Behringer JT-4000 Micro – Hybrider Mini-Synthesizer im Test

Behringer JT-4000 Micro – Hybrider Mini-Synthesizer im Test

Tests. 20. Juni 2024 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Jakob Weber

Im Oktober 2023 bringt Behringer mit dem JT-4000 Micro eine aufsehenerregende Miniatur-Neuinterpreation in Anlehnung an den Roland-JP-8000 auf den Markt. Zwar handelt es sich beim JT-4000 nach dem Pro VS Mini erst um den zweiten Kompakt-Synthesizer aus dem Hause Behringer, dennoch scheut man sich dort nicht, selbstbewusst mit Superlativen zu werben: Der JT-4000 sei der bis dato vermeintlich kleinste Full-Feature-Synth, so lautet es im Vorstellungsvideo auf YouTube. Und zweifellos: Er ist wirklich verdammt klein. Was klanglich und Feature-technisch auf so begrenztem Raum tatsächlich noch möglich ist und an welche Zielgruppe sich dieser Synthesizer im Mikro-Format genau richten könnte, werden wir in diesem Test genauer beleuchten.

Quick Facts

  • Geringe Größe
  • Zwei virtuell-analoge Oszillatoren
  • 4-fache Polyphonie
  • zwei LFOs
  • Arpeggiator

Verarbeitung und technische Daten

Er hat nicht nur die bis heute andauernde Ära der virtuell-analogen Synthesizer maßgeblich mit eingeläutet: Mit seinen unverkennbaren Presets avancierte der Roland JP-8000 auch schnell zum musikalischen Zentralorgan des Trance-Sounds, der in der zweiten Hälfte der Neunziger Jahre ohne den Klang der Supersaw eigentlich kaum zu denken war.

Während die Popularität von Trance in den letzten 26 Jahren nur wenig geschrumpft ist, hat sich bei der Größe von Hardware-Synths durch immer kleinere und effizientere Chips einiges getan: Der JT-4000 kommt mit einer spektakulär kleinen Größe von 130 x 93 x 36 mm daher.
Zieht man dazu sein zierliches Gewicht von 150 Gramm in Betracht, darf man dabei zweifelsohne von einem Hosentaschen-Format sprechen.

Das Plastikgehäuse sowie alle verbauten Bedienelemente machen – mit Rücksicht auf Preis und Größe – einen durchaus solide verarbeiteten Eindruck. Die kleinen Potis besitzen einen spürbaren und gut kontrollierbaren Drehwiderstand. Paradoxerweise ist dieser teilweise so stark, dass man das kleine Gerät beim Drehen festhalten muss, damit es sich nicht mitdreht. Dem lässt sich allerdings mit einem Stück doppelseitigem Klebeband erfolgreich entgegenwirken.

Anschlüsse, Keybed und Display

Das Touch-Keybed verfügt über 16 Tasten und genügt zum Explorieren und Anspielen einfacher melodischer Ideen. Es reagiert zuverlässig und ohne spürbare Latenz auf Berührungen. Wer die vierfache Polyphonie der kleinen Kiste richtig auskosten will, der ist jedoch ganz klar auf ein externes Keyboard angewiesen. Hier unterstützt der JT-4000 dann sogar Anschlagsdynamik und Aftertouch – nicht übel.

In Sachen Konnektivität muss man am JT-4000 mit dem absolut Notwendigsten auskommen: Stromversorgung, MIDI-Input, Sync sowie das Laden und Speichern von Patches im Sysex-Format erfolgen allesamt über den verbauten USB-C-Anschluss.

Behringer JT-4000 Micro Anschlüsse.

Auf der Vorderseite befindet sich außerdem ein Kopfhörerausgang, der per 3,5mm-Stereoklinke zugleich auch als einziger Summenausgang dient. Das Signal ist klar und weitgehend rauschfrei.
Weitestgehend, denn der Resonanz-Poti, der durch seine Doppelfunktion viel in Benutzung ist, ist nur mit sehr geringem Abstand über dem Ausgangskabel platziert. So kann es beim versehentlichen Berühren des Kabels hier und da mal ein Knacken oder andere kleine Artefakte hinterlassen.

Hier ist also durchaus Fingerspitzengefühl gefragt. Das Display ist beim überraschend Menü-lastigen Workflow des JT-4000 unverzichtbar. Verbaut ist dazu ein OLED-Display, das zwar eine helle und scharfe Abbildungsqualität bietet, aufgrund seiner Größe bei längerer Nutzung aber dennoch anstrengend für die Augen werden kann.



