Test: Behringer TD-3

Test: Behringer TD-3

Tests. 10. April 2020 | / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Kaum ein anderer Synthesizer ist so stark mit dem Sound eines bestimmten Genres verknüpft wie Rolands TB-303 mit Acid-Techno. Die romantische Entstehungsgeschichte vom Verkaufsflop zur Underground-Legende sorgt auch heute, knapp 40 Jahre nach Produktionsstopp des Originals, für Nachfrage. Doch gebrauchte 303s sind wie so oft selten und unbezahlbar, Rolands eigenes Remake, TB-3 (Hier im Test), irgendwie immer noch zu teuer – gibt’s da nicht auch was von Behringer? Na klar! TD-3 heißt das gute Stück und schlägt Rolands TB-3 preislich um die Hälfte. Ob auch der Sound stimmt, zeigt dieser Test: Behringer TD-3.

Behringer TD-3 im Überblick

Die TD-3 von Behringer ist ein analoger, monophoner Basssynthesizer mit einem Oszillator – wahlweise Rechteck- oder Sägezahnwelle – Lowpassfilter, Envelope, Accent und polarisierendem Sequenzer. Letzterer kommt durch die getrennte Eingabe von melodischen und rhythmischen Parametern zwar originalgetreu, aber alles andere als intuitiv daher. Deshalb gibt’s bei Behringers Version die Möglichkeit, mittels kostenloser Software Sequenzen zu verwalten und einzugeben – sehr gelungen. Weitere Neuheiten beim Behringerklon sind Distortion auf dem Master und eine Tastenkombi für zufällig generierte Sequenzen. Apropos Sequenzen: Ganze 56 Patterns mit einer Höchstlänge von 16 Steps passen in die kleine Kiste. Bis zu acht dieser Patterns können als Track zusammengefasst und nahtlos aneinander gereiht werden. Ebenfalls neu ist die kleine Patchbay auf der Oberseite, um die Einsatzmöglichkeiten der TD-3 noch zu erweitern.

Behringer TD-3 von oben.

Verarbeitung und technische Daten

Zumindest augenscheinlich ist Behringers TD-3 nur schwer von Rolands Original zu unterscheiden, sodass bereits beim Unboxing 303 Feeling aufkommt. Wie beim Vorbild besteht das Gehäuse aus leichtem Kunststoff, abgesehen vom klassischen Silber gibt’s den Behringer aber auch in Rot, Blau, Gelb und Schwarz. Das 56 x 305 x 165 mm messende Instrument sieht super schick aus, macht mit 0,8 kg Gewicht aber nicht den stabilsten Eindruck. Das liegt eher am erwähnten Kunststoff als an der Verarbeitung, denn diese ist – wie in letzter Zeit so oft bei Behringer – einwandfrei, besonders bei dem Preis von etwa 150 Euro. Das merkt man auch an den angenehm fest sitzenden und nicht zu leicht regelbaren Potis und Menüschaltern oder den straff sitzenden Kabelbuchsen. Nur die 13 klapprigen Keyboard-Tasten der TD-3 erinnern an Kinderspielzeug, sind aber originalgetreu.

Rückseitig besitzt die TD-3 einen 6,3mm-Klinkenausgang, MIDI Out und Thru im DIN-Format, einen USB-Stecker Typ B, einen Powerschalter sowie den Eingang fürs passende Netzteil. Als Class Complient Device benötigt die TD-3 keinerlei Treiberinstallation und kann neben den DIN-Buchsen auch über den USB-Stecker MIDI-Signale verarbeiten. Wenngleich eher unspektakulär ist das eins der wichtigsten Upgrades zur alten 303, die noch vor der Etablierung von MIDI auf den Markt kam. Weitere Anschlüsse gibt’s bei der neuen Patchbay: Filter in, Sync in, CV out, Gate out und Phones befinden sich als 3,5mm-Klinkenbuchse auf dem Frontpanel der TD-3. So eignet sie sich auch als Erweiterung komplizierterer, semimodularer Setups.

Behringer TD-3: Synth und Sound

Die Behringer TD-3 verfügt über nur einen analogen Oszillator und ist komplett monophon. Zwei Wellenformen stehen zur Auswahl, entweder Sägezahn- oder invertierte Rechteckwelle mit einer tonalen Reichweite von drei Oktaven. Für optimale Stimmstabilität empfiehlt Behringer eine Aufwärmzeit von 15 Minuten, im Test wirkte die TD-3 bereits nach kürzerer Zeit stabil. Nicht nur der Oszillator, auch das resonanzfähige 4-pole Lowpassfilter mit regelbarer Hüllkurve ist analog und integraler Bestandteil des 303-Sounds: Über die Regler Cutoff, Resonance, Envelope, Decay und Accent lassen sich die geloopten Patterns manipulieren, bis es kreischt, pumpt, zwitschert und blubbert. Akzente werden übrigens im Sequenzer gesetzt und beeinflussen je nach Lautstärke das Ansprechverhalten des Filters. Insgesamt besitzt die TD-3 einen nasalen, quäkigen Klang, wie man ihn vom Vorbild kennt und liebt.

