Die Firma Reloop hat vor kurzem ihr 20-jähriges Jubiläum gefeiert und schaut, als eines der wenigen deutschen Unternehmen in der DJ-Industrie, auf eine ereignisreiche Zeit zurück. Wir haben den Produktmanager Gerald Barbyer ein paar Fragen zur Marke Reloop und der Entwicklung des DJ-Marktes gestellt und haben ein paar interessante Antworten von jemanden bekommen, der die Industrie seit fast 17 Jahren verfolgt und prägt.
Hallo Gerald! Zunächst möchte ich Dir erst einmal recht herzlich dafür danken, dass Du Dich zu dem Interview bereit erklärst. Stell Dich bitte doch mal kurz vor. Was hat Dich in die Musikbranche geführt und wie lange arbeitest Du schon für Reloop und was ist Deine genaue Funktion dort im Unternehmen?
Gerne, ich versuche das mal so kompakt wie möglich zu beantworten.
Ich war schon immer ein Musik-, Design- und Technik-Junkie:
Alles fing an, als ich mit neun Jahren meinen ersten 1-Spur Sequenzer von Yamaha bekommen habe. Die Möglichkeiten waren natürlich sehr begrenzt. Dies änderte sich schlagartig mit meinem ersten Computer und Cubase VST. Die digitale Revolution eines Homestudios und MIDI-fähiger Hardware haben mich schon sehr früh geprägt.
Als Teenager habe ich angefangen aufzulegen und mich immer mehr mit DJ- und Producing-Technik auseinandergesetzt. Lustigerweise habe ich damals schon mit einem 19“-Mischpult von Reloop geliebäugelt, welches optisch jedoch sehr speziell war - die Neunziger halt.
Heute produziere ich noch gerne Tracks, leider fehlt mir oft die Zeit dazu.
Meine berufliche Laufbahn startete bei Reloop bzw. der Global Distribution GmbH am 09.09.1999 - ich gehöre also mittlerweile zu der alten Garde in der Firma. Meine heutige Position als Product Manager für Reloop ist sehr facettenreich und interdepartmental. Ich bin Schnittstelle für viele Prozesse, die mal strategischer, mal technischer und mal mehr vertriebsorientierter Natur sein können. Zu meinen Kernaufgaben in der Entwicklung gehören die Produkt-Konzeption und das primäre Produkt- & User-Interface-Design. Im Bereich Produkt Management arbeite ich eng mit unserem CEO Robert Lauterwein zusammen, um Kostenstrategie oder Produktionsabläufe abzustimmen. Daher bin ich auch öfter in ASIEN unterwegs, um unsere Produktionsstätten zu besuchen, Fertigungen zu überprüfen oder neue Projekte zu besprechen. Vor der Produktion arbeite ich eng mit unserer Redaktion, Grafik- und Web-Abteilung zusammen, wenn es um Themen wie Verpackungen, Produktfotos, Texte oder Online-Content geht. Aber auch nach der Markteinführung bin ich in vielen Marketing-Projekten, wie beispielsweise Anzeigen oder Video-Produktionen, involviert.
Kurzum, begleite ich ein Produkt von der Geburt, über die Produktion bis hin zur Vermarktung.
Reloop feiert sein 20-jähriges Jubiläum. Nenne uns doch ein paar Deiner persönlichen Meilensteine.
Ein großer Meilenstein für mich war unsere erste Controller Serie „Digital Jockey“ (sorry für den Zungenbrecher) - einer der meistverkauften DJ-Controller. Es war schon ein irres Gefühl ein Produkt entworfen zu haben, welches von so einer großen Community genutzt wurde. Ich treffe immer wieder DJs die mir sagen, dass ihr erster Controller ein Digital Jockey war.
Ein wenig stolz war ich auch, als 2012 unser „bullet-proof“ Controller Jockey 3 mit einem „Nammie“ von der MIDI-Fighter Ikone Ean Golden ausgezeichnet wurde.
Ein weiterer Meilenstein war die gemeinsame Entwicklung der Terminal Mix Serie (der mit der Coffee Cup-Taste). Zu diesem Zeitpunkt wurden nur eine Handvoll exklusive Hardware Partner von Serato selektiert und es war schon eine Ehre zu den Top 5 DJ Brands zu gehören.