JT-4000: Oszillatoren und Sound

Wie auch bei seinem 90er-Jahre-Vorbild arbeiten im JT-4000 als zentrale Klangquelle zwei Oszillatoren mit "Analog-Modelling", also digitaler Emulation. Der erste Oszillator kennt die Wellenformen Supersaw, Sägezahn, Quadrat, Dreieck mit FM-Option – der zweite verfügt über die Wellenformen Noise, Sägezahn, PWM, Dreieck.
 Damit ist eine hörenswerte Bandbreite unterschiedlicher Soundcharakteristika möglich.

Besonders der Supersaw-Oszillator, der sich per Detune-Parameter stufenlos verstimmen lässt, erzeugt im Handumdrehen klangliche Reminiszenzen an Early-90s-Trance, in dessen musikalischer DNA der immer etwas träumerisch klingende Sound ein unverzichtbarer Teil war. 

Supersaw nimmt als einzige Wellenform Oszillator 1 und Oszillator 2 zugleich in Beschlag. Das Lautstärkeverhältnis der beiden Oszillatoren zueinander lässt sich am JT-4000 leider nicht steuern – es gibt also nur an oder aus. Dafür lässt sich in den meisten Wellenformen eine Ringmodulation auf das Signal legen. Ein verbauter 12-Bit-Audiowandler sorgt dabei für den authentischen Klangcharakter des JP-8000.

Das kleine Gerät klingt wirklich großartig. Egal ob man den Sound seines Vorgängers kennt oder nicht – man muss dem JT-4000 unweigerlich einen satten und warmen Klang bescheinigen, der auf eine bestimmte Weise angenehm bekannt wirkt. Naturgemäß klingen die Sounds pur noch ein wenig trocken, erwachen dann aber spätestens mit einer kleinen Dosis an externen Effekten so richtig zum Leben. Zum Speichern von Presets stehen auf dem JT 4000 32 Speicherplätze für Presets zur Verfügung.

 

Filter, Hüllkurve und LFO

Zur Bearbeitung von Sounds arbeitet im JT-4000 ein echt-analoges Low Pass-Filter, das am Ende der Signalkette für alle vier Stimmen greift. Über zwei Potis auf der Oberseite des Gerätes lassen sich Cutoff-Frequenz und Resonanz direkt ansteuern. Über ein Untermenü lässt sich auch die Hüllkurve des Filters bearbeiten.


Selbst bei geringem Attack-Wert bleibt der Klangcharakter des Filters dabei eher weich – Transienten mit sehr aggressiven Anschlag sind dagegen schwierig zu erzeugen. Damit eignet sich der JT-4000 vor allem für Pads, Leads und runde Bässe als für scharfe, perkussive Klänge.

Behringer JT-4000 Micro von oben.

Im JT-4000 können zwei LFOs verschiedenen Modulationsquellen zugewiesen werden. Mit LFO-1 lassen sich das Filter sowie Parameter wie Detune, pulsweise zur Veränderung der Wellenform ansteuern. LFO-2 steuert dagegen mit fester Zuweisung den Pitch-Wert. Zusammen mit bisher drei verfügbaren Schwingungsformen Sägezahn, Dreieck und Rechteck ergeben sich damit durchaus einige Möglichkeiten, den Klängen Dynamik und Leben einzuhauchen.

JT-4000: Arpeggiator und Chord-Mode

Es überrascht angesichts der Größe kaum, ist aber dennoch etwas enttäuschend: Der kompakte Synthesizer hat keinen eigenen Sequenzer an Board: Man ist somit auf einen externe MIDI-Quelle angewiesen, wenn man mit dem JT-4000 Loops und Pattern erzeugen will.
Dafür verfügt der Knirps jedoch über einen rudimentären Arpeggiator, der die altbewährten Bewegungsmotive Auf, Ab und Auf & Ab kennt. Zudem können Timing und Swing-Faktor eingestellt werden.

Der Arp kann jeweils nur global aktiviert und deaktiviert werden. Dadurch ist es leider nicht möglich, die eingestellten Parameter in einen Patch einspeichern, was gerade aufgrund des nicht vorhandenen Sequencers ein durchaus brauchbares Feature wäre.
Mit dem letzten Firmware-Update spendiert Behringer dem JT-4000 außerdem einen zusätzlichen Auto-Chord-Modus. Damit lassen sich über direkt das Keyboard nun auch folgende Akkorde-Gruppen anspielen: Octave, 4th, 5th, Major, Minor, EDM1, EDM2 und Jazz.

JT-4000: Bedienung und Workflow

Der JT-4000 besitzt eine flache und einsteigerfreundliche Lernkurve. Die wenigen wichtigen Features und Grundfunktionen sind leicht überschaubar und auch ohne Blick in das eher trocken gestaltete Handbuch schnell durchdrungen. Und dennoch hält die Bedienungsweise des kleinen Instruments einige gewöhnungsbedürftige Besonderheiten parat.

