Coronakrise: Soforthilfe und Maßnahmen für freie KünstlerInnen und Kreative

Coronakrise: Soforthilfe und Maßnahmen für freie KünstlerInnen und Kreative

Features. 4. April 2020 | / 5,0

Geschrieben von:
Nastassja von der Weiden

Achtung: Aufgrund der sich schnell entwickelnden Situation rund um das Coronavirus kann dieser Artikel kein Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Bei etwaigen Änderungen reichen wir diese in einem Update nach und kennzeichnen dies.

Konzerte, Ausstellungen, Partys – der Kultursektor steht seit zwei Wochen komplett still. Die digitalen Angebote sind weder für die MacherInnen noch für Gäste eine wahre Alternative, auch wenn sie den allzu tristen Abenden tatsächlich etwas Halt und Licht entgegensetzen und über die Reichweite von erfolgreichen Livestreams viele Menschen dazu aufgerufen werden, für Kulturstätten zu spenden. Die Regierung hat unterdessen ein Rekord-Wirtschaftspaket für die Wirtschaft und damit auch für den stark betroffenen Kultursektor geschnürt, damit es nach dem Shutdown nicht zu massiven Einschnitten und Lücken kommt. Was ihr als von der Krise betroffene KünstlerInnen und Kreative jetzt tun könnt, haben wir für euch zusammengefasst.

In den letzten zwei Wochen überschlugen sich einerseits die Ereignisse, andererseits wurden, was Wirtschaftshilfen betrifft, viele Ankündigungen gemacht – im Kopf geblieben ist sicher die Pressekonferenz von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). "Es ist die Bazooka", sagte Scholz da nämlich über ein gemeinsam mit Altmaier vorgestelltes Hilfspaket gegen die Folgen der Coronakrise und ergänzte: "Was wir dann noch an Kleinwaffen brauchen, das gucken wir später."

Sicher sei, dass es für Kredite, um die Liquidität, also das „Flüssigsein“, aller von der Krise Betroffenen sicherzustellen, keine Obergrenze gebe. Was nicht bei allen für Entwarnung gesorgt haben dürfte, denn Kredite sind nun mal Kredite und diese bedeuten zwar, dass Geld zur Überbrückung bereitgestellt wird, dafür aber Schulden gemacht werden müssen.

Mit Soforthilfen und einem „gelockerten“ Zugang zur Grundsicherung (Hartz IV) wurde entsprechend nachjustiert. Wie und wann diese Soforthilfen beantragt und ausbezahlt werden, ist momentan noch unterschiedlich. Clubs, MusikerInnen, KünstlerInnen und andere Selbständige, die eigene Hilfsaktionen via Startnext und Co. aufgesetzt haben, werden sicher alle möglichen Hilfen, auch selbstorganisierte, beim Wiederaufbau bzw. der Erhaltung ihrer Arbeit brauchen. Was könnt ihr tun?

1) 250 Euro Soforthilfe der GVL

Euch wurde ein Auftritt aufgrund der aktuellen Situation abgesagt? Aktuell können bei der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten InhaberInnen eines Wahrnehmungsvertrags aus der freien Szene eine einmalige Soforthilfe in Höhe von 250 Euro beantragen, wenn sie durch virusbedingte Veranstaltungsabsagen Honorarausfälle erlitten haben. Das kann der erste Schritt sein, denn 250 Euro sind 250 Euro. Bei manchen vielleicht ein Tropfen auf den heißen Stein, bei anderen ist es ein Großteil der Miete.

Antrag

2) GEMA

Die Gebühr entfällt bei behördlich angeordneter Schließung von Clubs und Kulturstätten. “Die GEMA wird finanzielle Übergangshilfen für individuelle Härtefälle gewähren und dafür bis zu 40 Millionen Euro zur Verfügung stellen”, heißt es. Für Clubs interessant: Für die Zeit der behördlich angeordneten Schließung von Betrieben entfallen die GEMA-Vergütungen.

