Ein Bericht einer schwedischen Zeitung legt nahe, dass Banden in Schweden die Musikstreaming-Plattform Spotify für ihre zwielichtigen Geschäfte nutzen. Der Dienst dient dabei als willkommenes Werkzeug für Geldwäsche.
Die schwedische Zeitung Svenska Dagbladet (Paywall) hat mit einem ungewöhnlichen Bericht für Aufsehen gesorgt. Demnach waschen Gangs in Schweden mit Hilfe von Spotify ihr kriminell erworbenes Geld. Dabei wandeln die Banden ihr Geld in die Kryptowährung Bitcoin um. Anschließend kaufen sie damit gefälschte Streams für Künstler:innen, die sie selber kontrollieren. Die Banden lassen sich dann die Streams von Spotify auszahlen und erhalten damit frische gewaschenes Geld.
Laut dem Bericht hat die Zeitung mit Mitglieder:innen aus vier kriminellen Netzwerken und mit der Polizei gesprochen. Auf Seite der Polizei gibt es die nationale Einsatzabteilung "Noa", die mit der Aufgabe vertraut ist, verdächtige Muster zu erkennen, die von der täglichen Polizeiarbeit nicht erkannt werden. Johan (Name geändert) war Teil dieser Einsatzgruppe und stieß bereits 2021 auf ungewöhnliche Zahlen auf der schwedischen Musikplattform. Johan kontaktierte daraufhin den Sicherheitsmanager von Spotify, bekam allerdings keine Rückmeldung. Der Fall wurde danach nicht mehr weiter verfolgt.
Erst als mehrere Zeugen gegenüber der Zeitung von Erfahrungen berichteten, meldete sich Johan wieder zu Wort. Vor allem die hohen Summen mit denen Kriminellen arbeiten, bereitet ihm Sorgen. "Der Zugriff auf solche Beträge stellt eine direkte Bedrohung für das System dar, da man grundsätzlich jeden auf allen Ebenen der Gesellschaft bestechen kann", sagt Johan. Dabei wird in den System Geld in allerlei kriminellen Bereichen beschaffen. "Banden waschen Geld aus Drogenhandel, Raubüberfällen, Betrug und Mordaufträgen über die Plattform", hieß es. "Spotify ist zu einem Bankautomat für die Banden geworden."
Mehrere (ehemalige) Bandenmitglieder bestätigen System
Dabei wurde das Spotify-System zum Geldwaschen aus verschiedenen anonymen Quellen bestätigt. "Ich kann mit 100-prozentiger Sicherheit sagen, dass das so läuft", soll ein ehemaliges Bandenmitglied der Zeitung gesagt haben. "Wir haben Leute bezahlt, die das systematisch für uns getan haben." Laut dem Zeitungsbericht gibt es drei Dinge die zur Manipulation von Spotify verwendet werden: Künstler:innen wollen mit den gekauften Streams sich selber aufwerten, Playlists werden verwendet, um den Bot-Verkehr zu bestimmten Songs zu leiten und Konten die nur dafür angelegt werden, um Songs "abzuhören". Laut einem Bandenmitglied konzentrierte sich Spotify allerdings nur darauf, letzteres zu unterbinden.
Am Ende bleibt trotzdem die Frage, wie nützlich Spotify als Geldwäscheplattform ist. Schließlich zahlt der Streaminganbieter gerade einmal 0,003 bis 0,005 Euro pro Stream. Laut einem Bandenmitglied lag die Motivation daher nicht nur auf dem Geld, sondern auch um Künstler:innen zu fördern, die mit den Banden verbunden sind. Damit wurde das System auch als Rekrutierungs- und Propagandainstrument für die eigene Organisationen verwendet.
Spotify reagiert auf Vorwürfe
Spotify selber wurde mehrfach von Svenska Dagbladet nach einer Stellungnahme gebeten. "Wir haben keine Hinweise darauf, dass über Spotify Geldwäsche stattgefunden hat", schreibt das Unternehmen. Auf die Frage, ob sie angesichts des Geldwäscheverdachts Maßnahmen ergriffen haben, antwortet Spotify nicht, schreibt aber, dass man in verschiedenen Bereichen mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeite. Mittel gegen die Verbrecher sind auf jedem Fall vorhanden. "Wir können zum Beispiel Zahlungen zurückhalten, Streaming-Statistiken nach unten anpassen und Nutzer komplett von der Plattform ausschließen", schreibt Spotify.
Nach dem E-Mail-Verkehr (Anm.: mit der Zeitung) gab Spotify über einen Sprecher noch ein Statement ab. Darin steht unter anderem: "Manipulierte Streams sind eine Herausforderung für die gesamte Branche und ein Problem, an dessen Bekämpfung Spotify intensiv arbeitet." Danach heißt es noch, dass nur ein kleiner Teil der Streams betroffen sind. "Es gibt immer noch mehr zu tun, aber unsere automatisierten Prozesse und die manuelle Überwachung sind marktführend – bei weniger als einem Prozent aller Streams auf Spotify wurde festgestellt, dass sie manipuliert wurden. Um es jemandem nicht zu erleichtern, das System zu manipulieren, geben wir keine Details zu bestimmten Methoden weiter."
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