Wie immer ist die Vorfreude groß, wenn es etwas Neues aus dem Hause Erica Synths gibt. Nach dem Basssynth DB-01 bringt der Hersteller aus Riga endlich auch eine Drummachine auf den Markt und sorgt so für die langersehnte, rhythmische Unterstützung in der Produktpalette. Der LXR-02 ist ein digitaler, sechsspuriger Drumsynthesizer mit eingebautem Sequenzer, Automationen und Effekten, was etwas an Elektrons Digitakt erinnert. Allerdings basiert Ericas Version auf einem beinahe identischen Drummachine-Bausatz von Sonic Potions, die am LXR-02 übrigens mitgearbeitet haben. Wie sich die Drummachine in der Praxis schlägt, zeigt dieser Test.
Verarbeitung, Anschlüsse und technische Daten
Mit dem schwarzen Metallgehäuse passt die LXR-02 hervorragend zur bereits erwähnten DB-1 und dem Zen-Delay, ist mit einer Größe von 230 x 145 x 70 mm und 810 g Gewicht aber weniger wuchtig als die beiden älteren Geschwister. Die allgemeine Verarbeitung ist Erica-typisch wertig, stylisch und solide, allerdings wirkt die LXR-02 insgesamt etwas wackeliger. Das liegt wahrscheinlich an den vornehmlich recht klein gehaltenen Bedienelementen, lediglich der Data-Encoder ist mit den Knobs von DB-01 und Co. vergleichbar.
Die Fader selbst wackeln zwar nicht und wirken angenehm fest, könnten aber etwas größer sein. Das Display und die vier Encoder darunter sind für die Klangregelung und Utility-Funktionen zuständig, durch die verschiedenen Menüs zu wechseln, geht in den meisten Fällen per dediziertem Funktionstaster. Dabei arbeiten die verschiedenen Bedienelemente haptisch gut zusammen: Das Display ist hell genug und aus verschiedensten Winkeln lesbar, die Encoder haben einen angenehmen Drehwiderstand und die beleuchteten Funktionstaster klicken bei Betätigung. Wieder ist die geringe Größe der Bummer, nach etwas Eingewöhnungszeit ist das notwendige Fingerspitzengefühl aber da.
Die Rückseite der LXR-02 wirkt aufgeräumt und ist gut strukturiert. Der Kopfhörerausgang als Miniklinkenbuchse und vier frei zuweisbare Ausgänge im 6,35mm-Klinkenformat machen den Anfang. Es folgen MIDI-In und -Out nach DIN-Norm, ein USB-B-Stecker sowie ein Micro-SD-Kartensteckplatz. Der USB-Anschluss ist vornehmlich für MIDI gedacht, Softwareupdates und Sounds kommen über den SD-Slot ins Gerät.
Abgesehen vom DC-In und dem Power-Schalter gibt es noch eine kleine Patchbay aus drei Miniklinkenbuchsen: Reset In, Clock Out und Clock In. Weniger ist manchmal mehr, allerdings wären zwei weitere Ausgänge, also für jede der sechs Stimmen ein separater Ausgang, schön gewesen. Statt auf externes Gear scheinen Erica Synths und Sonic Potions besonderes Augenmerk auf die inneren Werte zu legen, was sich an den zahlreichen Klangfärbungsoptionen und internen Effekten zeigt – Spoiler-Warnung: Es gibt keinen Reverb.
Dafür Drive, Ringmodulation, Compression und Delay für den Master sowie Filter, FM, Sample Rate Reduction, noch mehr Drive sowie einen LFO pro Stimme, doch dazu später mehr. Im Lieferumfang der LXR-02 befinden sich außerdem das passende 12V-Netzteil und ein Mini-SD-Kartenadapter.
Sound
Die LXR-02 ist komplett digital, klingt aber trotzdem absolut hervorragend. Durch die vielen, miteinander verwobenen Parameter und den äußerst flexibel routbaren LFOs kommt ein Sound wie aus einem Modularsystem zustande: Fett, lebendig und typisch Erica Synths mit viel dystopischem Charme. Egal ob Morph, Sample Reduction, FM, Ringmodulation oder Distortion, die LXR-02 bietet eine Menge Möglichkeiten, den Sound auf herrlichste Art und Weise zu zerstören. Das Ganze passiert bei einer Auflösung von 44,1 kHz und 16 Bit und kann bei Bedarf auch gestochen clean klingen.
