Dass die japanische Firm Sonicware Inc. den Markt an Digitalsynthesizern im Visier hat, zeigte bereits Liven XFM. Erster Spross der Liven-Reihe ist jedoch die sympathische Gamesound-Kiste 8bit Warps, mit ähnlichem Design, aber ganz eigener Mission: digitale Lofi-Samples im Vintage-Videospiel-Style. Als Klangerzeuger dienen über 60 Wellenformen samt Wave-Editor für Custom Sounds, ergänzt durch eine Handvoll Effekte, einem Sequenzer und exklusivem Vierspur-Looper. Das Ganze gibt es für relativ wenig Geld und dieser Test zeigt, ob 8bit Warps auch in der Praxis überzeugt.
Verarbeitung, Anschlüsse und technische Daten
Mit Liven-typischen Abmessungen von 297 x 176 x 48 mm und 790 g Gewicht ist 8bit Warps groß genug, um ausreichend Platz für die vielen Features und eine effiziente Bedienbarkeit zu bieten und ist dabei leicht genug für den Einsatz unterwegs. Dass der Synth mit sechs AA-Batterien betrieben wird und sogar über integrierte Lautsprecher verfügt, macht ihn einmal mehr zum idealen Reisebegleiter. Angesichts des günstigen Preises und leichten Gewichts überrascht es kaum, dass das Gehäuse aus Kunststoff gefertigt ist – wegen der soliden Verarbeitung ist das jedoch zu verkraften.
Der zeitlose, schwarze Look von 8bit Warps lässt das Instrument seriöser wirken, während Liven XFM etwas bunter und spielzeughafter anmutet. Qualitative Unterschiede gibt es in Hinblick auf die Verarbeitung jedoch keine. Nicht nur das Gehäuse, auch die Potis und Buttons des 8bit Warps sind baugleich zur Liven-Verwandtschaft. Die schwarzen Drehregler können je nach Licht zwar schwer zu erkennen sein, dafür stimmt das Feeling. Aftertouch- oder Velocity-empfindliche Tasten gibt es beim 8bit Warps nicht, die zweioktavige Klaviatur ist simpel und wie die Potis aus hartem Kunststoff. Nur die vielen Funktions-Buttons sind aus Gummi und verfügen über eine interaktive Hintergrundbeleuchtung.
Das kleine LC-Display mit vierstelliger Digitalanzeige rundet das Bedienfeld des 8bit Warp ab, fehlt nur noch die Anschlusssektion: Statt auf der Rückseite befinden sich die Anschlüsse des 8bit Warps wieder auf der Oberfläche des Gehäuses. Mit Kopfhörerausgang, Line In, Line Out sowie Sync In und Sync Out als 3,5mm-Miniklinke sowie MIDI-In und -Out nach fünfpoliger DIN-Norm beschränkt sich die Konnektivität des Synths auf die Grundlagen. Dank des Line In ergeben sich aber doch noch ein paar spannende Möglichkeiten, den 8bit Warps mit externem Gear zu koppeln, doch dazu später mehr.
Die integrierten Sync-Buchsen machen die Liven-Instrumente zur idealen Erweiterung von Volca-Setups und die ausgewachsenen MIDI-Anschlüsse beugen Adapter-Chaos vor. Sonicwares LIVEN 8bit Warps kommt ohne Netzteil und benötigt ein Kabel mit extra kleinem center positive Barrel-Stecker. Wer also nicht vorhat, das Instrument dauerhaft mit Batterien zu betreiben, bestellt sich das passende Stromkabel besser gleich mit. Sonicwares LIVEN 8bit Warps kommt mit Garantiebescheinigung, ein beigelegter QR-Code führt zur Bedienungsanleitung.
