Essentials: Die prägendsten Techno-Edits

Essentials: Die prägendsten Techno-Edits

Features. 17. August 2024 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Christoph Benkeser

Techno-Edits sind eine schöne Sache: Man krallt sich einen Hit und spannt Hühahott-Galopp davor. Schon haben es alle lustig. Und das ist ja selten verkehrt. Zumindest wenn man sonst nicht so viel zu lachen hat oder eher weinen sollte wegen der Welt und allem, jedenfalls: Wir hören gerne Edits. Und googeln gerade im Sommer oft danach.

Die Alles-immer-Schlechtfinder verklären das zum Phänomen, manchmal auch zum Trash und jeweils mit großen Thesen. Spaß haben muss nämlich immer einen Haken haben. Und überhaupt, im Berghain würd’s das sicher nicht geben. Dabei wär alles ganz einfach. Vor allem die Emotion. Aber die muss man halt wollen.

Stattdessen glaubt man an den fortschreitenden oder abgeschlossenen oder unverzüglich einsetzenden Untergang des Dancefloors. Dazu schwenkt man etwas Weihrauch und: immer wieder Pop und Hype und irgendwann Corona. Weil damals, da sei ja alles losgegangen. Mit den Kindern, die nie feiern waren und plötzlich feiern wollten – nach ihren Regeln, zu ihrem Sound. So schnell wurde aus ein paar Edits eine Krise.

Das muss nicht sein, sagen zum Beispiel die Leute von RAW und veröffentlichen immer wieder verlässliche Sommermunition. Gerade ist die fünfte Compilation erschienen, fast schon Tradition, sagt Daddy Trance und packt die nächste Bravo-Hits-Kassette aus. Dabei gibt es Edits, also: Pophits als Technohits, schon viel länger, also: eigentlich seit immer. Heute ist die Grenze zwischen Edit und Remix nur ein bisschen so wie das Zeug, das man auf der Clubtoilette bekommt: gestreeeeckt.

Die einen sagen nämlich Edit und meinen Remix und die anderen machen einen Remix und nennen das dann Edit. Ist ja auch gar nicht schlimm. Es weiß ohnehin niemand so genau, was da jetzt der Unterschied sein soll. Neue Interpretation, kreative Leistung, Anpassung ans Original – wer wirklich eine Antwort will, sucht im Darkroom nach Romantik. Oder hier nach Closing-Track-Material.

Eric B & Rakim – Paid In Full (Mark Broom Edit) 

Goldketten und GHB wären mal eine Kombo für die Klubnacht – in einem Paralleluniversum, wo beides nicht so scheiße kommt. Hip-Hop und Techno haben zum Glück ein paar vertraulichere Dinge gemeinsam, zum Beispiel den DJ. Bei den Baggy-Jeans-Brüdern steht er scratchend rum, bei den Drogenkindern muss er halbnackt so tun, als würde er was tun. Dazwischen gibt es Mark Broom. Der macht seit circa 300 Jahren guten Techno.

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Und reicht beiden die Hände, den Skibrillen und den Skifahrenden. Denn so und nicht anders will er ihnen zeigen, wie das damals war: zu Zeiten, in denen Milch und Honig durchs heilige Schlaraffenland flossen und man noch was erlebt haben musste, um so dicke Hosen zu tragen.

Underworld – Born Slippy (Felix Kröcher Edit)

Von Trainspotting haben alle schon mal gehört, guter Film, den zweiten hätte man sich sparen können, trotzdem: Jedes Mal, wenn wieder mal montagmorgens im Lidl dieser Underworldtrack läuft, denk ich mir: Eigentlich schon geil, wie weit man es im Techno gebracht hat. Bis an die zweite Kasse nämlich. Dort steht man eingeklemmt zwischen Kräuterbitter-Omas und Airpod-Hemden und träumt von besseren Zeiten.

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Die kommen zwar nie, aber immerhin: Während da vorne ein Penner seine Kupfervorräte auf den Kassentresen kippt, hat man genügend Zeit, um sein Handy rauszuziehen und folgende Fragen reinzutippen: Was ist Schranz? Wo fängt Hard Techno an? Und wieso sind Bohrmaschinen von Bosch eigentlich so zuverlässig? 

