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Laptop-DJ Status Quo: Sync oder nicht Sync - Die Akzeptanz von Konsolen & Co.Laptop-DJ Status Quo: Do sync-button DJs keep it real?

Laptop-DJ Status Quo: Sync oder nicht Sync - Die Akzeptanz von Konsolen & Co.Laptop-DJ Status Quo: Do sync-button DJs keep it real?

Archiv. 4. August 2013 | / 5,0

Geschrieben von:
Robert Wong

Seit einigen Tagen beschäftigt mich wieder ein Thema, welches ich eigentlich schon vor zwei Jahren abgehakt habe. Bei meinem letzten Gig wurde ich jedoch wieder durch ein paar Kommentare von anderen DJs daran erinnert.  Die Rede ist von der Sync-Button-Diskussion oder als Frage formuliert: Mit welchem Equipment wird man als DJ ernst genommen? Das Thema hat mich leider so aufgewühlt, dass ich dazu einen Beitrag schreiben musste. Wem das Thema also sowieso schon auf den Geist geht, bitte ab hier a la Peter Lustig: "Abschalten!"

Normalerweise spiele ich mit Traktor Pro und einem Controller (Vestax VCI-400), um so Sets mit Loops, Effekten usw. etwas individueller gestalten zu können. Beim letzten Gig war dies zum einen aus Platzgründen und zum anderen wegen der Verkabelung nicht möglich. Also entschied ich mich für das DVS Serato Scratch Live, um vorher genannte Problematik stressfrei zu umgehen und dem Headliner DJ nach mir den Wechsel so angenehm wie möglich zu gestalten, denn dieser legte ebenfalls mit SSL auf (Bin ich nicht rücksichtsvoll? 🙂 ).

Fakt war für mich eigentlich immer, dass der DJ einen Entertainerjob hat und das es darauf ankommt, die Leute zum Tanzen zu bringen und am Tanzen zu halten. Dabei spielen, meiner Meinung nach, das Gefühl für die richtigen Tracks zur richtigen Zeit (Das Publikum lesen), Harmonieverständis, und vielleicht eine Performance, die sich von anderen abgrenzt, eine wesentliche Rolle. Das Equipment, welches ich mir  zu Nutze machte spielte dabei bisher nie die Rolle, um einem Klichee oder einem Kult gerecht zu werden. Viel eher musste die Technik die Anforderungen erfüllen, die ich persönlich an den Sound hatte und zu guter letzt sollten mir die Funktionen zur Verfügung stehen, die ich für ein ausgereiftes Set verwenden möchte.

Zur Info:

Ich habe die Leidenschaft des DJings 1995 entdeckt. Angefangen mit Vinyl kam ich 2006 berufsbedingt mit dem ersten DVS, Final Scratch, in Berührung. Durch die generelle Weiterentwicklung der gesamten DJ-Technk und letztendlich dem Erscheinen des ersten DJ-Software Controllers, dem Vestax VCI-100, bin ich heute mit den meisten Soft- und Hardwareprodukten in der DJ-Industrie vertraut. Ich besitze selbst noch mein erstes Paar 1210er und um die 500 Vinyls, die ich ab und an mal wieder spiele.

Der Abend

Da stand ich nun mit der Hand am Technics 1210er Pitch, die Timecodes schwingend und spielte mein Set nach dem Opener DJ und vor dem Headliner, am Anfang der Primetime. Es war kein Controller angeschlossen, sondern nur die beiden 1210er, ein Pioneer DJM-800 und mein Laptop mit SSL drauf. Die Track-Selection passte wie die Faust aufs Auge, d.h. die Stimmung war gut und die "Dramaturgie" des Sets ging auf ohne groß das Publikum lesen zu müssen. Es gab keine Pannen, also keine Nadelsprünge (OK, ich hatte den relativen Modus aktiviert ^^) oder sonstigen Abstürze, Soundunterbrechungen, etc. Im Gegenteil, es machte sogar Spaß mal wieder Scratch-Einlagen einzubauen, die mit dem Controller doch reduzierter vorkommen würden. Auch die Übergabe an den darauf folgenden Headliner DJ verlief fließend. Alles in allem ein guter Abend, auch wenn es mich ständig in den Fingern juckte etwas mehr aus dem Set heraus zu holen.