Neben dem Volume-Regler gibt es auf der Oberfläche des Gerätes nur drei weitere Drehregler: Einen Select-Regler mit zusätzlicher Klick-Funktion sowie den beiden Reglern für Filter-Cutoff und Resonanz. Diese drei besitzen eine Mehrfachfunktion. Je nach ausgewähltem Menü ändert sich auch die Funktion der Drehregler. So können damit z. B. auch Hüllkurven bearbeitet oder die LFO-Amount eingestellt werden.


Verlässt man ein Untermenü wieder, so kehren die Potis wieder in ihre ursprüngliche Funktion zur Steuerung des Filters zurück. Zwar soll sich laut Handbuch der aktuelle Parameter erst dann wieder ändern, wenn der Regler auf 9 Uhr gedreht wurde, um ungewolltes "Springen" von Einstellungen zu vermeiden. In der Praxis passieren diese abrupten Sprünge dann aber doch immer, was das präzise Einstellen von Parametern teilweise etwas unkontrollierbar macht.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Zum schnellen und intuitiven Jammen sind die Drehregler am JT-4000 insgesamt etwas zu rar. Auch mit Doppelbelegung lassen sich immer nur zwei Parameter parallel bearbeiten. Will man beispielsweise den Filter-Cut-off reduzieren und direkt danach die Release-Time bearbeiten, muss man zuerst per Button in das Hüllkurven-Menü und dort zur zweiten Seite scrollen. Natürlich gibt es auch hierfür mögliche Workarounds: Per MIDI-CC lassen sich nahezu alle Parameter am JT-4000 über ein separates Gerät ansteuern – das ist natürlich lobenswert, bleibt aber dennoch etwas umständlich.

Die Programmierung neuer Sounds im Gerät selbst ist möglich – dadurch, dass die wichtigen Parameter dazu allesamt über Menüs ausgewählt und bearbeitet werden müssen, geht das eher schwerfällig von der Hand. Ein Online-Editor mit einfacher Visualisierung dürfte vor allem Einsteiger:innen in die Welt der Klangsynthese dabei helfen, die Möglichkeiten der verbauten Oszillatoren besser zu verstehen. Hierzu bietet Behringer derzeit leider noch keine eigene Lösung an, wodurch man auf die mittlerweile glücklicherweise verfügbaren Alternativen von Fremdanbietern angewiesen ist, wie z. B. der erst kürzlich erschienene Editor von Momo Müller.

Alternativen

Fazit

Der JT-4000 beweist, dass es möglich ist, einen Klangerzeuger mit großartigem Sound in faszinierend kleinem Format zu entwickeln. Radikale Einfachheit ist ganz klar das Kernkonzept dieses Gerätes. Der JT-4000 ist zugleich aber auch ein Beleg dafür, dass im gegenseitigen Größen-Unterbietungskampf der Mini-Synthesizer ab einem bestimmten Punkt spürbare Kompromisse gemacht werden müssen. So inspirierend Minimalismus und selbstauferlegte Limitierung beim Musikmachen manchmal auch sein mögen: Einige essentielle Features vermisst man am JT-4000 gerade aufgrund seines guten Klangbildes dann doch sehr schnell: Der fehlende Sequencer dürfte insbesondere bei Personen, die von der Arbeit mit DAW kommen und für die der JT-4000 der Einstieg in die Hardware-Welt ist, schmerzlich vermisst werden. Aber: Das kleine Gerät bringt, ganz anders als seine vergleichsweise schwergewichtigen Vorbilder, durch seine Größe und Unscheinbarkeit eine gewisse Leichtigkeit beim Musikmachen. Es soll nicht despektierlich klingen, aber: Der JT-4000 Micro sieht aus und fühlt sich an wie ein Spielzeug, lädt aber gerade dadurch auch zum spielerischen Experimentieren ein. Besonders attraktiv dürfte der kompakte Synth aber in erster Linien für nostalgische Fans des 90er-Supersägezahn-Sounds sein, denen eine originaler JP-8000 oder JP-8080 bisher zu sperrig oder kostspielig war. Hier kann man uneingeschränkt zum Zuschlagen raten.

Gesamtwertung:
3,5 von 5,0
Qualität:  
4,0 von 5,0
Klang:  
3,5 von 5,0
Preis-Leistung:  
5,0 von 5,0

Pro

Vierfache Polyphonie
Ultra-kompaktes Format
Geringer Preis 

Kontra

Kein Sequencer
Kein Desktop-Editor

Preis:

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Behringer.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit Behringer , JT-4000 Micro , kompakt , Mini-Synthesizer , Polyphon , Virtuell-Analog

Deine
Meinung:
Behringer JT-4000 Micro – Hybrider Mini-Synthesizer im Test

Wie findest Du den Artikel?

ø: