Solid Blake im Porträt: Kontraste und kontrollierter Lärm
Solid Blake hat sich durch ihr feines Gespür für Electro und Techno einen Namen in der Clubszene gemacht. Die ersten Schritte als DJ und Produzentin ging Solid aka Emma Blake in Kopenhagen, bildete mit Mama Snake und Smokey die Apeiron Crew und kollaborierte mit dem Dänen Ctrls unter dem Namen Historical Repeater. Seit Anfang des Jahres ist sie Resident in Berlins legendärem Club Tresor. Der rote Faden, der sich durch ihr Schaffen zieht: Kontraste. Und die verwebt die gebürtige Schottin zu elektrisierenden Sets, nicht nur im Tresor, sondern in Clubs in ganz Europa. Wir stellen die DJ, die heute in Berlin lebt, vor.
Emma Blake sitzt auf einem nüchtern-grauen Danish-Design-Sofa in Kopenhagen, der Zoom-Call beginnt, etwas ruckelig zunächst, es fühlt sich an wie zu tiefsten Corona-Lockdown-Zeiten. Draußen weht ein eisiger Wind, aber das macht nichts, an diesem Mittwochabend zwischen zwei Sofas in Leipzig und Kopenhagen.
Die Lockdown-Zeiten sind aber vorbei. Nachdem Solid Blake Anfang Juni 2022 ihr erstes Club Opening nach der Pandemie im gerade wieder eröffneten Tresor in Berlin spielt, geht alles ganz schnell: Die Folge-Gigs im Club sind schnell festgezurrt, aber mehr als das: Kein Dreivierteljahr später verkündet Solid Blake, die im “echten” Leben Emma Blake heißt, dass sie 2023 Resident im Tresor wird.
Ein Riesending, das eigentlich aber gar nicht so überraschend kam, weil der Vibe von Anfang an passte. „Ich mag den neuen Raum, Leute werden mit Respekt behandelt. Und es ist schön, jetzt auch in Berlin eine Homebase zu haben”, sagt sie. „I’m super excited”, der Akzent dabei so unverwechselbar schottisch.
In Glasgow aufgewachsen, zieht Emma Blake mit 21 fürs Masterstudium ins dänische Kopenhagen. „To be a real academic”, sagt sie und grinst in die Webcam. Dass aus der akademischen Laufbahn keine berufliche wurde, dafür kann man ihr im Nachhinein fast nur danken: Solid Blake tingelt, neben ihrem Vollzeitjob bei Ableton, nicht erst seit dem Ende der Pandemie mehr denn je durch Clubs von Madrid bis Vilnius und ist eine der spannendsten Elektro-DJs, die Europas Clublandschaft zu bieten hat.
Mit dem Namen Solid Blake verbindet man vor allem eines: Straighten Electro – aber voller Kontraste. Die gebürtige Schottin hat eine klare Handschrift und schafft ein Spannungsfeld aus Gegensätzen. Sie wechselt zwischen Stilen und Genres, mixt Rhythmen, die zunächst nicht zu harmonieren scheinen, nur um im nächsten Moment das komplette Gegenteil zu beweisen. Egal ob als DJ oder als Producerin: Auch ihren eigenen Releases gibt sie durch Kontraste und Divergenzen im Sound die nötige Kontur. Das, sagt sie, sei der rote Faden, der sich durch ihr Schaffen ziehe.
Mit ihrer EP ‘Mario’, die 2017 auf Outer Zone Records (dem Label des Glasgower Clubs “La Cheetah”) erscheint, ploppt die Schottin erstmals als Producerin auf, deren Palette mehr als glasklaren, metallischen Elektro abdeckt. Ihr zweiter Release ‘Warp Room’ erscheint auf dem Modeselektor-Label Seilscheibenpfeiler und klingt mal nach Industrial, mal nach Techno, stellenweise sogar nach EBM und Bass.
Genauso kontrastreich wie ihre DJ-Sets ist auch ihre monatliche, einstündige Radiosendung auf Rinse.fm. Electro, Techno und irgendwie auch alles dazwischen: In dieser einen Stunde pro Monat spielt Solid Blake ein Best-of der Tracks, die sie in den Wochen zuvor gefunden hat. Das können Banger ihrer Vorbilder wie DJ Stingray sein oder Promos absoluter Newcomer:innen, die ihr zugeschickt werden. „Ich spiele bei Rinse ganz unterschiedliche Sachen, die ich kurz zuvor entdeckt habe. Und auch da sind viele Tracks dabei, die irgendwie laut sind, irgendwie schräg, die vielleicht rhythmisch nicht so viel Sinn ergeben.”