Für enorm viel Aufsehen hat auch der RP-8000 gesorgt, da dieser der erste DJ-Plattenspieler mit integrierter MIDI-Sektion für Serato war. Sensationell war auch, dass dieser mit dem renommierten DJ TECH AWARD als innovativstes DJ-Produkt auf der BPM Show ausgezeichnet wurde.
Das Sortiment von Reloop besteht ja aus einer großen Produktpalette. Aktuell setzt offensichtlich jeder Hersteller auf ein breites Controller Sortiment. Ihr hingegen bietet immer noch eine große DJ-Plattenspieler Produktlinie an. Werden Plattenspieler nach wie vor noch von DJs nachgefragt und wie siehst Du die Entwicklung in Bezug auf die Zukunft?
Reloop hatte schon immer eine ganz besondere Beziehung zu Plattenspielern und eine enge Verbundenheit zu der Vinyl-Kultur. Wir haben uns schon immer in der Turntablism Szene engagiert und viele Championships aktiv begleitet und unterstützt. Viele unserer Freunde und Artists kennen wir noch aus dieser Zeit und sie geben uns heute noch Input für unsere Produktentwicklungen. Und diese Liebe brennt bis heute. Unsere breite Aufstellung reicht vom Einsteiger bis zum fortschrittlichsten DJ Turntable. Wir haben auch eine starke Partnerschaft mit Ortofon und unterstützen zusammen den Lebenserhalt der Szene nach dem Motto: Raise the Vinyl Culture!
Sicherlich entwickeln wir auch viel in Richtung Digital DJing, aber klassische DJ Sets werden immer ein Bestandteil unserer Produktphilosophie bleiben und einen großen Anteil vom Sortiment ausmachen. Und die wachsende Nachfrage und begeisterte Reloop Turntable Nutzer bestätigen unsere Strategie!
Ganz nebenbei gesagt, portieren wir gerade unser langjähriges Plattenspieler Know How und werden bald unter der neuen Brand „Reloop Hifi“ auch audiophile Hifi-Record Player anbieten. Stay tuned!
Wie ist Deine Einschätzung zum aktuellen DJ-Markt generell? Aus meiner Sicht wird es für alle Hersteller immer schwieriger konkurrenzfähige Produkte zu bringen, die nicht von der breiten Produktpalette von Pioneer verdrängt werden. Wie siehst Du das und wie wird sich da Reloop zukünftig positionieren?
Die DJ Branche steht natürlich wie viele andere Segmente der MI und Unterhaltungselektronik unter starken Wettbewerbsdruck. Zugleich ist die Sparte auch übersichtlicher geworden, wenn man an einige DJ-Hersteller denkt, die früher immer eine feste Größe waren. Aber umso glücklicher sind wir über unser 20-jähriges Bestehen, unser weltweites Distributionsnetzwerk und eine wachsende Community, die von unseren Produkten überzeugt sind.
Für uns ist es wichtig fortschrittliche Produkte in der Breite als auch in unseren Nischen zu entwickeln. So konnten wir durch unsere Produktphilosophie und die Nähe zur DJ-Szene stetig wachsen, neue Märkte ausbauen und eine eigene Identität und Fanbase aufbauen.
Ein weiterer Vorteil ist, dass wir äußerst agil und dynamisch auf Entwicklungen reagieren und rasch umsetzen können. Der direkte Draht zu vielen Künstlern sowie ein offenes Ohr für unsere Kundenwünsche ist wertvoller Input, welches wir gezielt in die Entwicklung einfließen lassen können. Ich denke, dass dies unser Erfolgsrezept für solide, innovative DJ-Technik zum fairen Preis ist und wir uns weiterhin so positionieren werden.
Als Hersteller von Hardware ist man immer zu einem großen Teil abhängig von den Software Herstellern. Nachdem Native Instruments nun das OEM-Geschäft eingestellt hat, Pioneer und Denon sich mit Rekordbox und Engine in die Unabhängigkeit bewegen, verlagert sich das Gewicht nun noch mehr in Richtung Serato? Wie werdet Ihr dieser Entwicklung begegnen und wird es zukünftig weitere Kooperationen mit Serato geben?
