Test: Elektron Analog Four MKII / Analogsynth mit Sequenzer

Test: Elektron Analog Four MKII / Analogsynth mit Sequenzer

Tests. 20. Juni 2024 | 4,5 / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Passend zum Jubiläum der Neuauflage ist es Zeit für einen Artikel über Elektrons Analog Four MKII. Der Sequencer-basierte, vierspurige Synthesizer mit analoger Klangerzeugung bringt neben dem allseits gelobten Workflow der Schweden eine nach wie vor beeindruckende Palette an Features mit sich: Vier identisch aufgebaute Stimmen mit je zwei Oszillatoren, zwei Suboszillatoren, Noise Generator, zwei LFOs, zwei Filtern, drei Hüllkurven und Effekten sorgen für jede Menge Klangfärbungsoptionen. Ob der Analog Four MKII auch grob vier Jahre nach Release noch überzeugt, zeigt dieser Test.

Quick Facts

  • 4 Synthesizer-Stimmen mit überarbeiteter, analoger Klangerzeugung
  • Elektron Sequenzer mit Parameter- sowie Soundlocks und Trig Conditions
  • Verbesserungen für Display, Buttons und Overdrive
  • 4 CV-/Gate-Ausgänge und 2 CV-Eingänge
  • Stereo-Ausgang pro Synth-Voice

Verarbeitung, Haptik und technische Daten

Analog Four MKII wiegt 2,4 kg und misst 385 × 225 × 82 mm. Seit der Neuauflage ist das Gehäuse aus mattschwarzem Metall und die Oberfläche etwas angeschrägt. Stabilität und Style erinnern jetzt mehr an die Digis oder den neuen Syntakt, also alles vom Feinsten. Auch die klapprigen Taster dürften von anderen Elektrons bekannt sein und spätestens seit der Überarbeitung der Hintergrundbeleuchtung ist deren Bedienung nicht nur charakterstark, sondern auch übersichtlich. Das 128 x 64 px OLED-Display hat ebenfalls eine Verbesserung erfahren, ist jetzt größer, schwarzweiß und deutlich lesbarer als noch beim ersten Analog Four.

Mit den zehn präzisen Hi-Res-Encodern lassen sich die vielen Parameter des Synths hervorragend steuern. Abgesehen vom angenehmen Drehwiderstand und den griffig gummierten Kappen haben Elektron noch Velocity-Empfindlichkeit und Durckfunktionen integriert, um das Maximum an Effizienz aus den Drehbewegungen zu kitzeln. Soweit gibt es an der Verarbeitung also nichts auszusetzen, außer vielleicht, dass die vielen Sekundärfunktionen der Taster nur auf das Gehäuse gedruckt und im Dunkeln nicht so gut erkennbar sind.

Auch die rückseitige Anschlusssektion hat ein paar Upgrades bekommen. So gibt es jetzt vier Buchsen im 6,35mm-Klinkenformat für jede der einzelnen Synth-Spuren sowie vier CV-/Gate-Ausgänge in derselben Größe. Hinzu kommen zwei Main Outs, zwei CV-Eingänge, zwei External Ins und der Kopfhörerausgang, alle als große Klinken. Für noch mehr Connectivity sorgen das voll ausgewachsene MIDI-Trio aus In, Out und Thru und ein USB-B-Slot für Firmwareupdates oder Overbridge. Per USB können aber auch MIDI- und DIN-Sync-Signale vom Rechner empfangen werden. Ein Eingang fürs Netzteil und der zugehörige Powerswitch runden das Buchsenarsenal ab.

Über die Audioeingänge können die Oszillatoren einzelner Spuren ersetzt werden, sodass externes Gear in den Genuss von den vielen Effekten und natürlich dem Sequenzer kommt. Die vier Einzelausgänge des Analog Four können über das integrierte Interface flexibel belegt werden. Apropos Interface: Seit OS 1.50 gilt der Synth als Class Compliant USB-Interface und kann sogar mit Smartphones und Tablets verbunden werden. Der Lieferumfang des Analog Four MKII besteht neben dem Instrument selbst aus Netzteil, USB-Kabel und Anleitung.

