Innerhalb der Musikwissenschaft herrscht ein Konsens der da lautet: Bach ist cool! Das klingt jetzt wie der verzweifelte Musiklehrer, der den 'Kids' die klassische Musik näher bringen will und so in etwa ist die heutige Ausgabe Musik zum Wochenende auch angelegt. Wir hören uns einmal an wie Bach in der elektronischen Musik klingt.
Zur Osterzeit erreicht der Bach-Hype momentan den Höhepunkt. Vor ein paar Wochen war ich bereits in der schönen St. Marienkirche am Alexanderplatz, um mir dort Bachs Johannespassion anzuhören. Am Karfreitag geht es direkt weiter mit der Matthäuspassion, diesmal in der Philharmonie. Die volle Ladung Barock also.
Von 1685 bis 1750 wirkte der Thüringer unter anderem als Organist und Kantor in Weimar, Köthen und Leipzig und schrieb eine große Anzahl der heute bedeutendsten Werke der westlichen Musikgeschichte. Zu Lebzeiten noch eher in Musikkreisen bekannt, baute sich das große Mysterium Bach erst ca. 80 Jahre nach seinem Tod auf, als Felix Mendelssohn Bartholdy seine Matthäuspassion wieder aufführte. Seitdem gehören Bachs Werke zum absoluten Standard im Konzertleben und vor allem in der Musikpädagogik. Wer Klavierunterricht (oder auch anderen Instrumentalunterricht) hatte wird auch das ein oder andere Stück des Eisenachers gespielt haben.
Bis heute ist der große Einfluss seiner Musik ungebrochen und Zitate oder ganze Passagen finden sich in zahlreichen Liedern. Paul McCartney machte aus Bach 'Blackbird', die Beach Boys zitieren ihn in Lady Linda, Procol Harum mit 'Whiter Shade of Pale' und jüngst AJR mit 'The Good Part', verwandeln 'Air on a G-String' zu Charthits. Paul Simon nimmt sich einen von Bachs schönsten Chorälen 'O Haupt voll Blut und Wunden' vor und macht daraus den wunderbaren 'American Tune'. Muse lässt sich für das Gitarrenriff aus 'Plugin Baby' von der 'Toccata und Fuge in D-Moll' inspirieren und auch Mike Oldfield gibt dieses Stück als Referenz für 'Tubular Bells' an. Selbst Zayne Malik (ehemals One Direction) "sampled" in seinem Song 'Blue' das 'Präludium und Fuge Nr. 1 in C-Dur'.
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In der elektronischen Musik fand Bach ebenfalls schnell Ausdruck und seine Musik wird zu einem zentralen Punkt in der Einführung des Synthesizers. Wendy Carlos veröffentlichte 1968 ihr Album 'Switched-On Bach', auf dem sie mit dem Moog-Synthesizer Stücke des Thüringers interpretierte. Die LP wurde ein riesiger Erfolg und Wendy Carlos in übertragenem Sinne zum modernen Mendelssohn Bartholdy, indem sie Bach und auch die neue Technologie der Klangsynthese einem großen Publikum nahe brachte. Carlos selbst hat dieses Konzept noch weitergeführt und drei weitere Alben in diesem Stil veröffentlicht. Zu Beginn noch mit dem monophonen Moog, werden mittlerweile die Vorzüge der Polyphonie genossen und Bachs Werke unter anderem auf dem Prophet oder ganze Fugen mit VSTs gespielt.
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Andere Ansätze verbinden Klassische Musik mit modernen Klängen und erstellen Mashups und Remixe aus bekannten Werken. Diese sind leider in den meisten Fällen eher schrecklich und wirken wie gezwungen künstliche Labelprodukte, um neue Zielgruppen zu erreichen. Die Pianistin Nahre Sol ist da eine wunderbare Ausnahme. Sie nimmt sich die Invention Nr.4 in D-Moll vor, fügt der ursprünglichen Harmonie neue Ebenen aus Jazz und anderen Genres hinzu und verbindet das Ganze mit elektronischen Elementen. Das fertige Werk lässt Bachs Musik dann in einem neuen Licht erstrahlen.
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Neben den offensichtlichen Neuinterpretationen, beeinflusst Bachs Kompositionstechnik auch einen Großteil der frühen Synthesizer-Musik. Laurie Spiegel zählt in den Liner Notes zu 'The Expanding Universe', Bach als eine ihrer größten Inspirationsquellen auf und auch in den opulenten Synthie-Werken von Klaus Schulze bis Vangelis finden wir den Einfluss des Barocks. Mit am deutlichsten dürfte aber die frühe Videospielmusik davon beeinflusst worden sein. Die Limitierung auf nur wenige Stimmen, stellten Komponist:innen vor eine Herausforderung und dabei griffen sie auf die von Bach perfektionierte Technik des Kontrapunkts zurück. Dabei werden kleine Melodien in konstanter Gegenbewegung geführt, wodurch komplexe musikalische Gebilde entstehen, die trotz weniger Stimmen größer erscheinen. Der Castlevania-Soundtrack nimmt ganz bewusst diesen Stil auf, um das durch Horrorfilme verbreitete Bild des Orgel spielenden Vampirs zu bedienen. Auch Manami Matsumae, Komponistin des Mega-Man-Soundtracks, gibt in einem Interview an, dass sie Inspiration in der Analyse von Bachs Stücken fand.
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1 Kommentare zu "Musik zum Wochenende: Bach und die elektronische Musik"
/me plays "Henry Purcell - Music for the Funeral of Queen Mary (Cygnus X Remix)" aka "Cygnus X - The Orange Theme" :)
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