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Test: Korg Nu:Tekt NTS-1

Test: Korg Nu:Tekt NTS-1

Tests. 8. Mai 2020 | / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Korgs Nu:Tekt NTS-1 ist ein digitaler DIY-Synth im Monotron-Format und basiert auf der Klangerzeugung von Prologue und Minilogue XD. Der auf der Superbooth 2019 vorgestellte Selbstbauzwerg ist der erste Vertreter der DIY-orientierten Nu:Tekt Reihe und kommt mit Multimode Filter, drei parallel nutzbaren Effekten und Arpeggiator im Gepäck. Klein, aber oho ist die Devise, vorausgesetzt für den Zusammenbau ist genügend handwerkliches Geschick vorhanden. Der Bastelspaß geht sogar noch weiter – Korg bietet sogenannte Custom Panels an, mit denen die Nu:Tekt Synths individualisiert und erweitert werden können. Seit Dezember letzten Jahres ist der NTS-1 offiziell auf dem Markt und reif für einen ausführlichen Test.

Unboxing und Montage

Das Instrument kommt zwar in Einzelteilen zerlegt an, ist aber bis auf wenige Steckverbindungen vorverlötet und muss eigentlich nur zusammengeschraubt werden. Der dazu passende, sehr kleine Schraubendreher liegt dem Kit sogar bei, sodass die Montage direkt beginnen kann. Neben der Anleitung in Papierform hat Korg noch einen QR-Code zum passenden Video-Tutorial spendiert, ein Downloadcode für ein gratis Software Bundle sowie ein Micro-USB-Kabel für die Stromversorgung liegen ebenfalls bei. Die geringe Größe einiger Bauteile macht den Bastelprozess zwar frickelig, insgesamt verläuft der Aufbau aber narrensicher.

Am beunruhigendsten sind die Stellen, an denen man die Gehäuseplatten brechen muss, diese sind jedoch ausreichend perforiert, sodass auch hier nichts schiefgeht. Wer besonders pingelig ist, wird noch beim Aufkleben der Gummifüße und des Keyboardstrips ins Schwitzen geraten, ansonsten gibt es echt nicht viel falsch zu machen. Das ist zwar schön für Einsteiger, mit etwas DIY-Erfahrung aber relativ enttäuschend.

Verarbeitung, Anschlüsse und technische Daten

Die verschwindend geringen Abmaße von 129 x 78 x 39 mm sowie das Fliegengewicht von 124 g dürften Korg Monotron Fans bekannt vorkommen, wobei man hier mit weniger Plastik auskommt. Die kleinen Schrauben überraschen durch einen ausgesprochen festen Sitz, sogar bei Gebrauch des mitgelieferten Mini-Schraubendrehers. Dadurch wirkt das Gehäuse sehr stabil, besonders an den Ecken. Nur die langen Seiten des NTS-1 lassen sich etwas eindrücken, was zusammen mit dem rustikalen Look der aufgeklebten Bedienelemente verunsichert.

Die langen Potis und das Display lassen sich theoretisch einfach abreißen, was den Transport ohne passenden Schutz zum Risiko macht. Auch die teilweise sichtbaren Lötverbindungen an der Oberseite des NTS-1 wirken anfällig für Schmutz oder Flüssigkeit. Dennoch versprüht das Design passend zum DIY-Aspekt den experimentellen Charme eines Prototyps und rein spielerisch können die Potis locker mit den Volcas mithalten.

Bis auf den Micro-USB-Stecker sind die Anschlüsse des NTS-1 im 3,5mm-Klinkenformat gehalten. Um Kabelsalat vorzubeugen, befindet sich der Headphone-Ausgang an der Vorderseite, rückseitig gibt es MIDI IN, SYNC OUT und IN sowie einen AUDIO IN. Der Ausgangspegel lässt sich mittels kleinem Rädchen – ebenfalls an der Rückseite – justieren und Strom kommt über USB. Am besten geeignet sind Phonecharger und Powerbanks, letztere besonders für unterwegs, wo der NTS-1 mit seinem integrierten Mini-Speaker zusätzlich punkten kann.

