Heißer Dampf in der Gerüchteküche. Google will angeblich Soundcloud kaufen. Fragt sich, ob das gut oder schlecht ist. Zahlen und Gedanken dazu.
Für die bei DJs beliebte Plattform Soundcloud wurden in der Vergangenheit schon mehrere potentielle Käufer vermutet. Mal war es Twitter, dann wieder Spotify. Am Ende hat keiner zugeschlagen und nun munkelt man von einem Interesse Googles. Die sind ja mit Youtube, welches sie vor 10 Jahren für 1,65 Milliarden Dollar gekauft hatten, dabei klassisches TV abzulösen. Die Strategie scheint aufzugehen. Ein Streamingdienst könnte da ins Konzept passen. Dann wäre Soundcloud für Google das, was Instagram für Facebook ist. Und dann hat Soundcloud Ende 2016 noch ex-Google Holly Lim als Chef-Finanzfrau angeheuert, was uns zu den Zahlen bringt.
Soundcloud in Zahlen
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Soundcloud hat um die 175 Millionen User, die allerdings nicht genau klassifiziert sind. Der Wert des Unternehmens wurde zur letzten Finanzierungsrunde mit 700 Millionen Euro taxiert. Der vermeldete Kaufpreis, der Spotify zu hoch gewesen sein soll, lag bei 1 Milliarde Euro. Mit Google wird nun angeblich über 500 Millionen verhandelt. Warum weniger, als die Sache wert ist? Weil Soundcloud noch nie Gewinn gemacht hat. Im Jahr 2015 ist der Verlust auf 51 Millionen gestiegen, bei Einnahmen von 21 Millionen. Eine vermeintliche Trumpfkarte spielt noch nicht in die aktuellen Werte, diese wurde erst vor kurzem gezogen: der Abodienst Soundcloud Go. Der soll es nun bringen.
Das "doppelte Abfetten"
Machen wir uns nichts vor. Die Zeiten, in denen es bei Soundcloud um eine kleine, homogene Community ging, die sind vorbei. Schon längst. Seit einigen Jahren stecken gewinnorientierte Investoren hinter dem Projekt, darunter mit Universal, Warner und Sony auch die sogenannte Musikindustrie. Im Gegenzug für Lizenzierungen haben diese Anteile an Soundcloud zwischen einem und vier Prozent erhalten. Verbunden damit ist die Forcierung eines Umbaus von der Community-Plattform zum Streaming-Dienst. Das ist nämlich die Sau, die aktuell durch Dorf getrieben wird. Wie hier die monetäre Entlohnung der Lieferanten des Contents - der Musiker, DJs und Produzenten - aussieht, dürfte inzwischen allgemein bekannt sein. In einem aktuellen Interview spitzt Tim Renner, einst Universal Chef und nun in der Politik, zu:
"Das Label ist doppelter Gewinner, der Künstler der Gelackmeierte."
Das unlängst in Deutschland eingeführte Soundcloud Go bietet für knapp 10 Euro werbefreien Musikgenuss an. Schön ... wenn man nicht schon einen Pro-Account besitzt. Und noch schöner, wenn man auf diesem seinen Inhalt zur Verfügung stellt, für dessen unterbrechungsfreie Wiedergabe man dann auch noch bezahlen soll? Leute! Ich propagiere keine Kostenlosmentalität. Gerade hier, wo alle Parteien am Tisch sitzen, wäre es doch möglich Lizenzierungsfragen so zu klären, dass man zum Beispiel einen DJ-Mix auf rechtlich einwandfreier Grundlage anbieten kann. Warum kommt sowas nicht, dafür ein Abodienst, der es scheinbar mit Spotify und Apple-Music aufnehmen will?
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Ich vermute mal kurz: Spotify User sind musikinteressiert. Mehr als Radiohörer. Aber sie sind hauptsächlich keine Übernerds, die Freude an russischem Zouk Bass haben. Sowas findet sich beim klassischen Soundcloud eher als Tim Bendzko. Werden aber die Plattenfirmen nicht genau ihre Acts über den neuen Kanal pushen wollen? Will das der "klassische Soundclouduser"? Und will der potentielle Streamingkunde das gleiche wie der Soundclouduser? Steht hier die Wiedergeburt des Formatradios in den Startlöchern? Mich schauderts. Verfahrene Kiste. Übrigens werden keine Zahlen zu Soundcloud Go vermeldet, was dort wo Zahlen zählen ein schlechtes Zeichen ist. Bei Bloomberg Businessweek schätzt man die Nutzer von Soundcloud Go auf schwache 250.000. Bei Spotify sind es 40 Millionen. Spotify will übrigens an die Börse, im Zuge dessen wird für das Unternehmen ein Wert von 14 Milliarden kolportiert. Ob das gesund ist?
War's das?
Zurück zu Google. Nach Jahren haben die sich in Sachen Youtube mit der Gema geeinigt. Sollte Google tatsächlich Soundcloud kaufen, wäre das schon mal ein Pluspunkt. Ich träume ja immer noch von einer (DJ-)Plattform auf der es möglich ist unkompliziert Material zu lizenzieren. Für die Veröffentlichung in einem DJ-Mix, für eine Compliation - Stichwort kuratiertes Hören - oder sogar für einen Remix. Es wäre ein Gewinn für alle Seiten, da bin ich überzeugt. Bei Youtube sind erste Entwicklungen in diese Richtung zu beobachten. So kann man Videos mit Musik unterlegen, im Gegenzug wird auf Kaufmöglichkeiten dieser Musik verwiesen. Ausbaufähig, aber immerhin ... es tut sich was. Und um mit der Gema zu verhandeln, braucht es eine gewisse Power. Die hat Google. Die Katze beißt sich allerdings in den Schwanz, wenn man auf die Frage zurückkommt, wieviel für die Künstler abfällt, die den Inhalt erschaffen haben. Fazit: Mit Google könnte Soundcloud durchaus eine Entwicklung nehmen, die auch für DJs interessant ist. Ohne einen potenten Käufer kommt Soundcloud in Bedrängnis, ewig wird das mit den Finanzierungsrunden nicht laufen.
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