Die Kollaborationen mit Software-Firmen haben schon eine Art Bindung, wie in jeder guten Ehe, mitgebracht. Als wir die erste Digital Jockey Edition herausgebracht haben, haben wir auch an einer eigenen DJ Software gearbeitet (Attack). Obwohl die Ansätze vielversprechend waren, haben wir entschieden, uns auf unsere Expertise im Hardware Bereich zu konzentrieren. Es setzt enormes Potential frei, wenn sich zwei jeweils im eigenen Bereich starke Partner zusammentun, um etwas größeres zu Schaffen. Und genau so empfinden wir auch unsere aktuelle, enge Partnerschaft mit Serato - die absolut performante DJ Software entwickeln - und werden auch weiterhin neue Produktinnovationen gemeinsam kreieren.
Aber auch mit unseren Freunden von Algoriddim, die Vorreiter für professionelles Djaying auf iOS Devices sind, haben wir eine starke Kooperation und noch viel Spannendes vor!
Ich denke, dass der einsame Weg in ein geschlossenes Eco-System die User eher abschreckt, ausschließt und ihnen die Freiheit zur eigenen Wahl an Hard- und Software-Komponenten raubt.
Neben dem Standard DJ-Equipment bietet Ihr bei Reloop auch Besonderheiten an, wie z.B. das Reloop Tape und DJ-Möbel. Wo holst Du Dir Deine Inspirationen für so etwas her?
Das ist ganz unterschiedlich.
Ich arbeite mit einem kreativen Produktentwicklungsteam zusammen, mit dem wir regelmäßig produktstrategische Meetings abhalten, um neue Ideen zu besprechen aber auch Trends zu analysieren oder Anregungen von unseren Kunden zu bewerten. Zudem bekommt man auch reichlich Input auf den vielen internationalen Messen, wo man sich mit hochkarätigen DJs, Fachbesuchern, Händlern und Partnern austauscht.
Aber es gibt auch banalere Entstehungsprozesse, wie im Beispiel von Tape:
Bei einem Gig wollte ich mein Set mit einem mobilen SD Card Recorder aufnehmen. Dieser kompakte Live-Recorder war sehr überladen und bedienungsunfreundlich. Jedoch kam das große Erwachen in der Woche darauf, als ich die Aufnahmen anhören wollte: Nach 15 Sekunden war die Aufnahme vorbei! Das hat mich enorm geärgert. Ich dachte mir, dass das doch einfacher und zuverlässiger gehen muss. Und so ist die Idee zu Reloop Tape entstanden. Kurz darauf erstellte ich einen Entwurf und ein technisches Konzept für TAPE: Ein kompakter USB Mixtape Recorder mit simpler Ein-Tasten-Bedienung im Retro-Gewand einer Kompaktkassette. Und der Name war Programm.
Wie sieht für Dich das DJing der Zukunft aus?
Das wirst du demnächst von uns sehen 😉
Aber im Ernst, das ist natürlich eine essentielle Frage, die ich mir kontinuierlich stelle und daran täglich arbeite. Die digitale DJ-Technologie wird sich natürlich clever weiterentwickeln und Equipment wird noch vernetzter, sozialer und medialer einzusetzen sein. Controller werden zu Computern und der DJ wird zum digitalen Komponisten. Die Screens werden größer und die Evolution der DJ-Motorik entwickelt sich in Richtung Swipes statt Scratches…
Wenn Du unbegrenztes Budget zur Verfügung hättest und kein kommerzieller Erfolgsdruck bestünde - was würdest Du entwickeln?
Wow, gute Frage. Ich fand die Idee von einem modularen, High-End DJ-Baukasten immer nett. So könnte sich jeder DJ oder Live Act ein Performance-System nach seinen eigenen Wünschen zusammenstellen. So könnte man neben der kompletten Anordnung auch beispielsweise ein Wunsch-Interface oder die präferierten A/DWandler einbauen...
Welche Weisheit würdest Du einem DJ-Anfänger mit auf den Weg geben?
Es war noch nie so einfach, erschwinglich und einzigartig wie heute in die Welt des DJings einzusteigen. Egal ob analog oder digital, egal welche Plattform oder Software, egal welchen Musikstil Du magst... wichtig ist, dass DU Bock auf Deinen Sound hast und andere damit bewegen willst.
Im nächsten Schritt solltest Du beim Händler Deines Vertrauens die großartige Auswahl von DJ Gear unvoreingenommen antesten - und Dich hoffentlich von einem Reloop Gerät überzeugen lassen!
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