Nachdem Behringer eine Reihe interessanter Synthesizer-Clones wie den 2600, Model D und Pro 1 auf den Markt gebracht hat, stehen mittlerweile verstärkt Eigenentwicklungen auf dem Programm. Neben dem bereits 2018 veröffentlichten Neutron gibt es nun mit dem Proton einen weiteren Zuwachs. Wir haben den schicken blauen, semimodularen Synthesizer mit seiner komplett analogen Klangerzeugung durch unseren Testparcours gejagt und berichten über unsere Eindrücke.
Quick Facts
- Semimodularer Analogsynthesizer
- Zwei Oszillatoren
- Zwei Multimode-Filter
- Patchbay
- Synthesizer für Klangbastler:innen
Behringer Proton
Der Behringer Proton ist ein kompakter Synthesizer, der ohne eigenes Keyboard auskommen muss, dafür aber bei Bedarf in ein Eurorack-Gehäuse eingebaut werden kann. In einem Eurorack benötigt er 80 TE und eine Stellfläche von 424 x 94 x 136 mm, wenn er als Desktop-Gerät genutzt wird. Das Metallgehäuse mit Holzseitenteilen ist gut verarbeitet und wiegt 2 kg. 68 Bedienelemente stehen für Parameteränderungen zur Verfügung, Speichermöglichkeiten gibt es nicht.
Der Behringer Proton verfügt über eine analoge Klangerzeugung mit klassischer VCO-, VCF-, LFO- und Hüllkurvenausstattung und ist intern vorgepatcht, sodass er direkt spielbar ist. Das optional einsetzbare Patchfeld bietet mit 64 Patchpunkten zusätzliche Möglichkeiten für das Sounddesign und die Integration externer Audio- und Steuersignale. Behringer verlangt 399 Euro für das Gerät, das inklusive Netzteil, USB-Kabel und zwei Patchkabeln geliefert wird.

Klangerzeugung
Der Behringer Proton verwendet zwei baugleiche analoge Oszillatoren zur Klangerzeugung. Beide bieten die Wellenformen Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rechteck und ToneMod, wobei die jeweils direkt benachbarten Wellenformen optional überblendet werden können. Die Oktavlagen der VCOs sind über einen Range-Taster individuell wählbar, hier stehen die Optionen 32', 16' oder 8' zur Verfügung. Leuchten alle drei Octave-LEDs, lassen sich die Oszillatoren über zehn Oktaven spielen. Beide Oszillatoren können mit dem Tune-Regler fein abgestimmt, mit der Sync-Taste synchronisiert oder mit der Para-Taste zweistimmig (paraphon) gespielt werden. Das Lautstärkeverhältnis ist mit dem OSC-Mix-Regler einstellbar und für beide Oszillatoren können Sub-Oszillatoren, die eine Oktave tiefer gestimmt sind, hinzugemischt werden. Für die Sub-Oszillatoren lassen sich eigene Wellenformen wählen. Darüber hinaus gibt es den optionalen Wavefolder, mit dem komplexe Obertöne erzeugt werden können. Vier Modi stehen zur Auswahl, Symmetrie und Anzahl der Faltungen sind per Drehregler einstellbar. Um den Sound etwas "dreckiger" zu machen, kann weißes Rauschen hinzugefügt werden.

Klangformung
Zur Klangformung ist der Behringer Proton mit zwei unabhängigen 12 dB/Oktave Multimode-Filtern ausgestattet. Beide können als Tiefpass, Bandpass oder Hochpass verwendet werden und haben einen Regelbereich von 10 Hz bis 15 kHz. Als Ergänzung gibt es eine ebenfalls steuerbare Resonanz, die bis zur Selbstoszillation reicht und deren Klang über einen Soft-Taster einstellbar ist. Die Modulation der Filter kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen. Einerseits kann sie per LFO individuell vorgenommen werden, andererseits ist auch eine gemeinsame Modulation durch Drücken des Link-Tasters möglich. Dabei können sowohl gleich- als auch gegenläufige Bewegungen realisiert werden.
Die Modulationstiefe ist für beide Filter individuell wählbar, auch alternative Modulationsquellen wie Velocity, Modwheel und Aftertouch stehen zur Verfügung. Die Filter können zudem über eine gemeinsame Hüllkurve gesteuert werden und auch ein Keyboard-Tracking ist möglich. Mit dem Filter-Mix-Regler lässt sich bestimmen, wie die Signale in den nachgeschalteten Verstärker (VCA) gelangen. Der Proton ist mit zwei Verstärkern ausgestattet, die über Bias-Regler und eine gemeinsame Hüllkurve kontrollierbar sind.
Modulation
Der Proton bietet zwei Hüllkurven, die werkseitig den Filtern und VCA zugeordnet sind. Beide können unabhängig voneinander im schnellen oder langsamen Modus verwendet werden und bieten eine optionale Retrigger-Funktion.
Als weitere Modulationsquelle stehen zwei LFOs zur Verfügung. Beide haben eine Rate von 0,01 Hz bis 200 Hz, individuell wählbare Modulationstiefen und bieten die Wellenformen Rampe (umgekehrter Sägezahn), Rechteck, Sägezahn, Dreieck und Sinus. Die Wellenformen lassen sich umschalten oder überblenden (mischen), außerdem stehen die Funktionen 1-Shot, Sync, Retrigger und Keyboard Tracking zur Verfügung.
Das Behringer-Gerät verfügt zudem über zwei ASR-Hüllkurvengeneratoren, die in Verbindung mit der Patchbay verwendet werden können. Diese verfügen über eine Loop- und Bounce-Funktion (abwechselnd vorwärts/rückwärts) und können invertiert werden. Zusätzlich gibt es Reverse und Retrigger.
Utilities
Unter dieser Bezeichnung gibt es noch eine kleine Sektion mit vier Reglern in unmittelbarer Nähe zur Patchbay. Der CV-Mix summiert die beiden LFOs bzw. die an der Patchbay anliegenden Steuerspannungen. Zwei Bedienelemente erlauben die Steuerung der Steuerspannung und optional deren Invertierung. Außerdem gibt es einen Portameto-Regler.
Patchbay
Die Patchbay des Proton befindet sich auf der rechten Seite. Es stehen 40 Eingänge zur Verfügung, die Audio- oder CV-Spannungssignale (-5 bis +5 V) von internen oder externen Quellen empfangen können. Für ein umfassendes Sounddesign stehen zahlreiche Eingänge für Oszillatoren, Wavefolder, Filter, VCA, LFO, Hüllkurven etc. zur Verfügung.
Ergänzt werden diese durch 20 Ausgänge, die ebenfalls Audio- oder CV-Spannungen ausgeben und in externe Geräte oder den Behringer Proton selbst eingespeist werden können. An den Ausgängen lassen sich die Signale der Oszillatoren, des Wavefolders und der Filter sowie die Steuerspannungen der Hüllkurven, LFOs etc. abgreifen.
Rückseite
Auf der Rückseite des Synthesizers befinden sich eine Reihe von Anschlüssen, die jedoch nur genutzt werden können, wenn das Gerät nicht in einem Eurorack-Case eingebaut ist. Der Proton bietet einen 6,3-mm-Audio-Ein- und Ausgang (Alternativen finden sich in der Patchbay) und einen separat regelbaren Kopfhörerausgang. Außerdem ist eine MIDI-Thru-Buchse vorhanden, die die Signale der MIDI-Eingangsbuchse auf der Oberseite durchschleift. Eine USB-B-Buchse dient dem Datenaustausch mit einem Computer und ein Dip-Schalterfeld ermöglicht die Konfiguration des MIDI-Kanals.