Die Oszillatoren

Elektrons Analog Four hat seinen Namen von den vier identisch aufgebauten Synthesizer-Spuren, die mit je zwei Oszillatoren arbeiten. Pro Oszillator gibt es einen Suboszillator dazu, dessen Tuning wahlweise eine oder zwei Oktaven sowie eine Quinte unter dem Hauptoszillator liegen kann. Die Wellenform ist dabei immer eine Pulswelle. Was die Hauptoszillatoren betrifft, ist die Auswahl mit Dreieck-, Sägezahn-, Pulswelle und der Mischform Transistor Pulse zwar relativ gering, doch der Clou des Analog Four ist, dass alle Wellen in Waveshape-Manier gemorpht werden können. Dadurch ergeben sich spannende Mischformen, die sich mittels Mini-LFO sogar automatisieren lassen, was es so in der Regel nur für Pulswellen gibt.

Während die beiden Hauptoszillatoren in erster Linie über dieselben Parameter verfügen, gibt es bei Oszillator 2 noch ein Extramenü für Sync- und Amplitude-Modulation-Settings. Damit lassen sich beispielsweise Ringmod oder Vibrato Sounds erzeugen. Der Noisegenerator des Analog Four befindet sich im Menü des ersten Oszillators und kann dort direkt gefiltert oder gestimmt werden, wobei letzteres eher nach Bitreduction klingt. Während die Oszillatoren komplett analog sind, ist der Noisegenerator digital. Um den Synth poly- oder paraphon zu spielen, können die vier Tracks des Analog Four kombiniert werden, was maximal vierstimmiges Spiel ermöglicht.

Filter und Overdrive

Filter und Overdrive von Elektrons größtem Synthesizer sind ebenfalls analog. Das Signal geht zunächst in ein 4-Pole Lowpassfilter im Moog-Stil, von dort zum Overdrive und anschließend in ein 2-Pole Multimode Filter. Letzteres kennt 6 dB und 12 dB Varianten für High- und Lowpassfilter sowie Bandpass, Bandstop oder Peakfilter, was für reichlich Klangfärbungsoptionen sorgt.

Beide Filter sind resonanzfähig und verfügen über Extra-Regler für Key-Tracking und Envelope. Dank der Kombi aus Highpassfilterresonanz und Key-Tracking kann Analog Four seit der MKII Version auch ordentliche Subbässe erzeugen. Auch der Overdrive hat im Zuge der Neuauflage ein Update bekommen und verfügt sozusagen über zwei Voicings: Unterhalb der 12-Uhr-Position des Potis klingt alles wie beim “alten” Analog Four, oberhalb verhält sich der Drive jetzt aggressiver und mehr wie herkömmliche Zerren.

Die Hüllkurven

Für die nötige Modulation der Synth-Patches sorgen drei Hüllkurven – alle digital für maximale Präzision. Während die ersten beiden Envelopes für den AMP und die Filter vorgesehen sind, lässt sich die dritte frei zuweisen. Abgesehen von den regelbaren Parametern Attack, Decay, Sustain und Release gibt es beim Analog Four noch 12 verschiedene Slopes, deren An- und Abklingverhalten grafisch auf dem Display dargestellt werden.

Hier stehen verschiedene Kombinationen aus linearen und exponentiellen Kurven zur Auswahl, inklusive Retrig-Varianten, bei denen die Hüllkurve mit jedem Trigger neu gestartet wird. Abgesehen von der Hüllkurve für den Amp stehen bei den übrigen beiden sogar jeweils zwei Modulationsziele mit eigenen Depth-Reglern zur Verfügung. Weil die Depth-Regler auch ins Negative justierbar sind, lassen sich ziemlich komplexe Sounds erzeugen. Für den optimalen Überblick wird auch das ADSR-Setting als Kurve im Bildschirm angezeigt.

Analog Four von oben.

Die LFOs

Auch die beiden LFOs des Analog Four sind komplett digital gehalten. Die verfügbaren Wellenformen sind relativ unspektakulär: Dreieck-, Sinus-, Rechteck-, Sägezahnwelle und Ramp sowie Sample and Hold sind die üblichen Verdächtigen, etwas aus der Reihe tanzt die Exponential Wave, die praktisch eine Sägezahnwelle mit exponentiellem Abklingverhalten ist. Das Spannende an den LFOs des Analog Four ist, dass es Extra-Regler für Start-Phase und Fade gibt, was zusammen mit diversen Retrig-Optionen von Free über Half bis One die LFOs zu Mini-Envelopes mutieren lässt.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Tempoeinstellung via Time- und Multiply-Regler, wobei die Zeiteinstellung nur in Zahlenwerten zwischen 1 und 127 dargestellt wird. Angaben in Hertz oder Millisekunden wären hier intuitiver. Wie bereits bei den Hüllkurven stehen auch pro LFO zwei Modulationsziele zur Auswahl und LFO2 kann sogar die Parameter von LFO1 ansteuern.

Effekte und FX-Track

Wer sich mit Elektrons Digitakt und Co. auskennt, wird die Hall- und Delay-Effekte des Analog Four wiedererkennen und sich schnell zurechtfinden. Der Supervoid Reverb ist am überschaubarsten gehalten und kommt mit Predelay, Decay, Shelving Gain, High- und Lowpassfilter. Es gibt zwar keine verschiedenen Halltypen, wie Room, Hall oder Plate, doch dank des weitreichenden Decay-Parameters in Kombination mit den Filter- und EQ-Optionen, lässt sich der Klang angemessen shapen und überzeugt mit hochauflösendem Grundsound. Beim Saturator Delay geht es etwas detaillierter daher.

Hier gibt es neben den üblichen Verdächtigen Time und Feedback sogar einen Overdrive und wie beim Reverb High- und Lowpassfilter in der Delay-Schleife. Die Delay-Zeit wird in Relation zur aktuellen bpm bestimmt, allerdings ohne die genaue Subdivision anzuzeigen, sondern wieder nur mit Zahlenwerten von 1 bis 127. Über den Width-Regler kann der Effekt im Panorama verteilt oder in Kombination mit der Ping-Pong-Funktion zum Stereo-Delay verwandelt werden.

Der Wideshift Chorus des Analog Four ist eine schöne Ergänzung der FX-Palette und lässt sich gemäß Predelay, LFO-Time, Feedback, Depth und Stereobreite steuern. Während die FX-Sends im Amp-Menü des jeweiligen Tracks zu finden sind, kann der Chorus parallel an Delay und Reverb geschickt werden, beim Delay gibt es die Möglichkeit, ihn an den Hall weiterzuleiten. Über die externen Eingänge kommen auch andere Instrumente in den Genuss der Effekte und Filter des Analog Four.

Richtig spannend wird’s beim dedizierten FX-Track, der nicht nur für Parameterlocks und Motion Recording im Sequenzer verwendet werden kann, sondern ebenfalls über zwei LFOs verfügt, mit denen sich die verschiedenen FX-Parameter steuern lassen. Mit etwas Know-how kann der Delay mittels LFO zum Flanger mutieren, wer noch einen “normalen” LFO frei hat, kann mit dem Bandpassfilter der Filtersektion auch Phaser-Sounds realisieren.

Workflow und Sequenzer

Der Analog Four MKII von Elektron ist ein Sequenzer-basierter Synthesizer. Es gibt zwar eine rudimentäre Klaviatur mit dem Umfang einer Oktave, doch der Workflow ist stark auf die Noteneingabe via Lauflichtprogrammierung fixiert. Durch die detaillierten Syntheseoptionen lassen sich auch alle möglichen Drumsounds realisieren, weshalb Analog Four durchaus als Groovebox zu bezeichnen ist. Der Input von melodischem Material ist im 303-mäßigen Step-Stil zwar relativ sperrig, doch mittels quantisierter Echtzeitaufnahme ist auch die Live-Eingabe möglich.