Infos

3) Fördergelder klären

Ihr habt Fördergelder (zum Beispiel vom Musikfonds oder der Initiative Musik) erhalten und eure Veranstaltung findet nicht statt? Wichtig ist: Meldet euch bei euren FörderInnen. Eure Veranstaltung kann beispielsweise mit einer Verlängerung gerettet werden, sobald ein Ersatztermin steht.

Bei Förderungen, die über die Beauftragte für Kultur und Medien laufen, gilt: “Bei einem vorzeitigen Abbruch von geförderten Kulturprojekten und Veranstaltungen wird die Beauftragte für Kultur und Medien im Einzelfall prüfen, ob auf die Rückforderung bereits verausgabter Fördermittel verzichtet werden kann.”

4) KSK informieren

Meldet der Künstlersozialkasse eure geänderte Einkommenserwartung. Die Beiträge werden den geänderten Verhältnissen angepasst. Bei akuten Zahlungsschwierigkeiten können offenbar auch individuelle Zahlungserleichterungen gewährt werden. Bei abgabepflichtigen Unternehmen können die monatlichen Vorauszahlungen reduziert werden. Bestehen akute Zahlungsschwierigkeiten können auch hier individuelle Zahlungserleichterungen gewährt werden.

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5) Soforthilfen beantragen

Zuschüsse in Form von Einmalzahlung müssen nicht zurückgezahlt werden: Die Bundesregierung hat Corona-Soforthilfen für Solo-Selbständige und kleine Unternehmen in wirtschaftlicher Schieflage (durch Corona) von insgesamt bis zu 50 Milliarden Euro Bundesmittel beschlossen. Mit den Mitteln können laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten und Ähnliches bezahlt werden (Achtung: Nicht eure Lebenskosten).

Solo-Selbständige – also EinzelkünstlerInnen, Selbständige ohne Beschäftigte etc. – und Kleinstunternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten erhalten danach bis zu 9.000 Euro Einmalzahlung für drei Monate. Bei bis zu zehn Beschäftigten fließen bis zu 15.000 Euro Einmalzahlung für drei Monate. Die Abwicklung läuft über die Bundesländer.

In einigen Bundesländern oder Städten (zum Beispiel Dresden) gibt es zusätzliche Hilfsprogramme, mitunter können sogar beide Hilfsprogramme gleich über einen Träger abgewickelt werden (zum Beispiel in Hamburg). Diese Extra-Hilfen können also innerhalb der geltenden Bestimmungen mit den Bundeshilfen kombiniert werden.

Hier sind die Links zu den Anträgen zur Soforthilfe:

Baden-Württemberg

Bayern (hier direkt zu Anträgen)

Berlin (Antragspause bis Montag, 06.04.)

Brandenburg

Bremen

Hamburg (Gut zu wissen: Solo-Selbständige erhalten neben der Förderung zur Deckung des Liquiditätsengpasses aus Mitteln des Bundes eine zusätzliche pauschale Förderung in Höhe von 2.500 Euro zur Kompensation von Umsatz- und Honorarausfällen aus Landesmitteln. Macht dann zum Beispiel bei einem Solo-Selbständigen 11.500 Euro Einmalzahlung, wenn er berechtigt ist, den Maximalbetrag von 9.000 Euro Zuschuss zu erhalten.)

Hessen (Wichtig: Anträge für die Soforthilfe können bis zum 31. Mai 2020 eingereicht werden. Aus technischen Gründen ist das Online-Formular von 0 bis 6 Uhr nicht erreichbar, plant das ein. In Hessen gibt es für Solo-Selbstständige bis zu 10.000 Euro Soforthilfe, für Kleinunternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten bis zu 20.000 Euro Soforthilfe.)

Mecklenburg-Vorpommern

Niedersachsen

NRW (Antrag Soforthilfe; Achtung: Die Antragstellung für die Einmalzahlung von 2.000 Euro erfolgt bei den jeweiligen Bezirksregierungen)

Rheinland-Pfalz (Bei Selbständigen und Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten (Vollzeitäquivalent) gibt es in RLP übrigens bis zu 9.000 Euro Zuschuss aus dem Bundesprogramm plus bis zu 10.000 Euro Sofortdarlehen des Landes bei Bedarf. Insgesamt beträgt die Soforthilfe bis zu 19.000 Euro. Achtung: Etwas missverständlich ausgedrückt ist, dass “die Soforthilfe bis zu 19.000 Euro” beträgt. 10.000 Euro davon sind ein Darlehen.)

