Das Beste aus 2023: Alben
Alben sind eine konzipierte Zusammenstellung, in der jedes Element bewusst platziert wird und in Wechselwirkung mit den anderen tritt. Der Fokus liegt im Gegensatz zu einem Mix vermehrt auf den einzelnen Stücken: Zwar kann auch das Album von Anfang bis Ende durchgehört werden, es funktioniert aber auch unabhängig von der so wichtigen Dramaturgie eines Sets. Auch wenn Tiktok, Spotify und Co. den Trend Richtung kurze Tracks und höhere Releasefrequenz schieben und dadurch das Album an sich weniger wichtig werden zu scheint, ist es doch aus elektronischer Musik nicht wegzudenken, wie unsere zehn liebsten LPs in 2023 klar zeigen.
Quantic – Dancing While Falling [PLAY IT AGAIN SAM]
Wencke: "Zwischen Raptexten über Bündel und Scheine im Winter und dreamy House Tunes im Sommer, ist dann im November dieses Jahres noch ein Album erschienen, das es tatsächlich in mein Spotify Wrapped geschafft hat. Dancing While Falling heißt die Platte des New Yorker Künstlers Quantic, die von cheesy Gute-Laune-Disco-Grooves nur so tobt."
Tammo Hesselink – Beam [Nous'klaer Audio]
Pia: "Gegen den Strich – so würde ich das neuste Album von Tammo Hesselink beschreiben. Mit einer schneidenden Präzision ist jeder einzelne Track konzipiert, kein Element ist zu viel, alles sitzt am richtigen Platz. 'Beam' ist der Beweis, dass weniger eben doch mehr ist und es nur darauf ankommt, das Wenige in etwas Neues zu verwandeln."
Kerala Dust – Violet Drive [PIAS]
Mathias: "Es gibt nicht allzu viele Songs, die mich zugleich beruhigen und aufpeppen. Diesen schweren Spagat schafft Kerala Dust mit Violet Drive. Sänger Edmund Kenny erzeugt mit seiner tiefen Stimme sowohl das Gefühl der Geborgenheit als auch von Aufbruch. Auch live sehr zu empfehlen!"
remeny – Polar Soft [Verydeeprecords]
Kristoffer: "Verydeeprecords bringt viele schöne Platten und Tapes raus, die eher peripher zum Dancefloor stehen und 'Polar Soft' gehört zur Kategorie derer, die nach dem samstäglichen Clubbesuch den dienstäglichen Kater streicheln. Mal mehr, mal weniger Pop und meistens melancholisch – Synth-Balladen, Emo-Ambient und so weiter. Das eine Album, das ich immer dann gehört habe, wenn ich nicht mehr weiter wusste."
nthng – There Is A Place For Me [Transatlantic]
Marius: "nthng erfindet auf 'There Is A Place For Me' das Rad nicht neu, im Gegenteil: Nostagische Melancholie, hauchige Arrangements und breakige Drumpattern kannte man schon aus den vorherigen Releases und sind ja auch seit einigen Jahren die Signatures des Holländers. Insofern hatte ich beim ersten Reinhören keine übermäßig hohen Erwartungen und wurde dennoch überrascht, weil das Album dann genau das war, was ich zwischen Herzschmerz und nächtlichen Autobahnfahrten brauchte."
Zweatlana – My Celium
Nasti: "Sind sechs Tracks schon ein Album? Ich würde sagen: Ja. 'My Celium' ist nach dieser Definition das Debütalbum von Zweatlana. Zweatlana ist all in one: Stimme, Synthies, Komposition, alles von ihr. 'Creature' ist mein very favorite und solltet ihr euch anhören. Jeder Track ein moosgrüner, sumpfiger Nachtspaziergang Richtung 10.000 Schritte (wegen mental health)."
Vikingur Ólafsson – Goldberg Variationen [Deutsche Grammophon]
Simon: "Ich habe lange gehadert, ob ein solch schrulliger Pick überhaupt klar geht, aber Album des Jahres ist nunmal Album des Jahres. Vikingur Ólafsson hat sich dieses Jahr seinen Traum einer eigenen Goldberg-Aufnahme erfüllt und spielt Bachs 30 Variationen über dessen liebste Bassline atemberaubend und in teils irrsinnigem Tempo ein. Eine Aufnahme, die sich auf keinen Fall vor Glenn Goulds 1955er Version verstecken muss."
André 3000 – New Blue Sun [Epic]
Tim: "Anfang KW46 wusste ich nicht, dass ich 'New Blue Sun' weder bekommen noch brauchen würde. Mit masturbatorischem Genuss verfolgte ich dann die ersten Reviews zu André Three Stacks »Flötenalbum«. Je ernüchternder die Ergebnisse, desto höher stieg 'New Blue Sun' in meiner Gunst. Je häufiger ich Reaktionen las wie »Hä, das ist ja gar kein OutKast-Album?«, desto balsamierender war das für mich. Nach 17 Jahren. Droppt eins meiner Rap-Idole. Ein fucking Ambient-Album. Ich sollte, musste und wollte dieses Album lieben. Ja, das esoterische Getröte hat der Mann in erster Linie für sich selbst geschrieben, um sich von sich selbst zu befreien. Und halt für mich. Dass das Ganze dann sogar fast über die Lieblings-Weirdos bei Leaving Records rund um Matthewdavid und Carlos Niño gelaufen wäre, diese es als Indie-Label aber wohl nicht stemmen konnten, ist unnötig extra. Und Track 8 ein Banger."
DJ Balduin – Concrete Mimosa [KANN]
Nikta: "Concrete Mimosa' pendelt irgendwo zwischen aufregend high und wohlig low, zwischen alt und neu, zwischen Leipzig und der großen, weiten Welt. Und der Wahl-Leipziger DJ Balduin liefert den Soundtrack eines Jahres, das inmitten einer Verkettung von bad news und dem endlich wieder erlangten Gefühl von Freiheit nicht mehr hätte zwischen Extremen schwanken können – und bringt einen immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück."
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