Was will man halt machen, außer inmitten einer Pandemie sein Debütalbum auf den Markt zu werfen? Natürlich ist Robin Wang der House-Szene kein Unbekannter mehr. Von EP zu EP hat sich der Musiker unter dem DJ-Pseudonym Sam Goku angenehm unaufgeregt durch die einschlägigen Musikdienste gehangelt. Zwei der Projekte sind dabei als 12-Inch auf dem Amsterdamer Label Atomnation erschienen. An gleicher Stelle geht jetzt das Album 'East Dimensional Riddims' über die Bühne. Und für die erste große Kür zeichnet sich bereits ein Wechsel in Stil und Ton ab.
Der in Düsseldorf geborene Wahl-Münchner begann 2014 mit dem Musikmachen. 2017 erschien dann mit 'Shan' der erste Output, drei Tracks, mit denen Wang ein recht cleanes und aufgeräumtes Verständnis von Deep House vorstellte. Einfache, grade Strukturen, leichtfüßig und eingängig. Nicht zuletzt auch, weil der geschickte Einsatz von Umgebungsgeräuschen den Stücken eine Unmittelbarkeit verleiht. Der gewisse Schwung liegt aber sicherlich auch in Wangs chinesischen Wurzeln begründet, die er in seinen Stücken genüsslich für sich arbeiten lässt.
So ist auch das Konzept der LP eine Hommage an die selbigen. Elf Tracks verteilt auf 48 Minuten Spielzeit, in denen Wang Stilmittel chinesischer Klangkunst einfängt, inszeniert und gelegentliche Überzeichnungen nicht scheut. Zuallererst fällt aber auf: Das Album wirkt wesentlich lebhafter als noch beispielsweise die 'Tanggu EP' und ist auch um einiges experimentierfreudiger, was Songformate betrifft. Wang hat sich größtenteils vom EP-Gedanken gelöst, DJ-freundliche Siebenminüter anbieten zu müssen. Das Album startet mit dem Opener 'The World We Enter', einer knappen Ambient-Schwade, die gedanklich bereits den Bogen zu der offenkundigen Naturverbundenheit von Wangs bisheriger Handschrift spannt.
Heiter bis grell geht es auf 'Wedding Dance' zu. Vom sonst so genügsamen House-Kontext löst sich Wang bereits früh im Verlauf der Platte und nähert sich mit zügigen 130 bpm schon eher dem Techno an. Es dauert auch nicht lang, bis das aufgeräumte Sound-Design auffällt. Alles hat seinen Platz, wirkt klar, überlegt und präzise. Wang spielt mit vielen traditionell-asiatischen Klangfragmenten aus Field-Recordings, Instrumenten und allem, was das Sample-Pack so hergibt. Das Stück 'Before I Knew' erinnert durch seine minimalistische Verspieltheit so zum Beispiel auch an die Arbeiten von Meitei. In 'Diqiu (Earth)' soliert unter einem Windspiel eine Zither vor sich hin.
Auf 'Earlier Forms' wagt sich Wang an Dub und Ambient. Ohnehin nimmt das Tempo auf den Seiten C und D leicht ab, der Fokus wechselt auf das Thema Bewegung. In das beatlose 'Boarding Lights' hat Wang Sounds von vorbeiziehenden Flugzeugen verwoben und dient so als Quasi-Rampe für 'Flieger 2010'. Hier hat er Aufnahmen von Propellermaschinen über ein recht zartes Techno-Gerüst gelegt.
Eins der Hauptstücke des Albums befindet sich ganz am Ende. In 'Far Far Fantastic' ergießen sich atmosphärische Pads noch und nöcher, während dadaistische Talkbox-Fetzen so etwas wie Vocals simulieren. Allein schon die Tatsache, dass die Platte auf dem druckvollsten Drum-Pattern des gesamten Albums endet, ist ein subtiles, aber erfrischendes Detail. Erstaunlich offen zeigt sich mit der LP auch, wie sich künstlerische Entwicklung definieren kann. Wang ist der Findung seiner musikalischen Sprache hier einen großen Schritt näher gekommen, weil er deutlich experimenteller geworden ist, ohne gleich ein neues Projektpseudonym anlegen zu müssen. Man merkt das halt sofort, wenn jemand Spaß an der eigenen Musik hat.
’East Dimensional Riddims’ ist am 07.05.2021 auf Atomnation erschienen.
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