thw

Vielleicht hier und da mal ein paar Klassiker reingeteased oder aus zwei schwachen Tracks einen starken Track live geremixt...aber was will man machen, wenn man nur zwei Decks zur Verfügung hat und ständig am Pitch hängt? Das manuelle Beatmatchen erwies sich übrigens auch nach längerer Controller-Beatgrid-Autosync-Nutzung, nach wie vor, als problemlos. Es ist im Grunde wie Fahrrad fahren, das verlernt man auch nicht. Und wer Traktor Pro kennt, weiss, dass man sich nicht auf automatische Beatgrids verlassen kann, sondern immer wieder mit dem eigenen Gehör überprüfen muss, was Traktor da automatisch analysiert.

Die Leute waren also zu Frieden und bevor der Abend zu Ende war spendierte man mir Kommentare wie "Hey cool, endlich mal wieder mit Vinyl aufgelegt" oder "Hey, wieder mit Plattenspielern aufgelegt, Du hast es ja doch noch drauf"...

Im Grunde eigentlich ganz harmlose Sätze, die ja wie ein Kompliment klingen, aber wenn man den Kontext kennt und vor allem die vorangegangen Vinyl-Verfechter-Diskussionen in diesem Microkosmos mitbekommen hat, der dürfte erahnen, was diese eigentlich harmlosen Worte für ein Kopfkino in mir ausgelöst haben. Um der Sache aber mal auf den Grund zu gehen, habe ich mich gefragt,warum Vinyl DJs "real" sind und der Rest nur "Sync-Button-Fakers".

syncbuttonfakers

Der Kult

Plattenspieler und Vinyl haben über viele Jahre hinweg das Sinnbild des DJings geprägt. Vor allem der Technics Plattenspieler SL1200MK2 oder SL1210MK2, der mehr als 20 Jahre lang unverändert als das ultimative DJ-Werkzeug genutzt wurde trägt dazu bei, dass das Medium Vinyl unter DJs einen sehr hohen Stellenwert hat. Etwas, dass sich so lange bewährt hat ist kult. Etwas, dass als das am längsten produzierte Consumer-Produkt gilt, ist legendär. Vinyl ist aus echter Materie. Man hält etwas in der Hand, kann es wie eine Trophäe in sein Expedit stellen und das Cover bewundern, wenn etwas schönes drauf ist. Es hat einen Meilenstein gesetzt. Dieser Meilenstein ist aber auch so fest und groß in manchem Kopf gesetzt worden, dass dort nichts anderes mehr Platz fand, dass über +-8% heraus ragte. CDs und MP3s werden es schwer haben hier anzuknüpfen, weil der Wandel zum Digitalen wahrscheinlich nie zu 100% stattfinden wird und die unendliche Verfügbarkeit dieser Medien eher einen Werteverlust herbeiführen, als das sie je einen Kultstatus erreichen werden.

Ich habe viele dieser DJ-Dinosaurier in den letzten 4 Jahren getroffen und musste mir Sprüche über Controller DJs anhören wie z.B.: "Konsolen sind doch Spielzeug, Wenn ich Spielen will, zock ich Playstation" oder "Mit nem Controller auflegen is wie Rollerbladen" usw...

event-horizont

Wenn man dann mit solchen Leuten diskutiert kommen  bei mir für gewöhnlich immer die gleichen Fragen auf.

  • Wem muss ich denn nach 15 Jahren DJing noch beweisen, dass ich zwei Tracks beatmatchen kann? Und wird dadurch mein Set besser?
  • Warum soll ich mich denn mit den Gleichlaufschwankungen eines Plattenspielers auseinander setzen? Ist das nicht ein technischer Mangel, der eigentlich für ein Abspielgerät in der heutigen Zeit ein "No-Go" ist?
  • Warum soll das Publikum oder ich  Knacksern, Rauschen oder ganze Nadelsprünge dahin nehmen, wenn es doch auch anders geht?
  • Warum ist Vinyl spielen denn so verdammt cool, wenn es so unwirtschaftlich ist? Ich kaufe mir 2 Tracks, von denen ich vielleicht nur einen wirklich spielen will und zahle 9 Euro oder mehr für eine Scheibe?
  • Warum klingt Vinyl denn besser? Da fehlen doch eine Menge Frequenzen. Oder worin liegt denn der Sinn, wenn ich zum Abspielen von digital produzierter Musik auf ein analoges Medium zurück greife?

