Hinter den Kulissen: Soela – vielschichtiger Deep House
Mit ‘Genuine Silk’ veröffentlichte Soela im April ihr Debütalbum auf Dial – eine vielschichtige und wohlklingende Mischung aus Ambient und Deep House. Nach einer Reihe von Releases auf Labels wie Detroit Underground, Fauxpas Music, Shall Not Fade und Kompakt ist dies ein weiterer Erfolg für die junge, in Berlin lebende Russin und zeigt, dass sich Elina Shorokhova aka Soela in den letzten Jahren erfolgreich als Produzentin etabliert hat. Das Geheimnis ihrer hochwertigen Produktionen? Vielleicht ihre Haltung zum Musikmachen, die sie selbst als „aufrichtig“ beschreibt und die darin besteht, ohne Rücksicht auf Trends ihrem eigenen persönlichen Stil zu folgen. Wir sprachen mit Soela über ihren Weg zur Produzentin und darüber, wie ihre tiefgründige Musik entsteht.
DJ LAB: Erzähl doch mal von deinem musikalischen Werdegang: Wie bist du zur Musik und zum Produzieren gekommen? Du spielst auch Klavier, richtig?
Soela: Genau, ich habe mit dem Klavierspielen angefangen, als ich vier oder fünf Jahre alt war. Mit sechs ging ich dann auf eine Musikschule und nahm später auch Gesangsstunden. Singen ist nach wie vor meine Leidenschaft. Mit neunzehn fing ich dann mit dem Auflegen an. Die meiste Zeit spielte ich nicht in Clubs, sondern in Restaurants und Cafés. Das war zwar toll, um Erfahrungen zu sammeln, aber mir gefiel die Arbeit in dem Umfeld nicht besonders. Es fühlte sich ziemlich komisch an: Du spielst für Menschen, die dir und deiner Musik gar keine Beachtung schenken – da fühlt man sich, als wäre man nur zur Dekoration da. Dann bekam ich meine erste Residency in einem russischen Provinzclub namens Crystal – so ein vornehmer Name für diesen Ort. Dort kamen die Leute einfach so auf mich zu und fragten, ob ich nicht „was Besseres“ spielen könne, oder vielleicht ein paar cheesy Remixes von russischen Pop-Tracks. Einmal schlug mir ein Typ vor, ich solle mich ausziehen, damit ich mehr Aufmerksamkeit bekomme. Dann lernte ich meinen Freund Victor kennen, der mich ermutigte, mit dem Produzieren anzufangen. Ich versuchte mir alles einzuprägen, was er mir bei Ableton zeigte – Compression, EQing, Filter und so weiter. Als ich mit dem Produzieren begann, behaupteten die Leute schamlos, dass Victor eigentlich meine Musik produziert – was natürlich nicht stimmte. Er war zwar mein Lehrer, aber meine Hausaufgaben habe ich selbst gemacht.
Wie sieht dein Workflow aus? Wie fängst du mit einem neuen Track an? Und wie geht es dann weiter?
Die Frage ist für mich gar nicht so leicht zu beantworten, weil mein Workflow sehr vielseitig ist. Aber normalerweise sieht er etwa so aus: Ich fange an, mit einer VST herumzuspielen, bis ich einen Sound finde, der mir gefällt und mich inspiriert. Dann entwickle ich ein paar Melodien oder Pads, füge Drums hinzu, eine Bassline und ein paar andere Elemente. Die Tracks dann fertig zu machen ist mein Schwachpunkt. Es fällt mir schwer, aufzuhören; ich könnte unendlich viele Elemente und Melodien hinzufügen und wieder löschen. Leichter wird es, wenn ich bereits ein Arrangement entwickelt habe, dann habe ich einen Überblick über den gesamten Track und kann dann besser Akzente setzen und melodische Feinheiten ergänzen.
Welches Equipment und welche DAW (Digital Audio Workstation) nutzt du? Und arbeitest du lieber digital oder analog?
Ich produziere mit Ableton Live 8, ich bin so eine altmodische Person. Ich fühle mich einfach wohl mit dieser Version der DAW, da ich sie so gut kenne. Daher gibt es keinen Grund für mich, zu einer anderen zu wechseln oder auf Ableton 10 upzudaten. Ich arbeite mit einer Reihe von Synths, die sowohl analog als auch virtuell sind. Zum Beispiel mit meinem analogen ARP Odyssey, der einfach großartig ist. Er macht so fette Basslines und Lead Instrumente. Außerdem liebe ich Analog Lab, Massive, Korg Mono/Poly und den Operator.
Hast du eine Lieblingshardware oder einen Lieblingseffekt?
Ja, wie schon erwähnt liebe ich den ARP Odyssey von Korg. Bevor ich ihn gekauft hab, wurde mir gesagt, die Benutzeroberfläche sei ziemlich kompliziert und man müsse erst das Handbuch lesen, um zu verstehen, wie alles funktioniert. Mir fiel es allerdings recht leicht, zu den gewünschten Sounds zu kommen. Ich habe einfach ein paar Videos angeschaut und dann gelernt, wie der Synth funktioniert. Aber wahrscheinlich würde ich noch mehr neue Sounds rausbekommen, wenn ich das Handbuch doch mal lesen würde. Was die Effekte angeht: Ich liebe den Toraverb. Das ist ein Reverb, der wirklich gut und dramatisch klingt.