Bedienung & Sound
Die meisten Funktionen des Proton lassen sich recht intuitiv bedienen, da man alle Parameterwerte über Regler oder LEDs ablesen kann. So lassen sich die Fußlagen der Oszillatoren und deren Wellenformen wählen, die nachgeschalteten Filter einstellen, per LFO und Hüllkurven modellieren etc. Ergänzend dazu gibt es sogenannte "Second-Panel-Funktionen", die über recht komplexe Tastenkombinationen erreichbar sind und z. B. das Mischen von Oszillator- und LFO-Wellenformen, die Nutzung alternativer Modulationsquellen für Filter oder die Belegung des Assign-Eingangs erlauben. Wer sich diese Bedienschritte nicht merken kann oder will, kann das Ganze auch recht einfach und übersichtlich mit der Synthtribe-Software am Computer erledigen, die gleichzeitig auch zur Aktualisierung der Firmware nutzbar ist.
Eine weitere große Spielwiese bietet die Patchbay des Behringer Proton. Behringer beschreibt zwar alle Ein- und Ausgänge im Handbuch, liefert aber leider keine Patchbeispiele und nur zwei Patchkabel, was gerade für Einsteiger:innen etwas unschön ist. Natürlich kann man hier auch ohne Vorkenntnisse einfach drauflos experimentieren, aber richtig spannend wird es, wenn man gezielt vorgeht.

Als kleine Einstiegsbeispiele können die Oszillatoren gegenseitig moduliert oder per LFO angesteuert werden. Alternativ kann man zur Erzeugung eines Sync-Sounds auch ein Patchkabel vom ersten Hüllkurvengenerator ADSR1 zu OSC 2 ziehen oder ADSR 1 mit dem Attenuverter 1 (Spannungsregler mit Umkehroption) und dessen Ausgang mit dem Shape von OSC 2 verbinden.
Der Behringer Proton bietet ein recht breites Klangspektrum, das von fetten Bässen über singende Leadsounds bis hin zu perkussiven Kicks, Hihats oder FM-Sounds reicht und über verstimmbare Oszillatoren von brav bis schräg reicht. Die nachgeschalteten Filter ermöglichen in Kombination mit der Resonanz ein 303-artiges Gezwitscher, und auch die bis in den Audiobereich reichenden LFOs erlauben recht eindrucksvolle Verfremdungen.
Alternativen
Fazit
Der Behringer Proton ist ein gelungener Analogsynthesizer, der sich dank seines semimodularen Konzepts sowohl für Einsteiger:innen als auch für fortgeschrittene Klangbastler:innen eignet. Mit den vorgepatchten Signalwegen lassen sich gut klingende Sounds für Musikproduktionen oder Live-Einsätze erzeugen und die optional nutzbare Patchbay erweitert die klanglichen Möglichkeiten noch zusätzlich. Etwas schade ist, dass Behringer dem gut verarbeiteten Gerät keine Patchbeispiele und nur zwei Patchkabel beilegt. Der allerdings recht niedrige Preis von 399 Euro lässt diese Minuspunkte verschmerzen. Wir hatten viel Spaß mit dem Proton und können das Gerät jedem Synthie-Fan empfehlen.
Pro
Guter Analogsound
Filter mit Resonanz (bis Selbstoszillation)
Direkt spielbar dank interner Verschaltungen
Patchbay für Sounddesign
Günstig
Kontra
Keine Patchbeispiele
Nur zwei Patchkabel
Preis:
319,- Euro
Weitere Informationen gibt es auf der Website von Behringer.
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