Bildschirmfoto 2013-08-05 um 21.25.29Es gibt gewiss noch mehr Fragen, die einem dazu einfallen würden, aber wir wollen mal den Bogen nicht zu sehr überspannen und auch mal die andere Seite anhand meiner persönlichen Erfahrungen erwähnen.

Nachteile des digitalen Auflegens

Durch die Digitalisiserung der Musik hat sich ohne Frage auch das DJ-Equipment verändert. Viele Vorteile des digitalen Auflegens waren auch gleichzeitig mit neuen Herausforderung und Risiken verbunden. Bei meiner ersten Gigvorbereitung mit Traktor DJ Studio und dem Vestax VCI-100 war ich zwar froh, dass ich meine Trackauswahl nicht auf die Größe einer Plattenkiste limitieren musste und wußte auch, dass von nun an Nadelsprünge und Rückenschmerzen passé sein sollten, aber es stellte sich heraus, dass ich nun ein paar andere Probleme haben sollte. Mir fiel auf, dass ich meine Tracks nie am Namen erkannte, sondern eher das Plattencover ausschlaggebend für meine Vorauswahl war. Ich hatte mir so zu sagen alles bildlich gemerkt und wurde nun vor die Tatsache gestellt mich an einer Liste mit Namen und anderen Metadaten auf einem Screen zu orientieren. Auch wenn viele DJ-Softwares das Cover-Artwork anzeigen, ist es zumindest für mich, noch heute nicht das Gleiche das Cover-Artwork als 50x50 Pixel großes Bild auf dem Schirm zu sehen oder einen 12" Umschlag aus Pappe in der Hand zu halten, auf dem sich manchmal jemand Mühe gegeben hat einen künstlerischen Eindruck zu hinterlassen.

Music is EverythingDie nächste Hürde der Unübersichtlichkeit bot sich im Angebot der MP3-Shops. Wo vorher der Plattenhändler des Vertrauens noch eine Vorauswahl traf, in dem er nur bestimmte Titel, Labels oder Artists in den Laden holte, steht man nun vor einer unzählbaren Menge an Releases, bei der man ganz alleine die Spreu vom Weizen trennen muss, wenn man nicht nur von Empfehlungen leben will. Und wenn wir schon bei dieser tollen Metapher sind: Leider entspricht dabei in den meisten MP3-Shops das Verhältnis zwischen Spreu und Weizen in keinster Weise dem in der Landwirtschaft, sondern eher dem Suchen der Nadel im Heuhaufen. Addiert man also die Zeit, die man für das Finden der richtigen Tracks braucht mit den weiteren Vorbereitungen wie z.B. Trackanalyse durch die Software oder das manuelle Setzen von Beatgrids, so hat man am Ende manchmal das Gefühl, das der Weg zum Plattenladen, die dortige Aufenthaltszeit und der Weg zurück, einem wesentlich kürzer vorkamen. Man kann sicherlich einiges an der o.g. Arbeit sparen, doch dies verringert auch den Komfort beim digitalen Auflegen.

Hat man diese leidige Vorbereitungsprozedur erst mal hinter sich gebracht, so ist man im Club neben den Platzierungsproblemen und der Verkabelung einer DJ-Konsole noch weitere Problemen ausgesetzt.

  • Softwarebugs können Sound-Aussetzer oder sogar Soundkiller hervorrufen.
  • Computer können durch Wärme und Luftfeuchtigkeit in ihrer Leistung beeinträchtigt werden.
  • Unterschiedliche Spannungspotentiale und Spannungsschwankungen können Brummschleifen und andere unerwünschte Nebenwirkungen hervor rufen.
  • Und an ein Back-2-Back Set mit einem Vinyl DJ sollte man, sofern man Wert auf den Sound legt, erst gar nicht denken. Denn um die Differenz der Frequenzbreite zwischen Vinyl und MP3/WAV/AIFF/AAC/.... auszugeleichen, ist man meistens mit ständigem Equalizing beschäftigt (Und zwar auch für den Vinyl DJ!).

