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Die SERATO Strategie

Die SERATO Strategie

Archiv. 23. Oktober 2015 | / 5,0

Geschrieben von:
Olaf Hornuf

Vor einigen Tagen hat SERATO die Kooperation mit dem Streamingdienst PULSELOCKER angekündig. 44 Millionen Songs, direkt in die Software gestreamt. Fakten, Fragen und Gedanken dazu.

 

Warum komme ich erst jetzt mit dem Thema? Es ist Freitag und das ist traditionell mein nachdenklicher Tag. Zudem war ich paar Tage am Meer. Ganz oben, wo die Internetverbindung ganz unten ist. Weit weg von einem Musikspektakel namens AMSTERDAM DANCE EVENT, bei dem SERATO Neuigkeiten für Version 1.9 verkündete, obwohl gegenwärtig noch die Version 1.8 aussteht. Der Blick geht also nach vorn.

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Fakten -> Mit Serato DJ 1.9 wird der Streamingdienst PULSELOCKER in die DJ-Software integriert. Somit ist der Zugriff auf 44 Millionen Songs möglich. Zugriff auf Musik und Playlisten erhält man direkt in Serato DJ, ebenso ist über Serato DJ eine Suche in der Library von PULSELOCKER möglich. Neben dem eigentlichen Steaming soll auch die unbegrenzte Offline-Speicherung von Tracks erlaubt sein, eine dauerhafte Internetanbindung ist nicht notwendig. Bei gestreamten und gespeicherten Songs lassen sich Features wie Effekte, Loops, Flips oder Cuepunkte anwenden, erforderliche Metadaten werden lokal gespeichert. Eine zweiwöchige Trial-Periode soll den Einstieg erleichtern. Die generelle Qualität des Audiomaterial ist mit 320kbs angegeben.

Fragen -> Los geht es damit, dass PULSELOCKER noch gar nicht am Start ist. Was für Musik bieten die an? Was kostet es? Werden die angekündigten "Public Performance Rights" irgendwelche Auswirkungen in Deutschland haben? Was passiert mit gespeicherten Songs, wenn man das Abo kündigt? Wird es nun eine weitere Flut von Kinderzimmer-DJs geben und Künstler, die verhungern, weil niemand mehr für Musik zahlen will? Wohin entwickelt sich das "DJ-Ding" und wo will eigentlich SERATO hin?

Gedanken -> PULSELOCKER bezeichnet sich selbst als "The First Music Streaming Service For DJs".  Das wäre eine Art riesiger DJ-Pool. Erste Gerüchte vermelden einen monatlichen Abopreis in Höhe von 20 Dollar. Das ist mehr als bei anderen Anbietern, beinhaltet aber auch die Möglichkeit von Downloads und angebliche Rechte zur öffentlichen Aufführung. Anzunehmen, dass letztere die GEMA nicht tangieren werden. Die wird lediglich erklären, dass dreißig Sekunden Stream-Puffer mit einer Kopie gleichzusetzen sind. Wenn später alle streamen, folgt der Tarif VR-Ö/S.

Superlative sind derzeit das Minimum. 44 Millionen Songs von 500000 Labels sind eine Ansage, mobile DJs werden sich freuen ... sofern das Angebot stimmt. Um das zu testen, gibt es eine zweiwöchige Testperiode. Eine solche Anzahl von Songs hat aber auch eine Kehrseite. Ein Freund von mir ist Tutor für angehende DJs. Glaubt man ihm, liegt die Herausforderung für die Neulinge nicht unbedingt im technischen Bereich, sondern in der Auswahl der Musik. Wer nicht als menschliche Jukebox enden will, der braucht aber unbedingt eine eigene Handschrift im Set und die erreicht man nicht durch das Aneinanderpappen der Top 100. Viel Spaß also beim Stöbern zwischen 44 Millionen Songs.

Eigentlich haben wir hier die diametrale Position zum Plattenladen. Dort 20 Euro in der Tasche, ein kuratiertes Angebot, fachliche Beratung und am Ende ein-zwei Platten im Korb, hier unendliche Auswahl, aber nur paar Tags als Schilder am Wegesrand, auf deren Zuverlässigkeit ich auch nicht wetten würde. Aber erstmal abwarten, vielleicht ist PULSELOCKER das DJ-Verbraucherparadies.

Vorm Konsumenten kommt der Hersteller. Vorm DJ also der Produzent. Seit den Zeiten der Raubkopie fällt der Wert von Musik, wie niedrig die Latte liegt, sieht man daran, dass Leuten eine 20 Euro Flatrate zuviel ist. Fickt Euch ins Knie, geht erstmal an diese Klientel. Gefolgt von der Einsicht, das Streaming Zeitgeist ist und Fortschritt nicht immer eine positive Entwicklung. Zumindest aus Sicht der Produzenten. Der gut konditionierte Verbraucher hortet für 240 Dollar im Jahr beliebig viel Musik auf der Festplatte. Was übrigens deutlich über den durchschnittlichen 56 Euro liegt, die der Deutsche pro Jahr in Musik investiert. Manfred Mustermann verdient allerdings auch kein Geld mit dem Auflegen.

Könnte man nicht einen Monat den Dienst buchen, hunderttausend Tracks downloaden und wieder kündigen? Kann man, aber anzunehmen, dass mit der Kündigung auch die Songs nicht mehr abspielbar sind. Das Aufnehmen eines Sets mit Titeln aus dem PULSELOCKER-Fundus ist scheinbar ebenfalls ausgeschlossen.

Serato Pyro App

Kommen wir zu SERATO. Die haben unlängst eine App namens PYRO vorgestellt. Das kleine Programm mischt Musik nach verschiedenen Kriterien. Ganz so wie ein DJ. Und was brauchts dazu? Genau: Musik. Im Idealfall in unendlicher Vielfalt. Vorstellbar, dass die Neuseeländer zu der App thematische Playlisten inklusive PULSELOCKER-Zugang anbieten. SERATO DJ profitiert von dieser Entwicklung oder andersrum ... siehe auch die Features rund ums harmonische Mixen, die in Version 1.8 kommen werden.

Fazit -> Die Kooperation zwischen SERATO und PULSELOCKER ändert erstmal wenig. Einige werden fündig, andere werden erkennen, dass Quantität und Qualität nicht im Zusammenhang stehen. Neu ist die Idee ohnehin nicht, allerdings liegt sie schwer im Trend. Streaming schafft es sogar in die Tagesthemen - Rubrik: Neues aus Neuland.  Jede Entwicklung befördert eine gegenläufige, hier das Vintagemedium Vinyl. Und zwischen beiden Polen ist genügend Platz sich zu entfalten. Dabei setze ich persönlich lieber auf einige hundert individuell zusammengesuchte Songs. Nicht auszuschließen allerdings, dass ich mir PULSELOCKER doch mal näher ansehe. Und mal nebenbei: Wann kommt eigentlich ein STEMS-Support?

Veröffentlicht in Archiv und getaggt mit pulselocker , Serato DJ , streaming

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