Test: Arturia Acid V Plugin / 303-VST mit Effekten

Test: Arturia Acid V Plugin / 303-VST mit Effekten

Tests. 28. Oktober 2023 | 3,0 / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Die französische Gear-Schmiede Arturia brachte in der Vergangenheit zahlreiche Synth-Klassiker als VST-Version auf den Markt. Die Software-Emulationen reichen mittlerweile vom Korg MS-20 Filter bis zum Prophet 5. Arturias neuster Streich basiert auf Rolands legendärem Basssysnthesizer TB-303 und hört auf den Namen Acid V. Das Plugin kommt mit facettenreichen Modulations- und Sequencing-Optionen sowie spannenden Ergänzungen zu Rolands kultigem Grundkonzept. Die Details gibt es in diesem Test.

Quick Facts

  • Plugin-Version des kultigen Roland TB-303 Basssynths
  • Überarbeiteter Sequencer Workflow und Arpeggiator
  • Inklusive 3 Modulation Lanes mit LFO-Draw und Envelopes
  •  Umfassende FX-Library mit 4 Slots
  •  Als DAW Plugin oder Standalone nutzbar

Technische Daten

Wie alle Plugins von Arturia gibt es Acid V im Arturia Software Center. Das Plugin erfordert 3 GB Speicherplatz und funktioniert mit Betriebssystemen ab Windows 10 oder Mac OS 10.13. Die empfohlenen Systemanforderungen betragen 4 GB Arbeitsspeicher und Quadcore CPU mit 3,4 GHz oder Apple Silicon, auf dem Testrechner mit Intel Core i5 und 3,2 GHz lief aber auch alles einwandfrei. Acid V kann Standalone oder in den Formaten VST, AAX, Audio Unit und NKS betrieben werden, wobei letzteres nur mit 64-bit DAWs funktioniert. Über Arturias Software Center lässt sich das Plugin kostenlos updaten und auf bis zu 5 verschiedenen Geräten registrieren.   

Die Basic Controls

Das UI von Arturias Acid V VST ist optisch sehr nah am Design der originalen 303 orientiert, sodass sich alle, die etwas Erfahrung mit der Hardware-Version haben, sich schnell zurechtfinden. Die obere Reihe an virtuellen Reglern besteht aus Pitch, Cutoff, Resonance, Envelope Mod, Decay und Accent. Hinzu kommt ein Switch, um zwischen Sägezahn- und Rechteckwelle zu wählen. Die Tonhöhe des Oszillators wird in Halbtonschritten geregelt und hat eine Reichweite von +/- einer Oktave. 

Die Hüllkurvenmodulation des Tiefpassfilters ist übrigens nicht bipolar, auch wenn die Markierung der Mittelstellung des Potis einen anderen Eindruck erweckt. Decay bestimmt die Dauer des Filtersweeps, für die allgemeine Tonlänge gibt es einen globalen Gate-Parameter im Sequenzer. Akzente steuern nicht nur die Lautstärke, sondern interagieren in Form von kürzeren Decay Times ebenfalls mit der Filtermodulation. 

Über den kleinen Pfeil-Button über dem Acid-V-Aufdruck lässt sich das Plugin außerdem “aufschrauben”, um an die Trimpots unter der Haube zu gelangen. Durch Klicken klappt sich die Bedienungsoberfläche nach oben auf und gibt die virtuelle Platine preis, zusammen mit einer Reihe weiterer Parameter. Beispielsweise gibt es hier einen Bassboost, Pulsbreite für die Rechteckwelle, Fine Tuning aka Pitch Tracking, Noise Gain, Clipper und Cutoff Range. 

Letzterer erweitert die Reichweite des Lowpassfilters in beide Richtungen und mittels Clipper lässt sich das Signal um bis zu 24 dB boosten, was für quasi analoge Verzerrung sorgt. Noise Gain ist noch so ein Parameter, über den sich die vermeintlich unschönen Eigenarten von Analog-Gear nachbilden lassen und kommt besonders bei niedrigen Cutoff-Werten zur Geltung. Generell ist Arturias Liebe zum Detail beim Acid V Plugin unverkennbar, was sich nicht nur am Design sondern auch am Sound zeigt. 

Sub Osc, Vibrato und Distortion

Arturia haben nicht nur die Eigenarten des Originals liebevoll nachgebaut, sondern auch einige Bonusfeatures spendiert. So gibt es beim Acid V VST einen Suboszillator, der entweder als Rechteck-, Sägezahn- oder Sinuswelle klingt. Der Sub spielt wahlweise unisono oder liegt ein bis zwei Oktaven unter dem Hauptoszillator und lässt sich per Volume-Regler mixen. Ein Vibrato-Effekt mit eigenen Speed- und Amount-Potis ist ebenfalls mit an Bord. 

