viele Setupmöglichkeiten. Eine generelle Kaufempfehlung für den Mixer kann ich sicherlich nicht aussprechen, da einige von euch wahrscheinlich Ausstattungsmerkmale wie Effekte, integriertes Audiointerface, Mikrofoneingänge oder gar einen Crossfader vermissen werden.

Preis: 3500.- Euro
Mehr Informationen auf der PLAYdifferently-Website.

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