Überblick und Workflow
Im Kern ist Liven 8bit Warps ein sechsstimmig polyphoner Digitalsynth. Die eingangs erwähnten 63 Wellenformen genügen für den Anfang allemal; wer Lust hat, kann mittels Wave Editor aber auch ganz eigene Schwingungsformen erzeugen. Die Besonderheit bei der Klangerzeugung des 8bit Warps ist aber, dass pro Patch in der Regel zwei Wellenformen ausgewählt werden können, die sich dann in verschiedenen Betriebsmodi modulieren lassen. Das Warp Setting erlaubt beispielsweise, das Mischverhältnis der beiden Wellenformen zu justieren und von einem Extrem zum anderen zu "warpen".
Attack und Morph automatisieren den Blendevorgang und können via Time-Regler die Frequenz der Wechselautomation bestimmen. Im Attack-Modus gibt es harte, hörbare Sprünge, Morph arbeitet hingegen smoother und kann sogar zwischen drei Wellenformen modulieren. Zu guter Letzt gibt es noch ein FM-Setting, bestehend aus zwei Wellenformen und relativ ausgeklügeltem LFO. Apropos LFO: 8bit Warps hat abgesehen vom FM-Modus vorverdrahtete LFO-Modulationen für Pitch und Filter in petto.
Das Filter selbst kann als Lowpass-, Highpass- und Bandpassfilter fungieren und besitzt einen Extraregler für die Resonanz. Zusammen mit der ADSR-Hüllkurve fühlen sich Synthesizer-Erfahrene schnell auf der Oberfläche des 8bit Warps zu Hause. Eine kleine aber feine Effektsektion bestehend aus Delay, Chorus, Flanger oder Bitcrusher runden die Klangfärbungsoptionen ab, die Kirsche auf der Sahnetorte ist der Masterreverb.
Dass der Masterreverb ein Masterreverb ist, fällt erst auf, wenn der Audio-Looper benutzt wird. Vorher kommt jedoch der Sequenzer ins Spiel, der entweder programmiert oder per Echtzeitaufnahme beladen werden kann und bis zu 128 Schritte umfasst. Außerdem lassen sich mittels Parameterlocks Automationen recorden, um noch mehr Abwechslung in die Sequenz zu bringen. Soweit scheint 8bit Warps kaum Wünsche offenzulassen.
Doch das Problem mit dem Sequenzer ist, dass nicht mehrere Spuren oder Layer parallel aufgenommen werden können. Es gilt also, die sechsstimmige Polyphonie so gut es geht auszureizen und etwas Planung in harmonisches und rhythmisches Layering zu investieren sowie Gebrauch von den Waveshaping-Optionen der Klangerzeuger zu machen.
Patterns und Echtzeitspiel können dann in den Audio-Looper eingespeist werden, inklusive aller Realtime-Spielereien an Drehreglern und Co. Was nicht geloopt wird, ist der Reverb. Der scheint im Signalweg nämlich hinter dem Looper zu sitzen und beeinflusst alle laufenden Patterns, Echtzeitspiel und Loopertracks gleichermaßen. Eine weitere Besonderheit des Loopers ist, dass aufgenommene Tracks nicht gespeichert werden können.
Patterns und Patches lassen sich hingegen im Handumdrehen auf die 256 Speicherplätze speichern und bei laufendem Looper geladen sowie abgespielt werden. Wer weiß, was für Sounds wo gespeichert sind, kann den Looper sozusagen als Patternchainingtool bzw. Layeringtool nutzen.
Hands On
Bei all den Features, die Sonicware in die doch recht kleine Kiste gezwängt haben, ist es erstaunlich, wie gut der Workflow des 8bit Warps in der Praxis aufgeht. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich Sonicware immer wieder an bestehenden Bedienkonzepten bedienen. Besonders der Sequenzer erinnert in seiner Handhabung immer wieder an Elektron, was natürlich etwas Gutes ist. Das Programmieren von Sequenzen und Parameterlocks durch Gedrückthalten der Stepbuttons ist einfach super intuitiv, warum also das Rad neu erfinden.