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Mehr Informationen

Im direkten Vergleich zur originalen TB-303 sind die Sound-Unterschiede etwa so gering, dass es sich genauso gut um ein anderes 303-Exemplar handeln könnte – schließlich klingt analoges Gear nie gleich. Das gilt natürlich nur, bis man die Distortion der TD-3 einschaltet, die war früher schließlich noch nicht an Bord. Genau wie bei der Patchbay hat Behringer sich hier aber bei vorhergegangenen Remakes inspirieren lassen. Nichtsdestotrotz bringt die Verzerrung frischen Wind in die Sequenzen und passt perfekt ins Adrenalin ausschüttende Klangkonzept. Geregelt wird mittels Distortion- und Tone-Regler; um gainbedingten Lautstärkeschwankungen vorzubeugen gibt’s noch einen Level-Poti. Besonders viel Spaß macht der Tone Knob, der im Uhrzeigersinn wie ein Highpassfilter arbeitet und gegen den Uhrzeigersinn als weiteres Lowpassfilter genutzt werden kann. Zusammen mit den alteingesessenen Features entstehen so im Handumdrehen viele neue Sounds.

Behringer TD-3: Sequenzer und Co

Der Sequenzer der TD-3 ist genau wie bei der alten TB-303 maximal unintuitiv: Zuerst wählt man die Anzahl der verwendeten Schritte – höchstens 16. Dann gibt man im Pitch Mode nacheinander die gewünschten Tonhöhen ein und im Time Mode wird der Rhythmus programmiert. Pausen, Ties, Akzente, Slides und Oktavwechsel bringen abschließend Würze ins Pattern, müssen aber wieder separat eingestellt werden. Das Resultat ist entsprechend selten mit der vorangegangenen Idee zu vergleichen, was zwar auch kreativen Nutzen hat, aber immer mal wieder frustriert. Über Behringers kostenloses SynthTool können die Sequenzen zum Glück auch in angenehmer Piano-Roll-Optik am Computer programmiert werden. Wer den Zufall doch ins Herz geschlossen hat, kann mittels Tastenkürzel Clear und Start/Stop in Windeseile komplett willkürliche Patterns erzeugen – Best of both Worlds made in Germany bzw. China.

Behringer TD-3 Anschlüsse.

Bei genauer Beobachtung fällt auf, dass die Patterns der TD-3 in vier Gruppen aufgeteilt sind. Die Gruppen eins bis drei bestehen aus jeweils zwei Tracks, Gruppe vier nur aus einem. Pro Track gibt es auf zwei Bänken jeweils acht Patterns, also wie eingangs erwähnt 56 Patterns maximal. Die Verschachtelung rührt daher, dass im Track Mode verschiedene Patterns der ausgewählten Patterngruppe verknüpft und nahtlos hintereinander gespielt werden können. Nun zur Patchbay: Über den Filter-In-Anschluss können alternativ zum VCO auch externe Klangquellen in den Genuss des TD-3 Filters gelangen. Sync In und CV Out dienen als vintagegetreue Alternativen zu den „neuen“ MIDI-Anschlüssen in DIN- und USB-Ausführung und der Phones-Stecker ist für den Kopfhörer. Im SynthTool kann zwischen den verschiedenen Clock-Quellen getauscht und der CV-Ausgang kalibriert werden. Außerdem gibt es hier die Möglichkeit, bis zu 16 TD-3 miteinander zu chainen und polyphon zu spielen.

Fazit

Wer auf der Suche nach Sound und Workflow des TB-303 von Roland ist, liegt bei Behringers TD-3 goldrichtig. Optisch und klanglich kaum vom Original zu unterscheiden, erhält man für sehr wenig Geld praktisch ein Stück Musikgeschichte. Nimmt man dann noch die Updates hinzu – MIDI-Kompatibilität, Software Sequencing, Patchbay und Distortion – überzeugt Behringers TD-3 noch mehr und steckt die Konkurrenz locker in die Tasche.

Pro

Originalgetreuer Look und Sound
Kostenloser Pattern-Editor
Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis

Kontra

Leichtes Plastikgehäuse

Preis:

119,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Behringer.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit analog , Behringer TD-3 , Klon , Synthesizer , TB-303 , Test

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