Das Beste aus 2022: Mixes & Sets
DJ-Sets und -Mixes haben ihre ganz eigenen Gesetze: Im Vergleich zu Alben, die zwar auch zum kontinuierlichen Hören einladen, aber dabei den einzelnen Track auch gleichzeitig mehr hervorheben, leben Mixes noch mehr von ihrer zusammenhängenden Dramaturgie. Von Spannung und Höhepunkten, von einem Anfang und Ende, ganz ähnlich einem filmischen oder literarischen Werk. Es ist also kein Wunder, dass das Format nicht von der Bildfläche verschwindet. Rückblickend konnten wir einige besonders herausstechende Highlights ausmachen, Sets, die im Laufe des Jahres einfach nicht gealtert sind und die uns durch verschiedenste Stimmungen gebracht haben: Mal elektrisierend und euphorisierend, mal getragen und melancholisch, manchmal all das gleichzeitig. Hier sind unsere zehn liebsten Sets und Mixes aus 2022:
Fred again.. | Boiler Room: London
Christoph: "An manche Momente aus diesem Jahr erinnere ich mich ewig. Da wäre das Mädl, das im Club ihre Hose runterzog und auf den Dancefloor kackte. Das Sektfrühstück mit Timothééééé Schalala. Und der laue Sommerabend, an dem mich YouTube mit Fred Again beschenkte. Für eine Stunde machte er den Boiler Room wieder great again. Danke – für immer!"
Segment – released spine 17
Pia: "Segment hat es gemeistert, einen Spannungsbogen zu ziehen, der die Zuhörer:innen von atmosphärischen Sounds unaufdringlich in schnellere, tanzbare Rhythmen und Klänge transportiert. Was diesen Mix für mich so besonders macht, ist die Übersetzung dieser Vorgehensweise in ein neues Genre. Dazu muss ich sagen, dass ich nie ein Fan von Trance war – als ich dieses Set angemacht habe, war es in der Erwartung, mich von deepem Techno abholen zu lassen. Die Überraschung war dementsprechend groß und genau das Richtige, um mich diesem Genre zu öffnen. Chapeau an den Künstler für das Erkunden neuer Sounds – ich freue mich auf weitere Überraschungen in der Zukunft."
The Glitz at 3000 Grad Festival
Ina: "Frech, kräftig, motivierend, abwechslungsreich und einfach voll guter Laune: The Glitz sind ein Klassiker auf dem 3000Grad Festival. Der diesjährige Mix lässt an kalten Wintertagen den ausgelassenen Festival-Sommer 2022 daheim wieder aufleben und bringt neues Leben in jede Home-Party."
Township Rebellion – Fusion 2022
Mathias: "Ich schätze den Mixing-Stil von Township Rebellion sehr. Selten finden so große Artists mit so einem großen Koffer an geilen Eigenproduktionen eine so gute Mischung aus eigenen Songs und fremden Produktionen. Denn ganz ehrlich: die eigenen Lieder sind nicht in jedem Moment die passendsten. Wenn man dann noch vor tausenden Feierwütigen auflegt, sollten sich die Banger nur so aneinanderreihen. Genau das passiert hier auch 2:30 h. Für jeden Techno-DJ auf der Suche nach neuen Perlen sind die Sets sowieso ein Traum. Hier mal eine VIP, da mal ein neuer Remix, hier ein unbekannter Track, der jedes Warehouse abreisen würde. Eine einzige Fundgrube."
¥ØU$UK€ ¥UK1MAT$U w/ Friends – Midnight is Comin'
Kristoffer: "Der DJ-Mix hat sich im Laufe der Zeit gewandelt, wird heutzutage mit vielen Exclusives gespickt, um ihn noch besonderer beziehungsweise, na ja, verwertbarer zu machen. 'Midnight is Comin'' besteht nur aus Exclusives, was indes weniger mit Profitabsichten als mit konzeptionellem Eifer zu erklären ist: ¥ØU$UK€ ¥UK1MAT$U präsentiert hier stolz die Musik seiner Friends sowie sein Können als versierter DJ, der disparates Material konzise zusammendenken kann."
Fred again.. | Boiler Room: London
Marius: "Fred again, again? Ja, wir packen dieses Set gleich zwei Mal in unsere Bestenliste, denn Christoph und ich haben ihn unabhängig voneinander beide gepickt und das muss was heißen. Ich weiß nicht mehr, was ich dachte, als ich dem YouTube-Algorithmus folgte und klickte, aber nach diesem Set von Fred Again war ich im Grunde eine andere Person. Wie sehr kann ein Mensch eine Crowd zum Strahlen bringen? Wie gut kann man seine Maschine+ beherrschen? Wie unprätentiös und nahbar darf man im Elektronische-Musik-Zirkus überhaupt sein? Fred Again beantwortet all das mit einem leicht geshitfpitchten "JA" und haucht der krustigen Institution Boiler Room damit ein kleines Bisschen neues Leben ein."
KBN Sessions 05 – Sx3LZ
Nasti: "Bei diesem Mix sind mindestens 100 Plays von mir. Wenn das reicht. Das Set gibt Energie für den Rückweg nach einer 12-Stunden-Afterhour oder den Hinweg zum vierten Club nach drei Nächten; dieser Mix ist der Soundtrack zum eigenen Biopic, das man in der Tram skriptet, wenn gerade alles zu geil oder zu scheisse läuft. Es. ist. genial. Whoever Sx3LZ is, this is for you: Danke für etliche gute Sessions, Stunden, Zugfahrten und Filme."
Mira Calix: Mixed by Kelly Moran
Simon: "Einer der wenigen Mixe, den ich dieses Jahr gehört habe, und der mich dann auch gepackt hat, ist leider mit dem traurigen Tod von Mira Calix verbunden. Die experimentelle Musikerin verstarb dieses Jahr plötzlich im Alter von 51 Jahren. Kelly Moran hat für das Crackmagazin einen Mix aus Calix' Musik zusammengestellt, mit dem wir uns von einer wunderbaren Komponistin verabschieden können."
Patrick Mason – Stone Techno 2022 [ARTE Concert]
Tim: "Wie sehr kann man sich feiern? Beziehungsweise wie sehr sollte man? Idealerweise Minimum so wie Mr. Mason Mitte Juli in einer stillgelegten Essener Kokerei. Beneidenswert energetisch steckte der zappelige DJ sein Publikum mit der Lust an, das Ichsein zu zelebrieren. Geschenkt, dass dabei der ein oder andere völlig ausgenudelte Track durch die CDJs schepperte. Das total eklektische Auskenner-Set hat dieses Jahr bestimmt auch irgendwer wieder voll toll gemacht. Beim Sich-selbst-feiern geht es aber nicht um das Präsentieren von Wissen, sondern um Fun und dem wurde hier ohne Zweifel die Bühne bereitet. Wir brauchen wieder mehr Ekstase auf den Floors. Das haben wir uns doch verdient."
RA.841 – Kelly Lee Owens
Nikta: "Kelly Lee Owens Mix ist so unvorhersehbar wie ihr ebenfalls 2022 erschienenes Album 'LP.8'. Das Set beginnt mit – ja, man darf jetzt auch kurz skeptisch die Augen verdrehen – Hildegard von Bingen, ruckelt dann aber weiter zu Nosaj Thing oder Oneohtrix Point Never & Rosalía und wurstelt schmerzfrei Merzbow dazwischen. Die Waliser Produzentin packt alles in diese eine Stunde, Mittelalter, Noise, Dub, Techno. Nichts zum Nebenbeihören, aber zum Zuhören – und das immer und immer wieder."
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