Das Vibrato muss zunächst pro Step im Sequenzer aktiviert werden und reicht von 0,100 Hz bis 50,0 Hz. Zum Beispiel können damit einzelne Steps wie mit einem Modwheel verziert oder Vintage-mäßige Leiersounds erzielt werden. Zu guter Letzt gibt es noch eine Distortion mit 14 verschiedenen Klangcharakteristika sowie Reglern für Drive und Dry/Wet. Die Presets reichen von leichter Bandsättigung bis brutalem Wavefolder und werden von einer virtuellen Gasentladungsröhre visuell inszeniert.    

Der Sequenzer

Beim Klick auf die Advanced-Schaltfläche oben rechts im UI des Acid V Plugins, eröffnet sich der Zugang zu zahlreichen Extra-Features, darunter auch der Sequencer. Hier können nach klassischer Lauflichtprogrammierung Patterns eingegeben werden, die maximal 64 Steps lang sein dürfen. Die einzelnen Schritte können von ganzen Noten bis hin zu 32teln jede erdenkliche Subdivision bedienen, inklusive triolischer und punktierter Varianten via Drop-down-Menü. 

Die 12 vertikalen Spalten der Sequencer-Matrix repräsentieren vergleichbar mit einer Pianoroll die Tonhöhe, während die Steps horizontal angeordnet sind. Alternativ kann die tonale Auflösung aber auch gemäß einer Auswahl an 22 Factory Scales verändert werden. Custom Scales sind übrigens ebenfalls realisierbar. Warum Arturia gleich 10 Chromatic Scales mit augenscheinlich selbem Tonumfang implementiert haben, wird im Transmutation-Kapitel erklärt. 

Oberhalb der Sequenzer-Tabelle befindet sich eine Reihe Oktavschalter, mit denen einzelne Steps entweder eine Oktave runter oder bis zu zwei Oktaven rauf transponiert werden. Das ist total übersichtlich und erspart mühseliges Scrollen, außerdem lässt sich so mit nur wenigen Klicks etwas Würze ins Pattern bringen. Unterhalb der Matrix gibt es drei extra Spalten, über die sich pro Step Slides, Accents und das Vibrato-Feature aktivieren lassen. Wird Slide bei benachbarten Trigs gesetzt, die dieselbe Tonhöhe haben, können Noten legato-mäßig verlängert werden – praktisch!

Insgesamt haben Arturia eine raffinierte und effiziente Oberfläche erschaffen, die im Vergleich zum fummeligen Workflow des Originals absolut intuitiv zu bedienen ist. Abgerundet wird der Sequenzer mit verschiedenen Laufrichtungen (vorwärts, rückwärts, Ping-Pong und Random), Swing, Gate-Länge und einem Duplicate Feature zum Verdoppeln der Patternlänge. 

Transmutation und Custom Scales

Mittels Transmutation können Patterns sogar zufällig generiert werden, inklusive Octave Shifts, Accents, Slides und Vibrato. Hier kommen die 10 Chromatic Scales ins Spiel, bei denen Arturia den einzelnen Tönen verschiedene Probability-Werte zugeordnet haben. Dadurch entstehen Random Patterns, die garantiert musikalisch sind und wer sich die Probabilities der Töne genauer anschaut, lernt sogar noch etwas über Acid-Musiktheorie.

Apropos Probability: Beim Erstellen von Custom Scales lässt sich nicht nur der Tonumfang bestimmen, sondern auch selbst an den Probability Slidern schrauben. Die Regler agieren jedoch nicht stufenlos, sondern gemäß der Werte very high, high, mid, low, very low und none, wobei Noten auf none gar nicht transmutiert werden. 

Mittels Density-Regler können außerdem zufällige Pausen generiert werden, wenn der Regelwert unter 100 Prozent liegt. Das Coole dabei ist, dass der Parameter auch verwendet werden kann, um bestehende Sequenzen “auszudünnen” und die Einstellung reversibel ist. Mittels Pfeiltaster links neben der Sequence-Matrix lässt sich die Sequenz außerdem rhythmisch und tonal verschieben.

Falls die kreativen Säfte also mal nicht so fließen, wie sie sollen, hat Arturias Acid V jede Menge Werkzeuge am Start, um trotzdem schnell zu brauchbaren Lösungen zu gelangen. Besonders gelungene Patterns können dann im Sequence-Browser des Plugins abgespeichert oder per Drag-and-rop auf eine MIDI-Spur der DAW gezogen werden. 

