Eine gewisse Bekanntheit erlangte der noch junge amerikanische Hersteller vor wenigen Jahren bereits mit dem Instrument 1, das durch sein eigensinniges Konzept speziell Gitarrist*innen und Spieler*innen anderer Saiteninstrumente ansprechen will. Der jüngste Streich des Herstellers ist das durch ein Kickstarter-Projekt verwirklichte Artiphon Orba, ein laut Hersteller intuitiv zu bedienender Synthesizer, Looper und Controller “designed for your hands“. Ob das spielerische Konzept des Orba aufgeht und sich mühelos kleine Loops und Beats erzeugen lassen, checken wir für euch im Kurztest.
Look & Feel
Einmal aus der charmant gestalteten Verpackung gehoben liegt das halbkugelförmige Artiphon Orba mit seinen knapp 160 Gramm angenehm griffig in der Hand und hinterlässt, trotz Plastikgehäuse, einen sehr wertigen, robusten Eindruck. Im Lieferumfang finden sich zudem ein ca. 90 cm langes USB-Kabel sowie eine knappe Bedienungsanleitung, die mich via QR-Code auf die Herstellerseite weiterleitet. Auf der Oberseite sehen wir die acht “Pads“, die wir uns im Praxisteil des Artikels genauer ansehen werden. Neben den seitlich verbauten Volume-Tastern befinden sich ein On-/Off-Schalter sowie ein 3,5mm-Headphone-/Line-Out und eine USB-C-Buchse.
Der eingebaute Lautsprecher lässt sich durch die unterseitig angebrachten Schutzgitter erahnen. Leider ist der Klang des Lautsprechers eher als zweckmäßig zu bezeichnen und schon bei erhöhter Lautstärke fiel mit unangenehmes Clipping auf. Das dank des verbauten Vibrationsmotors haptische Feedback beim Spielen von Noten ist jedoch ein nettes Feature und fügt sich gut in das “Hands-On“-Konzept ein.
Praxis
Bespielt wird Orba mit den acht Pads, die sich rund um das Artiphon-Logo in der Mitte des Instruments befinden. Diese erkennen Position und Druck des Fingers und ermöglichen so verschiedene “Gesten“ – ziehe ich beispielsweise meinen Finger von innen nach außen, öffnet sich der Filter des vorab eingestellten Bass-Presets. Auch das Neigen des Orba erzeugt bei gehaltener Note je nach Preset verschiedene Effekte wie Pitch-Bends oder ein längeres Sustain. In der Praxis erweist sich das Spielen mit den sensitiven Pads samt ihrer Funktionen als etwas knifflig. Die fingerbreiten Pads sind sehr fein abgestimmt und es erfordert ein wenig Übung einzelne Noten sauber und präzise einzuspielen.
Der im Zentrum liegende A-Taster spielt bei der Bedienung des Orba eine wichtige Rolle. So lässt sich bei gehaltener Taste eins der vier zur Verfügung stehenden Instrumente (Drum, Bass, Chord & Lead) anwählen, Tempo und Oktave (nicht aber Ton-Skala, dies ist nur mithilfe der Desktop- bzw. Smartphone-App möglich) bestimmen sowie Record-Funktion und Start/Stopp ein- bzw. ausschalten.
Mit gedrückter Rec-Taste signalisieren mir eine rot aufleuchtende LED sowie der Klang des Metronoms, dass der Looper scharf geschaltet ist. Mit der ersten gespielten Note wird der Startpunkt des Loops gesetzt, den Endpunkt hingegen bestimmt man mit einem Druck auf den A-Taster, wobei auch immer gleich zum nächsten Instrument gewechselt wird. Hierbei fällt mir leider auf, dass der laufende Loop beim Wechseln des Instruments kurz aussetzt und gehaltene Noten verstummen lässt, was den Workflow, der nunmal um den eingebauten Looper konzipiert ist, ungemein behindert. Unschön ist auch, dass man dank der Overdubbing-Funktion beliebig viele Loops innerhalb der vier Instrumenten-Spuren einspielen kann, es aber keine “Undo“-Funktion für einzelne Takes gibt. Hat man sich bei dem zuletzt aufgenommenen Take also verspielt, muss man also gleich die komplette Spur des jeweiligen Instruments löschen und erneut aufnehmen.
Organisiert und gelagert werden die Sounds der vier Instrumente sowie zuvor fertiggestellte Loops in der Orba App. Diese wird sowohl für Windows und Mac als auch für iOS kostenlos angeboten (die Android-Version befindet sich aktuell in der Beta-Phase). Der Datenaustausch erfolgt hierbei entweder über das mitgelieferte USB-Kabel oder kabellos über Bluetooth. Artiphon stellt Orba-Usern eine Handvoll Soundpacks verschiedenster Stilrichtungen zur Verfügung, die sich selbst im laufenden Betrieb bequem in die Hardware laden lassen.
Eigene Drum-Samples oder Eingriffe in die Synth-Engine des Orba ermöglicht die Software nicht und grundsätzlich ist die Qualität der verschiedenen Sounds bestenfalls als ganz okay einzuordnen. Im Settings-Menü der Anwendung lassen sich kleinere Einstellungen am Gerät vornehmen und die Firmware aktualisieren.
Zwar fehlt ein ausgereifter MIDI-Editor, doch finden sich auf der Herstellerwebsite viele Tutorials und Beispiele, wie sich Orba mit der DAW nutzen lässt. In Verbindung mit einer MIDI-fähigen DAW ist Orba ein ausgewachsener, MPE-fähiger MIDI-Controller, der dank der sensitiven Pads und der bewegungsgesteuerten Gesten unzählige Möglichkeiten mit sich bringt, was in Anbetracht des niedrigen Kaufpreises einen enormen Mehrwert für das DAW-basierte Homestudio mit sich bringt.
Fazit
In der Zeit, in der ich mich mit dem Orba auseinandergesetzt habe, wirkte das handliche Instrument oft nicht ganz ausgereift. Das ausgeklügelte, innovative Konzept ist definitiv zu loben, doch kleinere Bugs, fehlende Funktionen sowie eine knappe Auswahl an mäßigen Sounds schmälern das Vergnügen und ließen mich das Instrument oft nach kürzester Zeit wieder aus der Hand legen. Jedoch muss erwähnt werden, dass der Hersteller kontinuierlich an der Firmware arbeitet und ein offenes Ohr für seine Community hat. Das Artiphon Orba kann also, sofern die Kinderkrankheiten ausgemerzt und fehlende Funktionen nachgeliefert werden, ein spaßiges Groove-Tool für unkomplizierte Sessions auf dem Sofa oder unterwegs sein.
Pro
Einzigartiges, innovatives Konzept
Vielfältige Spielmöglichkeiten
Touch- & Drucksensitive Pads
Smartes, griffiges Design
Robuste Verarbeitung
Haptisches Feedback
MIDI-/MPE-Funktionalität
Kontra
Fehlende, essenzielle Funktionen
Klang des Lautsprechers
(Noch) kein MIDI-Editor
Kleinere Bugs der Looper-Funktionen
begrenzte, mäßig klingende Soundauswahl
Preis:
89,00 EUR
Weitere Informationen gibt es auf der Webseite von Artiphon.
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