In Verbindung mit dem PC können nicht nur Strom, sondern auch MIDI-Signale per USB vermittelt werden. Nicht nur die Größe, auch den Ribbon Controller des NTS-1 kennt man vom Monotron und wieder ist wirklich kontrolliertes Spielen unmöglich – also schnellstmöglich MIDI-Tastatur verkabeln! Die sieben Buttons verfügen über je eine eigene LED, was zusammen mit dem vierstelligen Display für optimalen Überblick sorgt. Auch vom Spielgefühl können die Knöpfe überzeugen und runden das rustikale Gesamtbild des NTS-1 ab.

Features und Workflow

Korgs NTS-1 kommt mit fünf Wellenformen, darunter Sägezahn, Dreieck, Rechteck ohne PWM, Rechteck mit PWM und einem Custom Oszillator – dazu mehr im nächsten Absatz. Die Wellenform wählt man über den TYPE Encoder, vorausgesetzt zuvor wurde der OSC Button gedrückt. Poti A steuert dann den Waveshaping-Anteil, Poti B regelt je nach Wellenform unterschiedliche Parameter. Im FILTER Mode stehen je zwei Lowpass-, Bandpass- und Highpassfilter zur Auswahl, entweder als 2-pole oder 4-pole Version. Poti A bestimmt die Cutoff-Frequenz, Poti B den Resonanzanteil.

Wer will, kann das Filter auch komplett ausschalten. Die Hüllkurve lässt sich unter EG gemäß Attack und Release einstellen, wobei der TYPE Encoder wieder verschiedene EG-Typen bietet. Die FX-Sektion besteht aus MOD, DELAY und REVERB und wieder gibts jeweils fünf Typen zur Auswahl, z. B. Chorus, Flanger und Phaser bei MOD, Ping-Pong und Tape-Echo für DELAY und diverse Halltypen von Badezimmer bis Tropfsteinhöhle. Poti A regelt die Time der Effekte, Poti B die Intensität.

Für den Preis und die geringe Größe übersteigt der NTS-1 zwar bereits jetzt alle Erwartungen in Sachen Tweakability, doch es gibt noch mehr Features: Zum Beispiel den anfangs angekündigten Arpeggiator, der sich per Knopfdruck ein- und ausschalten lässt und anhand seiner Status-LED über den Modus Operandi informiert. Wird der ARP-Knopf länger gedrückt, versetzt das den Arpeggiator in den Latch-Modus, was durch eine blinkende LED angezeigt wird, alle weiteren Einstellung sind nur bei gedrückter ARP-Taste zu erreichen. Über Type wird die Laufrichtung eingestellt, Poti A steuert die Länge und Poti B das Tempo.

Wenn man bei gehaltenem ARP-Knopf die anderen Menütaster betätigt, lassen sich sogar verschiedene Scales einstellen, entlang derer der NTS-1 arpeggiert – z. B. DELAY für Mollarpeggios. Das ist besonders praktisch, wenn man nur einzelne Töne spielt. Hält man die Mode und FX Buttons ohne ARP, gelangt man zu den LFOs. Beispielsweise werden bei gehaltenem OSC-Knopf Frequenz und Amplitude für Pitch- und Shapeshifting geregelt, drückt man EG, lässt sich ein Tremolo einstellen. Korg hat sich wirklich alle Mühe gegeben, alles aus den Bedienelementen des NTS-1 rauszuholen.

Die Multi-Engine

Wie eingangs erwähnt basiert die Klangerzeugung des NTS-1 genau wie Prologue und Minilogue XD auf Korgs Multi Engine. Ergänzend zu den Einstellungsmöglichkeiten der Hardware kann die Multi Engine sogenannte Logue Software Development Kits – kurz SDKs – laden. SDKs sind kostenlose Presets und enthalten DSP-basierte Custom Oszillatoren, Modulationseffekte, Delays und Reverbs. Über Korgs interne Library sind zwar nur SDKs verfügbar, die von der Firma selbst oder in enger Zusammenarbeit mit Korg entstanden sind, Drittanbieter können ihre Presets aber via Community Websites, Foren und GitHub tauschen.