Das wohl größte Hindernis beim Musizieren am 8bit Warps sind vermutlich die beiden Shift-Tasten für die Sonderbelegungen. Sonicware unterscheiden an ihren Liven-Geräten nämlich zwischen Tastern und Drehreglern, sodass es für beide Bedienelemente separate Shiftbuttons gibt. Gerade zu Anfang ist die Verwechslungsgefahr natürlich groß und Fehlbedienungen vorprogrammiert. Das LC-Display zeigt in den meisten Fällen den aktuellen Parameterwert des zuletzt bewegten Drehreglers an. Während die Zahl ganz digital zwar nur wenig über den jeweiligen Parameter aussagt, ist es erstaunlich, wie gut sich Einstellungen am Interface des 8bit Warps rekonstruieren lassen.
Schwammiger gehts beim Looper daher, der sich zwar mit dem Sequenzer synchronisieren lässt, aber nicht auf jeder Zählzeit des Grids gestarten werden kann. So wartet der Looper in der Regel, bis das jeweilige Pattern von vorne beginnt, um mit der Aufnahme zu starten. Nach dem Motto "von nichts kommt nichts" ist das aber zu verkraften und mit ausreichend Übung kein Problem.
Sound
Wie der Name schon sagt, ist der Klang des 8bit Warps mit Lofi-Charme und Videogamesounds recht speziell. Man könnte fast meinen, wer nicht gerade sein pixelstyle Indiegame vertonen will, hat wenig ernsthafte Verwendung für das Instrument, doch das ist weit gefehlt. Die Synth-Engine des 8bit Warps entpuppt sich rasch als effektives Werkzeug und kommt dank der Waveshaping-Optionen erstaunlich flexibel daher. Besonders technoidere Stile bis hin zu kaputtem Industrial können der Plastikkiste etwas abgewinnen, nur Acid Basslines sind aufgrund des fehlenden Envelope Followers schwerer zu realisieren.
Eigentlich ist 8bit Warps aber auch eher ein additiver Synthesizer, mit FM und Waveshaping zur Erzeugung von spannenden und modernen Obertönen. Die gut klingenden und vielseitig einstellbaren Effekte sowie das Multimode Filter ergänzen die Klangerzeugung und erlauben auch klassisch subtraktive Methoden. Der Reverb klingt für ein Instrument dieser Preisklasse absolut hervorragend und deckt von realistischem Raumklang bis hin zu sphärischen Ambient-Wolken alles ab. Aber auch die anderen Effekte können mithalten und sind eine nützliche Erweiterung des Arsenals.
Fazit
Sonicware’s Liven 8bit Warps besetzt mit seinem klassischen 8bit Sound eine recht spezielle Nische. Während die charmanten Videogamesounds zwar schnell Freude bereiten können, erfordern seriösere Klänge etwas mehr Synthesearbeit. Das Gute ist, dass 8bit Warps‘ facettenreiches Feature-Paket das notwendige Potenzial mitbringt und sich die Einarbeitungszeit durchaus lohnt. Dank des vierspurigen Loopers und der vielen Preset-Patterns kann 8bit Warps ganz auf sich allein gestellt spannende Skizzen und abwechslungsreiche Klangwelten erzeugen. Besonders Drum- und Basssounds funktionieren im 8bit-Gewand hervorragend und mit den hochwertigen Effekten und dem Parameterlocks-fähigen Sequenzer arbeitet es sich ausgesprochen effizient. Irgendwo zwischen Elektron Digitakt und Korg-Volca-Serie, aber mit reichlich Charakter und spannendem Workflow lohnt sich Liven 8bit Warps für alle, die Lust auf frischen Wind für wenig Geld haben.
Pro
Geringer Preis bei vielen Features
Einzigartige Groovebox mit Audio-Looper
Charmanter 8bit Sound
Ideal für unterwegs
Kontra
Spielzeugcharakter bei Verarbeitung
Erfordert spezielles Netzteil
Preis:
270 EUR
Weitere Informationen gibt es auf der Website von Sonicware.
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