Impressionen: Superbooth 2018 - Sich gegenseitig bereichern

Impressionen: Superbooth 2018 - Sich gegenseitig bereichern

Features. 13. Mai 2018 | / 5,0

Geschrieben von:
Marius Pritzl

Die dritte Superbooth ist seit Samstagabend im Kasten, mit Ereignissen reich gefüllte Messe-Tage gehen damit zu Ende. Wir haben bereits das zweite Mal an dem ursprünglich von Schneidersladen initiierten Event teilgenommen und wollen hier unsere ganz eigenen Impressionen des Events schildern:

Wie für (Musik-)Messen üblich, ist der erste Eindruck ein lauter. Unzählige Modular-Systeme geben Sounddesigns in unterschiedlichsten Ausführungen zum besten, Grooves aus etlichen Drum Machines ertönen und Kinder mit Schwimmflügeln kreischen um die Wette. Moment, Kinder mit Schwimmflügeln? Richtig, denn die Superbooth 2018 fand auch dieses Jahr wieder im FEZ Berlin (https://fez-berlin.de/) statt, einem gemeinnützigen Zentrum für Familien, Jugend und Kinder. Und dieses beherbergt neben allerlei kulturellen Programmen und Einrichtungen eben auch ein Schwimmbad, welches simultan zur Messe geöffnet bleiben durfte und sich mit ihr den gleichen Eingang teilte.

So kam es dann auch, dass einige Grundschulklassen mit offenen Mündern und staunend durch die Eingangshalle der Superbooth hin zu ihren Schwimmstunden marschierten, eine herrliche Szenerie, die den einzigartigen Charakter der Messe unterstreicht: Hier geht es nicht gegeneinander, vielmehr sollen unterschiedliche Aspekte sich gegenseitig inspirieren und zu einem gemeinsamen Mehrwert führen. Ein schöner Kontrast zu sonstigen Ausstellungen, die oftmals sehr steril und steif wirken und manchmal auch in Frankfurt stattfinden.

So macht es dann auch nichts, dass die Räumlichkeiten von ihrer ursprünglichen Intention zweckentfremdet wurden. Man konnte sich auf einem Basketball Indoor-Court beispielsweise den neuen Synth von Dre:adbox vorführen lassen oder in einem Orbitall-Raumfahrtzentrum den MiniBrute 2 antesten. Das ist authentisch, unverkrampft und gibt der Messe einen privaten, intimen Touch.

Die Superbooth machte weiteres richtig, denn sie versammelt unter dem einenden Banner der elektronischen Musik. Diese kleine Einschränkung tut der Sache gut, das Thema Musik alleine ist dann doch irgendwie zu allgemein gefasst, als dass dadurch auf einer Messe Synergien entstehen. Im Klartext: Die teilnehmenden großen und kleinen Hersteller von Synthesizern, Controllern, Modulen und mancherlei Obskuritäten, sowie das Publikum aus Bastlern, Produzenten und DJs haben ein großes gemeinsames Interesse.

Die Konsequenz ist eine wirklich homogene Masse an Gleichgesinnten, das spürt man auch in jedem Moment in dem man durch die verschiedenen „Hallen“ läuft. Es ist wie ein Klassentreffen, man sieht überall vertraue Gesichter und kommt auch fernab des business-smalltalks zu anregenden Gesprächen zusammen. Wie Robert Henke, seines Zeichens Mitgründer von Ableton, Mitglied von Monolake und ganz allgemein Tausendsassa es treffend zusammenfasste: Die Familie trifft sich.

Durch die spürbare Szene-Verbundenheit der Veranstalter ergibt es sich auch, dass benachbarte Aussteller-Stände thematisch zueinander passen und nicht wie bei anderen Messen wild durcheinander gewürfelt sind. Hier kennt sich jemand aus und weiß was zueinander gehört. Auch sind die Besucher hier wirklich an den gebotenen Inhalten interessiert, versuchen mit den Herstellern ins Gespräch zu kommen und sind nicht nur vor Ort um kostenlose Merchandise Artikel abzugreifen. Naja, das Ableton-Mauspad liegt jetzt trotzdem zuhause auch auf dem Schreibtisch. 

Die Superbooth zieht Donnerstags und Freitags vor ihren internationalen Gigs auch die ein oder andere prominente Persönlichkeit an: Innervisions-Ambassadors Henrik Schwarz und Frank Wiedermann waren zu sehen, ebenso wie Ricardo Villalobos oder auch Nina Kraviz. Diese sind aber nicht weiter aufgefallen und mischten sich ganz ungezwungen unter. Im Grunde sind wir ja alle Gear-Nerds und darin vereint. 

Auch wenn die Superbooth vor allem ein Ort der Begegnung von Herstellern und Musikern ist, gab es dann doch die ein oder andere interessante Neuheit zu bestaunen. Ganz vorne mit dabei war dieses Jahr natürlich Behringer, die regelrecht heiß liefen und gleich mehrere bis dato noch nie gezeigte Prototypen mitbrachten, unter anderem ein Klon der Roland TR-808. Auf diesen durften wir abseits der Besucher in einem Nebengang exklusiv einen ersten Blick werfen, der deutsche Hersteller versteht es momentan wirklich Spannung aufzubauen. Auch der Prophet X von Sequential oder der für knapp 200€ anvisierte UNO waren über die Tage das erste Mal in natura zu bestaunen. Dass namenhafte Hersteller die Superbooth mittlerweile zum place to be ihrer Enthüllungen und Releases machen, spricht Bände für die steigende Bedeutung der Berliner Messe. Die Redaktions-intern am meisten gefeierte Neuigkeit war dann aber doch der neue Tanzbär, die zweite Version der beliebten Drum Machine der Berliner Hersteller MFB wurde von Fricke Junior persönlich vorgestellt und macht Lust auf mehr.

Insgesamt scheint die Superbooth das Konzept der Zukunft zu sein. Gerade mit dem Niedergang der Musikmesse entsteht ein Vakuum, was die Berliner Messe scheinbar füllen kann. Sie hat die großen Namen, sie hat die kleinen leidenschaftlichen Hersteller und die Atmosphäre ist familiär und ungezwungen. Man fühlt sich als Besucher nicht wie ein Objekt, dass nur als potentieller Käufer betrachtet wird, hier wird man als ebenbürtiger Teil der sich gegenseitig bedingenden Hersteller-Musiker-Symbiose verstanden. An der Superbooth 2019 führt also kein Weg vorbei.

 

Anbei noch ein paar Impressionen in Bildern:

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