Test: ASM Hydrasynth / Wavetable Synthesizer

Test: ASM Hydrasynth / Wavetable Synthesizer

Tests. 7. Februar 2021 | / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Im Jahr 2019 erblickte die chinesische Firma Ashun Sound Machines das Licht der Synthesizer-Welt. Bisher ist die Produktliste des Herstellers jedoch recht kurz: Zwei Versionen des digitalen Wavemorphing Synthesizers Hydrasynth stehen zur Auswahl – einmal mit und einmal ohne Tastatur. Das lediglich fünfköpfige Team um Gründerin Fanny Cheng scheint erfolgreich auf Qualität statt Quantität zu setzen, denn der vielseitige Wavetable Synthesizer gilt als einer der erfrischendsten Neuzugänge des Marktes. Was das Instrument so reizvoll macht, zeigt dieser Test.

Hydrasynth im Überblick

Der ASM Hydrasynth ist ein digitaler Synthesizer mit Fokus auf Wavetable-Synthese. 219 Wellenformen können moduliert, effektiert und miteinander vermischt werden, dabei helfen zwei Filter, fünf Hüllkurven, fünf LFOs und ebenfalls fünf Effekteinheiten à la Reverb, Delay oder Chorus. Die drei Oszillatoren können maximal achtstimmig auf den 49 Keyboard-Tasten gespielt oder über einen stufenlosen Ribboncontroller angeregt werden, polyphoner Aftertouch sorgt für noch mehr Ausdrucksmöglichkeiten und ein Arpeggiator ist selbstverständlich auch mit an Bord. ASM verspricht einen geglückten Kompromiss zwischen hoher Anzahl an Features und intuitiver Bedienbarkeit, was sich auch an den LED-umringten Potis und gleich mehreren Displays zeigt – doch dazu später mehr. Für den Einstieg gibt es 256 Preset Patches, welche auf den 5 Bänken mit je 128 Slots noch reichlich Platz für Eigenkreationen lassen.

ASM Hydrasynth im Detail.

Verarbeitung, Anschlüsse und technische Daten

Dass der Hydrasynth eine Wucht ist, zeigt sich bereits beim Auspacken der Keyboard-Version: 10 kg Gewicht und Abmessungen von 800 x 350 x 103 mm nehmen zwar eine Menge Real Estate im Studio in Anspruch, fühlen sich aber dem Preis angemessen hochwertig an. Gleiches gilt für die Verarbeitung des überaus schicken und soliden Metallgehäuses. Insgesamt sieht die Bedienoberfläche des Hydrasynth einfach oberstylisch und zeitlos aus, bleibt nur zu hoffen, dass der Sound diese Qualitäten teilt. Die vordergründigsten Neuerungen der Keyboard-Version, Tasten und Ribboncontroller, wirken im Vergleich zur restlichen Verarbeitung jedoch weniger ausgereift: Der Touchstrip fühlt sich stellenweise uneben an, was sogar die Spielbarkeit beeinträchtigt und die Keys wirken relativ wackelig – erstaunlicherweise synergiert die Bauweise jedoch ganz gut mit ASMs polyphonen Aftertouch.

Die beiden Displays und 23 Potis sind in Sachen Lesbarkeit und Haptik besser gelungen. Gerade die LED-Kränze an den Drehreglern der Mastercontrol-Sektion helfen immens bei der Orientierung, genau wie der raffiniert designte Modul-Select-Bereich: Wo andere Hersteller den Signalfluss nur aufdrucken, hat ASM einfach die Funktionstaster für die einzelnen Module im entsprechenden Layout verbaut.

Rückseitig befinden sich zwei Ausgänge (L/Mono und R) sowie zwei Anschlüsse für Expression- und Sustainpedal, allesamt im 6,35mm-Klinkenformat. Daneben liegen MIDI In/Thru/Out nach DIN-Norm, ein MIDI-fähiger USB-B-Anschluss, der gleichzeitig für Softwareupdates zuständig ist, und der obligatorische DC-In mit Kabelsicherung. Der Powerschalter und eine Kensington Diebstahlsicherung bilden die Schlusslichter der hiesigen Anschlusssektion, weiter geht's an der Vorderseite: Gleich zwei Kopfhörerausgänge (3,5 mm und 6,35 mm Klinke) ersparen die Adaptersuche und zeugen von ASMs Liebe zum Detail.

Ein Rädchen zur unabhängigen Justierung der Kopfhörerlautstärke wurde praktischerweise direkt daneben eingebaut. Zu guter Letzt fehlt noch die Mini Patchbay für CV- und Gate-Signale bestehend aus zwei Eingängen und insgesamt fünf Ausgängen für Pitch, Gate, Clock, Mod1 und Mod2. Der Hydrasynth wird mit reichlich Polsterung, dem passenden Netzteil, einer ausführlichen Anleitung und mehreren Stickern verschickt.

ASM Hydrasynth Anschlüsse.

Oszillatoren und Sound

Die drei Oszillatoren des Hydrasynth zählen für jede der acht Stimmen und können wie eingangs erwähnt 219 verschiedene Wellenformen wiedergeben. Von den üblichen Verdächtigen Sinus, Rechteck und Sägezahn bis hin zu abgefahrenen, obertonreichen Digitalsounds bleiben keine Wünsche offen. Der initiative Sound lässt sich zwar nicht unbedingt mit einem Moog oder ähnlichem Analog Gear vergleichen, ist aber trotzdem druckvoll. Dass der Hydra-Sound trotzdem viel gelobt wird, liegt an den zahlreichen Modulations-Features, mit denen die Klänge zum Leben erweckt werden. Jenseits der Hüllkurven, Filter und LFOs spricht ASM von Mutatoren, die den Sound beeinflussen können.