Saarland (Im Saarland gibt es für Selbständige (mit bis zu zehn Mitarbeitenden) 3.000 bis 10.000 Euro Soforthilfe des Landes (die nicht zurückgezahlt werden muss, wenn alle Angaben korrekt sind). Wer im ersten Schritt 3.000 Euro vom Land bekommt, kann in einem zweiten Schritt weiteres Geld vom Bund bekommen, allerdings maximal bis zur Zuschusshöhe des Bundes.)

Sachsen

Sachsen-Anhalt

Schleswig-Holstein

Thüringen

Auf einigen Websites (zum Beispiel Sachsen) ist bereits auf den ersten Informationsseiten eine Antragsfrist (31. Mai 2020) ausgewiesen, bei anderen nicht. Checkt also unbedingt, welche Fristen und Bestimmungen in eurem Bundesland gelten!

6) KfW-Kredite beantragen

Es gibt auch die Möglichkeit, über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW, manche Studis werden den Namen kennen) Kredite zu beantragen. Hier handelt es sich explizit nicht um Zuschüsse – Kredite müssen, wie üblich, zurückgezahlt werden. Wendet euch zunächst an eure Hausbank, die die jeweiligen KfW-Kredite nach Prüfung durchleiten wird.

7) Steuern zurückholen und/oder stunden

Bei unmittelbar vom Coronavirus betroffenen UnternehmerInnen gewähren die Finanzbehörden bis Ende 2020 Stundungen von Steuerschulden aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer. Steuervorauszahlungen können auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer angepasst werden. Das Gleiche gilt für den Messbetrag für Zwecke der Gewerbesteuervorauszahlungen. Auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge wird erstmal verzichtet. Dies betrifft die Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie die Umsatzsteuer.

Setzt euch hierfür mit eurer Steuerperson in Verbindung. Wer seine Steuer selbst macht: Bei eurem Finanzamt gibt es hierfür ab jetzt Anträge. Tipp: Nur in Anspruch nehmen, wenn ihr in einer Notlage seid. Dafür sind die Maßnahmen da – auch hier ist Solidarität gefragt und ihr kennt die Finanzbehörden. Das kann ganz schnell zum Bußgeld-Bumerang werden (sagt mein Steuerberater). Gleiches gilt selbstredend für alle Soforthilfen.

8) ALG II beantragen

Für Kultur- und Medienschaffende, die nun vor dem Nichts stehen, wird der Zugang zu Leistungen der sogenannten Grundsicherung vereinfacht. Wer zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung stellt und dabei erklärt, über kein erhebliches Vermögen zu verfügen, erhält SGB-II-Leistungen (u. a. ALG II). Erst nach dem Ablauf von sechs Monaten gelten wieder die üblichen Vorschriften. Auch Folgeanträge werden unbürokratisch für sechs Monate weiter bewilligt. Außerdem werden die Ausgaben für Wohnung und Heizung in den ersten sechs Monaten des Leistungsbezugs in tatsächlicher Höhe anerkannt. Niemand, der zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 einen Antrag auf Grundsicherung stellt, soll deswegen umziehen müssen (s. Miete aussetzen).

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9) Im Ernstfall: Miete aussetzen

Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruhen. Dies gilt sowohl für Wohn- als auch Gewerberaummietverträge.

Die Verpflichtung zur Zahlung der Miete bleibt natürlich bestehen – aber ihr müsst euch nicht akut Sorgen über euer Dach überm Kopf sorgen.

 

(Quelle: Bundesregierung)

Veröffentlicht in Features und getaggt mit ALG II , Corona , Fördergelder , GEMA , Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten , KfW , KSK , Künstlersozialkasse , Soforthilfe , Steuern

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