Es ist also nicht alles Sonnenschein, was das digitale Auflegen bringt, jedoch lässt sich vieles durch neue Herangehensweisen und Workarounds bewältigen:

  • In den MP3-Shops sollte man sich in seinem Profil Favoriten anlegen. D.h. sofern man noch keine Erfahrungswerte sammeln konnte hilft das Speichern von favorisierten Künstlern und Labels ungemein, den größten Schrottanteil heraus zu filtern.
  • Wenn einem wie mir das Titelnamen merken schwer fällt, hilft oft eine neue Sortierung der Tracks, um sie schneller aufzufinden. In meinem Fall habe ich z.B. für nur ein Genre (Drum and Bass) eine chronologische Ordnerstruktur, die in Jahr/Monat angelegt ist. Zusätzlich nutze ich virtuell angelegte Playlisten in Traktor oder Serato für bestimmte Stilrichtungen, um so schnell den Vibe wechseln zu können (Hardstep, Drumstep, Neuro, Liquid, Jumpup, Vocaltracks, etc).
  • Wie man den weiteren Gefahren im Club begegnet, könnt ihr hier nachlesen!

Fazit

Die digitale Revolution im DJ-Technikbereich mag viele Laptopbesitzer zu selbsternannte DJs machen. Und die Zahl an verkauften Turntables pro Jahr liegt weit unter der Zahl an verkauften DJ-Controllern. Aber es ist meiner Meinung ein Irrtum, wenn man glaubt, dass eine Funktion wie die Autosynchronisation etwas über die wesentlichen Fähigkeiten eines DJs aussagt. Es ist lediglich eine technische Weiterentwicklung, die im Zuge der neuen Möglichkeiten durch das digitale Auflegen nötig war. Aus welchem Grund sollte man sich denn mit Beatmatchen aufhalten, wenn man diese Zeit dazu nutzen kann, neue kreative Wege zu gehen, in dem man z.B. mit mehr als nur zwei Decks spielt, Loops und Samples einsetzt, Effekte hinzufügt oder sogar eine Videoperformance einbindet? Die Featureflut der aktuellen Softwares ist zwar nicht immer ein Segen, aber letztendlich kann jeder für sich entscheiden, wie er seinen persönlichen Horizont erweitert. Und wenn dieser, wie oben schon erwähnt, bereits bei +-8% aufhört, dann liegt der Hund wahrscheinlich wo anders begraben. Die Verteufelung von DJ-Controllern und MP3 beruht wahrscheinlich auf der Tatsache, dass die Veränderungen in der DJ-Technik heute wesentlich schneller sind, als vor 10 Jahren. Die Auflösung des Club-Standards und die Einbindung von Computern und anderen digitalen Gerätschaften bedarf heut zu tage einer weitaus größeren Aufmerksamkeit und Flexibilität als früher. Plötzlich ist man gezwungen sich mit Systemvoraussetzungen , Bugs, Kompatibilitäten und anderen Begriffen auseinander zu setzen, obwohl man doch eigentlich nur Musik abspielen oder Präsentieren möchte. Generell schüren Veränderungen Ängste. In diesem Falle resultieren sie wahrscheinlich aus dem Glauben, mit dem technischen Fortschritt nicht mehr mithalten zu können und es ist keine Seltenheit, dass Menschen aus Angst vor neuen Herausforderungen lieber alles abblocken, statt sich einem Problem zu stellen. Getreu dem Motto "Was der Bauer net kennt, frisst er net" werden dann meist Gegenargumente gesammelt, bevor überhaupt eine Prüfung des Unbekannten durchgeführt wird. Und dann sind da noch die vielen anderen "DJs", die als potenzielle Konkurrenz mit ihren Konsolen den Markt überschwemmen und die Gagen drücken. Diesbezüglich sollte man sich vor Augen halten, dass sich längerfristig schon immer Qualität durchgesetzt hat und man sich eigentlich selbst fragen müsste, ob man Qualität liefert.

Letztendlich ist es jedem selbst überlassen, mit welchem Equipment er sich am wohlsten fühlt und jeder darf seine Meinung frei äußern. Aber manchmal sollte man doch ein wenig ehrlicher zu sich selbst sein, bevor Vorurteilen aufgestellt werden, die nicht tragbar sind.

Ich bin bestimmt nicht der einzige, der mit diesem Thema konfrontiert wird/wurde und an ettlichen anderen Ecken im Netz tauchen diverse ähnliche Berichte auf, die die gleiche Thematik behandeln. Trotzdem bin ich gespannt, welche persönlichen Erfahrungen ihr gemacht habt und wie ihr damit umgeht!

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