Mit etwas Drumsynth-Erfahrung lassen sich jedenfalls in Windeseile auch zahm-gewöhnliche Trommelklänge programmieren. In Form von Clicks können den Oszillatoren sogar noch kurze Samples beigemischt werden, falls dem Sound doch mal die "weltliche" Komponente fehlt. Die Verteilung der regelbaren Parameter auf die Oszillatoren ist insgesamt in Ordnung, gut kuratiert und sorgt wie gesagt schnell für brauchbare Ergebnisse. Besonders die Hüllkurvensteuerung funktioniert lediglich mit Attack, Decay und Slope effizient und musikalisch. Der fehlende Reverb ist bei den Abschwingverhalten jedenfalls erstaunlich gut zu verkraften.
Workflow
Im Voice Modus kann in mehr als sieben Untermenüs am Sound der LXR-02 gebastelt werden, geregelt wird an den vier Parameter Knobs unterm Display. Alternativ lässt sich auch der Data-Encoder nutzen, um durch die verfügbaren Optionen zu blättern. Weil viele Bereiche mehr als vier Parameter beherbergen, passiert das auch recht häufig. Per Push auf den Encoder wird die gewünschte Option ausgewählt und kann dann justiert werden. Leider sind nicht immer die praktischsten Parameter auf der ersten Seite dargestellt, besonders die Velocity Modulation und FX-Einstellungen sind tief im LXR-02-Menü vergraben.
Patterns werden in gewohnter Lauflichtprogrammierung eingegeben und bei aktivem Record Button lassen sich zusätzlich bis zu zwei Automationen in Echtzeit aufnehmen. Trig Probability wird mit dem Tastenkürzel Shift und Voice aktiviert und erlaubt die unabhängige Werteingabe für Pitch, Velocity und Abspielwahrscheinlichkeit. Mittels Shift und Voice-Taster können einzelne Stimmen stummgeschaltet werden. Trotz der geringen Größe der LXR-02 ist bereits beim Muten des Claps oder der Cymbals zweihändige Bedienung gefragt. Das FX-Menü und die anderen, doppelbelegten Step-Taster sind ebenfalls nicht mit nur einer Hand erreichbar.
Was das fixe Stummschalten der Einzelspuren angeht, schafft der Performance-Modus der LXR-02 Abhilfe: Ist der Performance-Taster aktiviert, können die Voice Buttons auch ohne Shift zum Muten genutzt werden, allerdings fehlt in diesem Modus die Möglichkeit, anderweitig auf die Klangregelung der Einzelspuren zuzugreifen. Dafür gibt es ein Morph Feature, welches das aktuelle Kit mit all seinen Settings über 127 Schritte zu einem anderen, frei zuweisbaren Kit Preset wandelt. Das geschieht direkt über die Parameter Knobs am Screen. Genau so leicht zugänglich sind die Parameter Global Sample Rate Reduction sowie Tempo, Shuffle und Roll Rate.
Letztere bestimmt den Notenwert in dessen Frequenz die einzelnen Voices durch Betätigen der ersten sechs Step Buttons geloopt werden können. So lassen sich außerdem auch Steps in Echtzeit recorden. Beim Speichern und Laden einzelner Kits kam es zu unerwünschten Überschreibungen vorhandener Sounds und auch das Reload Feature konnte im Rahmen dieses Tests leider nicht richtig geprüft werden. Etwaige Software-Fehler und Bugs werden bisher jedenfalls von Sonic Potions und Erica Synths schnellstmöglich in Form neuer Firmware gefixt.
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Fazit
Erica Synths haben es mal wieder geschafft: Ihre erwartungsgetreu ganz eigene Version eines Drumsynths überzeugt mit fettem und vielseitigem Modular-Sound. Die Klangregelung der LXR-02 ist nicht nur breit gefächert, sondern hochgradig interaktiv, weil sich viele Parameter gegenseitig beeinflussen. Das sorgt für lebendige, oft überraschende Sounds und fördert den Spaß am Schrauben. Was die teils holprige Bedienung betrifft, kann guten Gewissens auf das ein oder andere Softwareupdate aus Lettland gehofft werden. Aber auch so bietet der Sequenzer mit nur zwei aufnehmbaren Automationen reichlich Spielraum und steht der Konkurrenz à la Elektron nur minimal hinterher. Wer auf Sound und Experimente steht, sollte die LXR-02 also definitiv auschecken. Utility- und Workflow-Nerds warten vielleicht noch auf die nächsten Updates.
Pro
Fetter Modular-Sound
Vielseitige Klangregelung
Flexibler Sequenzer mit Automationen
Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Kontra
Nur zwei Automationen möglich
Etwas holprige Menüführung
Recht kleine Bedienelemente
Preis:
578,00 EUR
Weitere Informationen gibt es auf der Website von Erica Synths.
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