Dabei entstehen Mixe, die nicht unbedingt immer clubtauglich sind, aber Raum zum Experimentieren und Emma Blake mehr Sicherheit geben – eine Sicherheit, die sie zu Beginn nicht unbedingt hatte. „Ich glaube, ich habe angefangen, mehr von diesem Selbstbewusstsein in meine DJ-Sets zu bringen, auch wenn manche Übergänge technisch nicht so einfach zu bewerkstelligen sind." Aber mittlerweile, sagt sie, habe sie gelernt, darüber zu lachen, auch wenn ein Set mal nicht ganz perfekt läuft.
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Ihre Show bei Rinse läuft seit mittlerweile vier Jahren. „Und ich hoffe noch mindestens auf ein Fünftes”, sagt Emma, die schon in Schottland Radio gemacht hat. Noch während ihrer Zeit als Studentin in Glasgow arbeitet sie beim Community Radio “Subcity” und ist so sehr involviert, dass sie sogar ihre Bachelorarbeit auf dem Sofa in der Redaktion schreibt.
Ihre ersten Schritte als DJ und Produzentin geht Solid Blake in Kopenhagen. Dort arbeitet sie im Plattenladen “Dorma 21”, lernt Menschen und Stellschrauben aus der dortigen Clubszene kennen, Ctrls zum Beispiel, mit dem sie unter dem Pseudonym Historical Repeater zusammenarbeitet, aber auch die Künstlerinnen Mama Snake und Smokey, mit denen sie wenig später die Apeiron Crew bildet. Die drei werden nicht nur Residents im Kopenhagener Club “Cluture Box”, sondern machen sich in ganz Europa einen Namen mit ihrem Stilmix aus Electro, House und Techno. 2017 wird es stiller um das Trio.
Aber das, sagt Emma Blake, soll sich 2023 wieder ändern. „Es ist jetzt zehn Jahre her, dass wir angefangen haben, gemeinsam Partys zu veranstalten. Und wir wollen dieses Jahr wieder gemeinsam etwas auf die Beine stellen und zusammen Spaß haben. Vielleicht eine kleine Tour?” Mehr wird noch nicht verraten, aber spannend wird’s auf jeden Fall – auch musikalisch. „Unsere Stile haben sie eventuell in andere Richtungen entwickelt, aber unterschiedliche Stile hatten wir schon immer”, sagt Solid Blake. Das sei auch das Steckenpferd der Crew gewesen.
Ihr Selbstvertrauen habe sie sich über all die Jahre erst erarbeiten müssen, sagt sie. „Natürlich bin ich ziemlich gesprächig und habe offensichtlich gerne Spaß im Club.” Trotzdem sei da zu Beginn noch viel Unsicherheit durchgesickert.
„Irgendwelche verrückten Tracks in meine Sets einzubauen war dann eher eine Herausforderung an mich selbst, als ein ‘Fuck you’ an die Crowd. Immer mit dem Hintergedanken: Mal sehen, ob ich das hinbekomme –vielleicht klappt es, vielleicht auch nicht”, meint sie ganz bescheiden.
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Mehr Informationen„In meinen DJs-Sets mag ich Dinge am Rande des Chaotischen, die Art von kontrolliertem Lärm. Und ich mag den Kontrast auch in der Stimmung, die ich kreiere, etwa wenn die Musik plötzlich sehr intensiv ist und sich ein bestimmter Vibe dann wieder zurückzieht. Solche krassen Sprünge können die Leute auf dem Floor aber auch verschrecken”, sagt sie und lacht. „Aber ich glaube, ich bin besser darin geworden, wie man das macht.”
Und was hilft gegen Lampenfieber? Gute Vorbereitung, klar. „Ich mache gerne mein eigenes, kleines Solo-back-to-back beim Putzen”, sagt die DJ und grinst. Ihr Tipp: Wer beim Putzen einen Mix aufnimmt, muss genauso schnell reagieren wie etwa während eines Back-to-back-Sets mit anderen DJs im Club. Track 1, Badewanne putzen, nächster Track, Waschbecken, nächster Track, Staubsaugen. Ergibt Sinn. Und macht Bock auf einen verregneten Sonntag zum Putzen mit Solid Blake.
Seit April 2021 pendelt Emma Blake zwischen Kopenhagen und Berlin. Während Partner und Freund:innen in Dänemark bleiben, kommt ein neuer Job als Copywriterin bei Ableton in Berlin ins Spiel. Eigentlich perfekt, sagt sie, weil sie nun auch beim Arbeiten übers Musikmachen nachdenken müsse und neue Techniken zum Ausprobieren geradezu auf dem Präsentierteller warteten. Und der Teller wird angerichtet. Seit ‘Warp Room’ hat Solid Blake vor allem Remixe und Tracks auf Compilations veröffentlicht. Das soll sich 2023 aber ändern, sagt sie. „Ich möchte alles, was ich in den vergangenen Jahren gelernt habe, in ein Album einfließen lassen. Wenn ich das Premaster noch vor Ende des Jahres abschicken kann, dann bin ich zufrieden.”
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