Wie gehst du vor, wenn du dein Setup erweitern möchtest? Und wie implementierst du neue Hardware in dein bestehendes Setup?
Ich kaufe eher selten neues Gear. Wenn mir ein Synth gefällt, schaue ich mir normalerweise viele Videos damit an, höre Tracks, die damit produziert wurden, und unterhalte mich mit Leuten, die den Synth schon haben. Klingt fast als wäre ich eine Langweilerin – vielleicht bin ich das auch. Aber bevor ich etwas kaufe, möchte ich einfach sicherstellen, dass ich es auch wirklich gebrauchen kann.
Mit welchen Effekten arbeitest du? Wie prozessierst du deine Sounds?
Normalerweise nutze ich den FabFilter EQ, einen Kompressor, etwas Reverb und Delay. Tape-Delay ist einer meiner Favoriten. Darüber hinaus arbeite ich selten mit anderen Effekten, da ich versuche, mit einem kleinen Setup auszukommen und trotzdem genau die Sounds zu kreieren, die ich in einem Track hören möchte. So einfach ist es.
Gibt es kleine Tricks und Kuriositäten, die du anderen ProduzentInnen weiterempfehlen würdest?
Mein bester Tipp ist, dass alle ProduzentInnen ihre Tracks auf so vielen Soundsystemen wie möglich abhören sollten. Also ich spiele meine auf meinem MacBook, auf JBL Lautsprechern, auf meinem iPhone und natürlich auf Monitorboxen. Je mehr verschiedene Monitoring-Systeme, desto besser. Auf diese Weise kann man gut hören, wie der Track eigentlich klingt und welche Schwachstellen das Mixing noch hat. Außerdem arbeite ich gerne mit paralleler Kompression. Das hilft, um einzelnen Elementen mehr Präsenz zu verleihen und den Mix vollständiger klingen zu lassen.
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Mehr InformationenWas brauchen deine Tracks, damit du das Gefühl hast, dass sie fertig sind?
Meine Tracks hören sich für mich niemals fertig an. Ich finde eigentlich immer noch etwas, das ich gerne ändern würde, vor allem wenn der Track schon ein paar Jahre alt ist. Aber es ist so: Ich kann natürlich nicht mehr machen, als im Bereich meiner Fähigkeiten liegt. Klar ist es möglich, einen Track zu machen und endlos Remixe und Reworks davon zu produzieren – und sie dann nie zu veröffentlichen. Aber ist das sinnvoll? Imperfektionen haben auch ihren Wert. Ich finde es wichtig, zu verstehen und zu akzeptieren, dass eine Musikkarriere ein Prozess ist und kein statischer Punkt. Wenn man dazu lernt und die eigenen Skills ausweitet, klingen alte Tracks eben eher einfach und unvollständig. Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass man sich weiterentwickelt.
Wenn deine Tracks fertig sind und die Veröffentlichung bevorsteht – mixt du deine Musik selbst? Wie sieht es mit dem Mastering aus?
Das Mixing mache immer ich, weil das für mich ein extrem wichtiger Teil des künstlerischen Ausdrucks ist, insbesondere bei elektronischer Musik. Beim Mastering verlasse ich mich auf Profis, das beherrsche ich selbst nicht.
Woran arbeitest du gerade als DJ und Produzentin? Worauf freust du dich besonders?
Besonders freue ich mich darauf, endlich mal wieder ein paar Gigs zu spielen. Ich vermisse es, DJ-Sets zu spielen, in Clubs zu sein, die Atmosphäre und die Menschen … Mir fehlt das alles wirklich sehr. Darüber hinaus arbeite ich an neuer Musik, aber der Prozess geht momentan sehr langsam voran. Außerdem möchte ich gerade gar nicht so viel veröffentlichen, da erst vor kurzem meine LP 'Genuine Silk' (hier geht es zur Review) auf Dial erschienen ist – eine große und für mich sehr wichtige Arbeit. Vor einigen Jahren hätte ich mir gar nicht vorstellen können, dass das passiert, und ich bin dankbar, dass ich so eine großartige Möglichkeit hatte, Teil dieses Labels zu werden. Außerdem stehen noch Veröffentlichungen dieses Jahr an. Ein Track mit dem Titel ‘Everything You Need’ erscheint auf der Shall Not Fade 5-Jahres-Compilation, ein Label, das eine große Rolle in meiner Musikkarriere gespielt hat. Kieran (der Label-Besitzer) war einer der Ersten, die an mich und meine Musik geglaubt haben. 2018 hat er meine zweite Vinyl-EP veröffentlicht.
Was begeistert dich am Musikproduzieren?
Alles, außer der Social-Media-Mist, den jetzt alle KünstlerInnen machen müssen.
Wie nimmst du deine Rolle als weibliche Produzentin in einer Musikszene wahr, die noch recht männlich dominiert ist?
Das mag vielleicht komisch klingen, aber ich identifiziere mich nicht als weibliche Produzentin. Ich sage lieber, dass ich einfach Produzent bin. Ich habe nicht das Gefühl, dass mein Geschlecht meine Musik beeinflusst und ich versuche keinen Fokus auf mein Geschlecht, meine sexuelle Orientierung oder ähnliches zu legen – einfach weil ich finde, dass ich das nicht brauche. Das ist nur meine Meinung. Ich habe natürlich nichts gegen Menschen, die sich für Inklusivität einsetzen.
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