Der NTS-1 hat ab Werk den WAVES Oszillator als User-Preset geladen, in der Multi Engine finden aber wohl noch 16 User-Oszillatoren Platz. Ebenfalls 16 Modulationseffekte und je acht für Reverb und Delay sind vorreserviert. Haben die Custom Presets mehr Parameter als der NTS-1 Potis, kann man mit TYPE durch diese durchscrollen und noch mehr aus dem Wunderzwerg rauskitzeln.

Der Sound

Soundtechnisch ist die digitale Funktionsweise zwar nicht von der Hand zu weisen, doch der NTS-1 überzeugt. Wurden erst einmal Kopfhörer oder anständige Lautsprecher angeschlossen, wird man von reichhaltigen Sounds mit ordentlich Tiefgang überrascht. Die vielen Einstellungsmöglichkeiten führen immer wieder zu facettenreichen und lebendigen Sounds, was in dieser Größenordnung analog nicht umzusetzen wäre. Die implementierten Wellenformen klingen schön bissig und druckvoll und erzeugen durchs Waveshaping spannende Texturen.

Die große Auswahl an Filtern hilft, den Klang zu zähmen, wobei die Unterschiede zwischen den 2-pole und 4-pole Varianten schön hörbar sind und man wirklich alle sechs gebrauchen kann. Wild und kreischend geht aber auch, wenn man die Resonanz hochdreht. Die zusätzlichen Effekte decken ebenfalls ein immenses musikalisches Spektrum ab und klingen dabei auch noch gut.

Fazit

Der NTS-1 von Korg ist ein ausgesprochen vielseitiger Synthesizer für wenig Geld. Kritik gibts besonders für den Ribbon Controller, weil der so ungenau ist. Die restlichen Bedienelemente des NTS-1 sehen zwar gewöhnungsbedürftig aus, funktionieren aber in der Praxis richtig gut. Der immer gleiche Aufbau der verschiedenen Klangebenen, die sinnvoll gesetzten Doppelbelegungen und das effektive visuelle Feedback sorgen für gute Orientierung und entsprechend viel Kontrolle. Nachteil bei den immer gleichen zwei Potis für alle Einstellungen ist aber, dass die Regler selten so stehen, wie man sie zuletzt hatte, wenn man zwischendurch andere Einstellungen vornimmt. Weil die Potis instant regeln, sorgt das gelegentlich für Sprünge im Sound, die der NTS-1 ansonsten gar nicht hat – trotz digitaler Klangerzeugung. Schön wäre die Möglichkeit, die Potis auf Catchup stellen zu können. Bedenkt man aber, wie viel der NTS-1 kann, ist es schon erstaunlich, wie zugänglich Korg die Features auf die Hardware verteilt hat. Was den Sound betrifft, übersteigt der NTS-1 die Konkurrenz des Preissegments bei weitem, schließlich teilt er sich die Engine mit Instrumenten des fünffachen Werts. Über den Open Development Character der SDKs vervielfältigt sich die Tweakability noch weiter und wird endlich so nerdy, wie man es beim Label DIY gerne hätte. Der Zusammenbau des NTS-1 ist schon die sehr abgespeckte Version eines Synthesizer-Bausatzes und erinnert eher an IKEA oder Lego. Bleibt abzuwarten, ob die Erweiterungs-Panels und kommenden Nu:Tekt Vertreter mehr Bastelspaß aufkommen lassen. Wenn Soundqualität und Bedienbarkeit so bleiben, darf man sich in jedem Fall freuen.

Pro

Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Hochauflösender, druckvoller Sound durch DSP Multi Engine
Enorme Custmizability mit SDKs und Erweiterungs-Panels

Kontra

Ribbon Controller viel zu klein und ungenau
DIY-Aspekt eher (noch) Gimmick

Preis:

99,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Korg.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit digital , korg , NTS-1 , Nu:Tekt , Synthesizer , Test

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