Zur Verfügung stehen unter anderem Frequenzmodulation via interner Wellenformen oder über die CV-Eingänge, Wavestack für fette Unisono-Detune-Effekte oder Pulsbreitenmodulation – Letzteres kann wohlgemerkt sogar auf alle Wellenformen des Hydrasynth angewandt werden. Egal für welche der vielen Bearbeitungsmöglichkeiten man sich entscheidet, mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt Hydrasynth am Ende ein gewaltiger, cineastischer und lebendiger Sound zu Stande. Besonders Flächenklänge können über den polyphonen Aftertouch expressiv zum Leben erweckt werden, ohne auf eine Spielhand verzichten zu müssen.

Filter, LFOs und Hüllkurven

Filter eins kann gemäß elf verschiedener Filtermodelle arbeiten, darunter sieben Lowpass-Varianten mit wahlweise 12 dB oder 24 dB Flankensteilheit und einigen Emulationen bekannter Filter-Sounds wie etwa des Korg MS-20 oder Modular-Gear. Highpass und Bandpass kommen nicht ganz so variabel, aber immer noch in mehrfacher Ausführung daher und als besonderes Schmankerl gibt es noch ein Vowel Setting. Filter zwei arbeitet hingegen als Multimode-Filter und morpht auf einem Potiweg von Lowpass zu Highpass. Bei den sage und schreibe fünf Hüllkurven wurde zusätzlich zu den Staples ADSR noch Delay- und Hold-Funktionen verbaut. Außerdem können die Hüllkurven auf BPM gesynct und geloopt werden.

Auch die fünf LFOs lassen sich auf diese Weise synchronisieren und reichen mit einer Maximalfrequenz von 150 Hz bis in den hörbaren Bereich. Weitere Besonderheiten des LFO sind ein 8-Step-Sequenzer zur genauen Eingabe des Schwingungsverhaltens oder die Möglichkeit, die Amplituden-Peaks abzurunden. Am spannendsten dürfte aber der Poly-Mode der LFOs sein, über den verschiedene LFOs den einzelnen Stimmen zugewiesen werden können. Zusammen mit dem polyphonen Aftertouch entstehen so in Windeseile komplexe und neuartige Klänge.

ASM Hydrasynth Detailansicht.

Effekte, Makros und Co.

Um mit der komplexen und überzeugenden Klangerzeugung mithalten zu können, hat ASM dem Hydrasynth erstklassige Effekte spendiert. Von Chorus, Flanger, Phaser, Tremolo und Rotary bis hin zu Lofi, Kompression und EQ ist für alle etwas dabei. Wie bereits erwähnt sind zusätzlich noch Reverb und Delay mit an Bord, wobei pro Effekt vier verschiedene Unterprogramme zur Auswahl stehen. Justiert wird das ganze über die Makrosektion in der Mitte des Hydrasynth: Jeder einzelne der acht Drehregler kann bis zu acht Parameter auf einmal steuern, wobei die Displays und LED-Kränze für den Überblick im Zuweisungschaos sorgen.

Die Zuweisung der Makros erfolgt schnell und unkompliziert über die Funktionstaster der Modulationsmatrix, erneut punktet ASM mit Workflow-freundlicher Implementierung innovativer Features. Apropos innovativ: Selbst der Arpeggiator des Hydrasynth wartet mit Extrafunktionen auf, die es in sich haben. So gibt es abgesehen von den gängigen Einstellungen für Laufrichtung, Oktavweite, Subdivision, Gate und Swing 64 vorprogrammierte Patterns. Die bringen nicht nur Abwechslung in das doch recht schnell durchschaute Arpeggiator-Prinzip, sondern trösten auch über den fehlenden Sequenzer hinweg.

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Fazit

Eigentlich hat und kann der Hydrasynth nichts, was es nicht schon anderweitig gibt. Wavetablesynthese, polyphoner Aftertouch und Ribboncontroller wurden zwar vermehrt als Besonderheiten des Synthesizers gelobt, sind aber streng genommen nichts Neues. Dennoch ist der Hype um die female fronted Firma Ashun Sound Machines absolut gerechtfertigt, denn der Hydrasynth besticht durch raffiniertes und liebevolles Design, was sich besonders im übersichtlichen Workflow widerspiegelt: Trotz der zahlreichen Möglichkeiten, auf das Klangbild einzuwirken, fühlt sich der Hydrasynth in seiner Bedienung angenehm direkt an. Keine Menütaucherei, aber reichlich Sound – das einleitende Statement zur geglückten Symbiose aus Klangvielfalt und Bedienbarkeit lässt sich also guten Gewissens bestätigen. Die Leidenschaft, mit der ASM ihre Produkte entwickeln, spiegelt sich auch im Software-Support wider, wobei die bisherigen Updates neben Bugfixes sogar regelmäßig neue Klangelemente mit sich brachten. Der hohe Preis für den Hydrasynth kann also auch als Investition in die Zukunft gesehen werden, wenn die oberklassige Verarbeitung, der Sound, die Möglichkeiten und der Zugang zu diesen noch nicht genug überzeugen. Wer das Geld hat, sollte den Hydrasynth definitiv auschecken.

Pro

Unfassbar vielseitige Klanggestaltungsoptionen
Lebendiger, voller Sound trotz DSP
Hochwertige Verarbeitung

Kontra

Keyboard und Ribboncontroller weniger hochwertig

Preis:

1219,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Ashun Sound Machines.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit Ashun Sound Machines , DSP , Hydrasynth , keyboard , Test , Wavetable

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