Die vier Tracks des Synths können zwischen einem und 64 Steps eine beliebige Länge aufweisen, wobei verschiedenste Auflösungen der Schrittlänge oder diverse Cycle-Optionen für maximale Flexibilität in Sachen polymetrischer Pattern-Erzeugung sorgen. Der Clou bei Elektrons Sequenzern ist, dass pro Step nicht nur Trigger, sondern sämtliche Parameter einprogrammiert werden können, sodass sich auf einer Spur beispielsweise Kicks, Snares und Hihats platzieren lassen. Über den Soundbrowser besteht sogar Zugriff auf die vielen Presets, was eine Menge Synthesearbeit erspart.

Ist die Echtzeitaufnahme aktiviert, können auch Parameterfahrten aufgezeichnet werden. In Kombination mit den vielen LFOs und Hüllkurven des Analog Four sorgt das für noch mehr Bewegung im Patch, sodass sich im Handumdrehen lebendige Patterns erzeugen lassen. Eine weitere Besonderheit der schwedischen Sequenzer ist, dass Trig-Probability, also die Wahrscheinlichkeit, mit der Steps wiedergegeben werden, nicht nur prozentual bestimmt werden kann, sondern auf einem Spielraum von bis zu acht Takten ganz gezielt programmierbar ist.

Dank der vielen und überschaubar strukturierten Menütaster ist es ein Leichtes, sich im Workflow des Analog Four zurechtzufinden. Mit zehn Endlos-Encodern pro Menü ist die Steuerung außerdem ziemlich hands-on gehalten. Besonders gelungen ist der Performance-Modus, der es mit etwas Vorarbeit erlaubt, mehrere Parameter mit nur einem Encoder zu steuern. Das ermöglicht zeitgleiches Justieren verschiedener Tracks oder Funktionen, die eigentlich auf verschiedene Menüs verteilt sind.

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Mehr Informationen

Alternativen

  • Elektron Analog Rytm MKII (1.629 EUR)
  • Elektron Syntakt (789 EUR)
  • Sequential Prophet REV2-8 Desktop (1.799 EUR)

Fazit

Als wären die vielen Klangfärbungsoptionen des Analog Four MKII nicht genug, lassen sich die zahlreichen Parameter durch Elektrons gewohnt umwerfenden Sequenzer hervorragend in Szene setzen. Mit den beiden LFOs und drei Hüllkurven pro Track kann man neben Parameter- und Soundlocks noch mehr Leben in die Soundarchitektur bringen, und der voll analoge Grundsound ist dank überarbeiteten Bässen und dem neuen Overdrive ebenfalls überzeugend. Die zwei zusätzlichen Encoder im Vergleich zu Elektrons Digi-Reihe sorgen für noch mehr Hands-on-Kontrolle und der raffinierte Performance Mode eröffnet flexibelsten Direktzugriff auf sämtliche Parameter. Egal ob Standalone oder als Schaltzentrale – dank Overbridge sogar in Verbindung mit der DAW –, Elektrons Analog Four MKII ist auch vier Jahre nach dessen Erscheinen noch eine Wucht und jeden Euro wert. Nicht nur Elektron-Fans dürften hier auf ihre Kosten kommen, sodass alle, die es sich leisten können, das gute Stück auschecken sollten. Nur wer die MKI Version besitzt, sollte vielleicht zweimal überlegen, denn auch wenn die Neuerungen für Display, Anschlüsse, Gehäuse und Co. zwar durch die Bank gelungen sind, lohnt sich das Upgrade vom “alten” Analog Four nur minimal.

Gesamtwertung:
4,5 von 5,0
Qualität:  
5,0 von 5,0
Klang:  
4,5 von 5,0
Preis-Leistung:  
4,0 von 5,0

Pro

Fetter Analogsound mit verbesserten Bässen und Overdrive
Effiziente Bedienung dank Elektron Sequenzer
Reichlich Modulationsmöglichkeiten und Effekte
Umfassende Konnektivität für Externes Gear

Kontra

Wenig Neues im Vergleich zu MKI
Polyfonie nur auf Kosten anderer Synth-Spuren

Preis:

1689 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Elektron.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit analog , Analog Four MKII , Elektron , groovebox , Synthesizer

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