Trotters Independent Traders – Del’s Diner (Suzanne Vega)

Also gut, ist kein Techno, aber vielleicht der beste Edit überhaupt, weil: Klimper-House und Suzanne Vega, das geht sich sogar in hühnersuppeschlürfender Embryonalstellung nach drei Tagen Heiterkeit aus. Von Suzanne kennen wir alle mindestens einen Song aus der Nachmittagsrotation bei Bayernzwei. Wahrscheinlich sogar drei. Und einer davon ist der, der – hallo Günther Jauch – übrigens in der leicht geisterbahnigen Acapella-Version die MP3-Datei erfunden hat.

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Das muss man natürlich nicht wissen, man kann es ja im Internet auf Masterarbeitslänge nachlesen. Oder eben wie hier in der Umdichtung von und mit zweihundert rolligen Katzen feiern. Weil, ich mein: Pianos und Kiddys und Suzanne Vega. Fehlt nicht mehr viel und ich nenn es Techno.

Gecko – Just Close Your Eyes (The Doors)

Manchmal wach ich mitten in der Nacht auf und schau Jim Morrison dabei zu, wie er seine Kerze anzündet. Dann scroll ich durch die Kommentare und denk mir, oje oje, bin ich wirklich schon so ein Hans-Jürgen, der da in Großbuchstaben rumtrötet, dass nur DAS ECHTE MUSIK war? Nein, sagt das Gewissen und führt mich zur Erleuchtung, also: Gecko. Der war in den 90ern eine halbwegs große Sache in Provinzclubs.

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Ein paar erinnern sich, der Rest sagt: Ah, den Song kenn ich von Rødhåd. Oder Mama Snake. Sie spielen den ja alle. Und dann wacht man also auf und sucht den Song und ertappt sich beim Gedanken, so ein Hans-Jürgen zu sein, der gleich in All-Caps in die Kommis grätscht.

Sons of Ilsa – Pulsingers Nacht (Raver Baby)

Tja, die 90er in Wien, für den Techno zuerst eine gute, dann eine beschissene Zeit und irgendwann nur noch Verarsche. Sons of Ilsa sind schuldig in allen Anklagepunkten. Und hauen sich wahrscheinlich heute noch ab, weil: Der Track war so was wie die rausgestreckte Zunge von einem Dreijährigen – ehrlich kindisch, aber auch kindisch ehrlich.

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Während die langweiligen DJs nämlich rumflogen und noch langweiligere Leute immer mehr Pillen fraßen, legten sich Sons of Ilsa mit allen und dem Oberlooser Beck an. Sabotierten seinen Slackerscheiß. Richteten Scooter schöne Grüße aus. Und waren dann weg, weil sie das hatten, was der sogenannten Szene von heute fehlt: Konsequenz.

Nelly Furtado – Maneater (Aurel X Flaws) 

Einer geht noch, diesmal richtig. Und so einfach: Schließlich könnte sogar Dieter Bohlen über einen Nelly-Furtado-Song furzen, ohne dass das Resultat kategorisch scheiße wäre. Dafür sind ihre Songs zu gut, deswegen summt man die wochenlang mit. Ist also keine Überraschung, dass es ungefähr zwei Millionen Edits von diesem Hit gibt.

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Während die meisten vor zwei, drei Jahren wie blöd Bananenbrot gebacken haben, zogen alle Trance-DJs denselben Song. Dazu dann: bissel Kettenhemdgeballer. Und schon schickt das, wie das schicken muss. Wenn man Nelly Furtado mag oder Dieter Bohlen.

Veröffentlicht in Features und getaggt mit Aurel X Flaws , Berghain , Compilation , Corona , Dancefloor , Eric B & Rakim , Essentials , Gecko , Hype , Nelly Furtado , Pop , RAW , remix , Sons of Ilsa , Techno-Edits , Trotters Independent Traders , Underworld

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