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Review: Innellea – Prospective Vision [Innellea]

Review: Innellea – Prospective Vision [Innellea]

Features. 7. Juli 2020 | / 5,0

Geschrieben von:
Tim Tschentscher

Mitte Februar hatte Corona die Club- und Eventlandschaft noch gar nicht richtig getroffen, da kündigten Innellea via Facebook bereits eine größere Veränderung an. Nach vier gemeinsamen Jahren im Studio und auf Tour musste Daniel, die eine Hälfte von Innellea, aus gesundheitlichen Gründen aufhören. Von Künstlerseite aus bestätigt man zwar die Ernsthaftigkeit des Umstandes, allerdings betont man auch, dass das Projekt weiterhin bestehen bleibt. Das lag schon seit längerer Zeit in der Luft, sodass die andere Hälfte, Michael, einen Großteil der Arbeitsprozesse früh auf sich umschichten konnte. Mit 'Prospective Vision' wird jetzt ein kleiner gedanklicher Schlussstrich unter Innelleas Dasein als Duo gezogen.

Was unter dem Claim 'Complete the past to initiate the future' auf den ersten Blick ein wenig künstlich verschwurbelt klingt, ist unter den gesetzten Umständen aber gar nicht so abwegig. Auf zehn beziehungsweise in der Bonustrack-Variante elf bisher unveröffentlichten Stücken rekapituliert man ein wenig die gewesenen Jahre. Diese gemäß dem Untertitel sogenannten 'Lost Tapes' sind eine Zusammenstellung von Tracks aus Live-Sets und Podcast-Episoden geworden, die abseits davon bisher noch nirgendwo Verwendung gefunden haben. Entgegen der kurzen Aufmerksamkeitsspanne des Internets wollte man die fertigen Tracks bis hierhin noch zurückhalten. Jetzt schien ein passender Zeitpunkt gekommen zu sein.

Gleich zu Beginn schaukeln sich auf dem Titeltrack unter regenschauerartigem Rauschen vereinzelt scheppernde Glocken und Crashbecken auf. Die erste Synthesizer-Ekstase ackert auf den Höhepunkt hinzu und noch bevor ein satter Drop kommen kann, ist der Opener schon vorbei. Die volle Aufmerksamkeit ist gegeben. Auf 'Internal Shifts' versucht ein in der DAW nachgestellter Propellermotor zu starten. Aus den Fehlzündungen entstehen die Percussions für das Stück. Dann warpt sich eine Spirale aus Fingerschnipsern, Phasern und Filtern zurecht, die zuletzt durch ein Windspiel unterbrochen wird.

Manchmal hört man raus, dass sich unter besagten 'Lost Tapes' auch ein paar reine DJ-Tools befinden. So wirken manche Stücke eher wie Verbindungselemente zwischen möglichen weiteren Tracks. Das fällt vor allem in den Momenten auf, in denen Innellea vermehrt experimentieren. Stücke wie 'Memogallen' oder 'Luwaia’s Drifting' klingen daher etwas flach und vergleichsweise weniger dynamisch. Bevor bei 'Mumbling Machines' die Shaker reinkommen, glaubt man, einem Dancehall-Riddim entgegen zu kommen.

Einen ersten richtigen Brett-Moment gibt es auf 'Black Pillow'. Bei noch recht zaghafter Kick, verhalltem Dröhnen und moderaten Pads ahnt man zwar, was da kommen wird, tatsächlich baut sich die Kulisse aber in weit über vier Minuten extrem zögerlich auf. Die Genugtuung ist dann das reindonnernde Finish ab 4:44. Diese Handschrift des epischen Spannungsaufbaus findet sich auf dieser Compilation recht häufig.

Auf 'Wood & Stones' startet eine dumpfe Kick und kurbelt den Melodieverlauf nach und nach an. Dann fliegen einmal kurz alle Bässe raus, nur um in einer angestachelteren Formation wiederzukehren. Auch hier verändert sich ab etwa 4:44 der Track ekstatisch. Auf 'Nostromo' haben sich Innellea dann so richtig warmgezockt und hängen bis zum Hals in Rave-Zitaten.

Ein wenig nostalgisch kann man da schon werden. Scrollt man etwa durch die alten Sets, wird hier und da ein Stück von dieser Compilation auffallen. So ist dieses Release vielleicht auch teilweise Kompensation für die derzeitige Pause. Interessant wird zu beobachten, ob und inwiefern sich Innellea als Ein-Mann-Projekt weiter formen wird.

’Prospective Vision' erschien am 3. Juli auf recordJet.

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