Modulation

Im Advanced-Bereich befinden sich noch vier weitere Tabs, drei davon für die Modulation Lanes und einer für die Effekte. Die Modulation Tabs sind identisch aufgebaut und funktionieren praktisch wie LFOs, mit denen sich diverse Parameter des Acid V Plugins automatisieren lassen. Die Zuweisung erfolgt via Drag-and-rop, wobei ein kleines Kreissymbol anzeigt, ob sich der Parameter automatisieren lässt. Im Prinzip sind alle Regler des Synths als Modulationsziel geeignet, abgesehen von den Wellenformschaltern, dem Octave Switch des Sub Oscillators und Distortion Type. 

Die versteckten Trimpots lassen sich leider nicht automatisieren, dafür aber die Sync Rate und Scale bzw. Depth der Modulation Lanes sowie Gate und Subdivision des Sequenzers. Auch bei den Effekten gibt es ein paar Parameter, die für die Modulation freigegeben sind. Meistens sind das Time-based-Werte wie Delay-Zeit oder Reverb Decay. 

Standardmäßig sind die LFOs mit der Project-BPM synchronisiert und bieten dieselben Subdivisions, wie der Sequencer plus Triolen und punktierten Noten. Die Untergrenze geht jedoch weit über ganze Noten hinaus und bietet 2-, 4-, 8- und sogar 16-taktige Rates. Wer gerne stufenlos moduliert, kann die Rate auch auf Hertz stellen und hat eine Reichweite von 0,01 Hz bis 50 Hz.

Die LFOs des Acid V sind wahlweise unipolar oder bipolar und können per Note, Accent, Seq Restart oder Keypress neu getriggert werden. Zusammen mit der optionalen Oneshot-Spielweise lassen sich die LFOs auch als Hüllkurven verwenden. Abgesehen von den Preset Waves Sinus, Dreieck, Sägezahn, Ramp und Pulse können die modulierenden Wellenformen nämlich frei eingezeichnet und eigene Kreationen abgespeichert werden.  

Effekte und Makros

Im letzten Tab von Acid Vs Advanced Settings gibt es jede Menge Effekte zu entdecken: Delay, Reverb, Chorus, Flanger, Phaser, Stereo Pan, Unison Detune, Compressor, EQ, Bitcrush oder noch mehr Distortion stehen zur Auswahl und können beliebig auf die vier verfügbaren FX-Slots verteilt werden. Das Routing der Effekte ist hardcoded seriell, sodass die Slots von links nach rechts ineinander greifen.

Pro Effekt gibt es umfassende Sounddesign-Optionen und die meisten FX-Types kommen sogar mit verschiedenen Varianten, also Delays von Tape bis Pitch Shifting, BL-20 Flanger, Juno Chorus, you name it. Die Effekte sind eine super Ergänzung zum Arsenal des Acid V und deutlich mehr als nur ein Gimmick. Sowohl Sound als auch Bedienbarkeit stimmen und können beispielsweise mit den Stock Plugins von Ableton Live mithalten.    

Alternativen

Fazit

Das Wichtigste vorab: Arturias Acid V Plugin klingt einfach hervorragend. Der legendäre Sound der klassischen TB-303 von Roland wurde bis ins letzte Detail eingefangen und zusammen mit dem charmanten UI lässt sich schnell vergessen, dass gerade mit Software gearbeitet wird. Hinzu kommen spannende Upgrades wie der Sub Oszillator und die vielseitige Distortion, was Acid V zur Next Level 303 macht. Abgesehen vom Sound ist der Sequenzer-Workflow die wahrscheinlich größte Stärke des Plugins, weil sich die sonst sperrige Bedienung des Originals endlich intuitiv und vor allem effektiv anfühlt. Werden dann noch die raffinierten Transmutations-Features hinzugezogen, lassen sich mit Acid V im Handumdrehen überzeugende Acid Lines generieren. Random Patterns waren noch nie so musikalisch! Abgerundet durch die Modulations Lanes und die üppige FX-Library lässt das Arsenal des Acid V keine Wünsche offen und ist ein absolutes Muss für alle 303-Fans!

Gesamtwertung:
5,0 von 5,0
Qualität:  
5,0 von 5,0
Klang:  
5,0 von 5,0
Preis-Leistung:  
4,5 von 5,0

Pro

Originalgetreuer, quasi analoger Sound
Intuitiver Sequencer Workflow
Raffiniertes Random Feature
Flexible Modulation
Umfassende FX-Library

Kontra

Nicht alle Parameter automatisierbar

Preis:

199 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Arturia.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit Acid V , arturia , Basssynthesizer , Plugin , sequencer , TB-303

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