Test: Korg Volca Drum

Test: Korg Volca Drum

Tests. 16. März 2019 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Zusammen mit dem Volca Modular zählt der Volca Drum zu den heiß ersehntesten Neuankündigungen für das Jahr 2019. Zwar gibt es bereits Volca Beats und Volca Kick, Korg will dem Volca Drum aber eine spezielle Klangerzeugung spendiert haben und verspricht einen innovativen Sound. Hinzu kommt ein Waveguide-Resonator-Effekt, um den Volca Drum noch weiter von seinen Verwandten abzugrenzen. Ob der japanische Hersteller damit ein wirklich eigenständiges Musikinstrument oder bloß eine technische Spielerei auf den Markt bringt, werden wir in diesem Test klären.

Verarbeitung, Anschlüsse und technische Daten

Volca Veteranen können die Außenmaße des Volca Drum vermutlich im Schlaf aufsagen, da die Abmessung von 193 × 115 × 39 mm (BxTxH) seit der Einführung des Volca Keys im Jahr 2013 Standard der Serie ist. Ebenfalls Standard für die Volca Familie sind die im Lieferumfang enthaltenen Batterien und die eingebauten Lautsprecher. Mit einem Leergewicht von 370 g ist der Volca Drum außerdem erstaunlich leicht. Mit Batterien kommen zwar ein paar Gramm dazu, Korg verspricht aber bis zu zehn Stunden Laufzeit. Dadurch eignet sich auch der Volca Drum ideal als Instrument für unterwegs. Zwei 3,5mm-Sync-In- und -Out-Buchsen sowie ein MIDI In ermöglichen eine simple Verbindung mit anderen Instrumenten. Eine 3,5mm-Buchse als Output und ein 9V-DC-In runden die Anschlussmöglichkeiten des Volca Drum ab.

Das Multitouch Trigger Pad ist wie bei allen Volcas flach und ähnelt im Spielgefühl einer Tischplatte. Lediglich die LEDs geben Feedback darüber, ob eine Taste getriggert wurde. Wer bereits mit Volcas gearbeitet hat, ist dieses Spielgefühl gewohnt, Neueinsteiger könnten allerdings Probleme mit der Treffsicherheit haben. Das kompakte Design der Volcas findet sich auch in den Drehreglern wieder. Kaum breiter als der Poti-Stift, lassen sich mit etwas Fingerspitzengefühl erstaunlich feine Einstellungen vornehmen. Neu beim Volca Drum ist das Spezial-LCD. Hier ist jederzeit ablesbar, auf welcher Synthese-Ebene man sich befindet und wichtige Parameter werden sogar grafisch angezeigt – so weit, so gut.

Bei starkem Licht, wie etwa an einem sonnigen Mittag, sind das Display und die sehr feinen Linien der Anzeige jedoch nur schwer zu lesen. Das ist schade, weil der Batteriebetrieb regelrecht zum Musizieren im Freien einlädt. Trotzdem ist das, was auf dem Display angezeigt wird, geschickt designt und erschließt sich mit Übung auch in suboptimalen Lichtverhältnissen. Insgesamt macht der Volca Drum einen solide verarbeiteten Eindruck. Die Potis sitzen fest und verfügen über einen einheitlichen Regelweg. Es gibt keine scharfen Kanten oder Spalten, die kleine Kiste wirkt wie alle Volcas überaus stabil.

Das Display des Korg Volca Drum.

Oszillatoren, Modulation und mehr

Der Volca Drum verfügt über sechs unabhängige Soundspuren bzw. Parts. Jeder Part besteht wiederum aus zwei Layern. Am Anfang jedes Layers steht die Auswahl der Oszillatorwellenform. Sinus- und Sägezahnwelle sowie HPF Noise, LPF Noise und BPF Noise können von der DSP Engine realisiert werden. Der Select Encoder des Volca Drum ist der einzige Endlos-Encoder und ist unter anderem für die Auswahl der Klangquelle zuständig. Allerdings wird über den Select Regler auch die Auswahl der Modulations- und Amp-EG-Wellenform vorgenommen, und zwar gleichzeitig. Das nimmt Zeit in Anspruch, da man immer nur vorwärts oder rückwärts durch alle Kombinationen der elf Optionen blättern kann. Auch wenn man die gewünschte Einstellung klar vor Augen hat, heißt das, man muss immer erst durch einige "falsche" Settings zappen, was nervt und den Workflow bremst. Hat man die passende Einstellung jedoch erst einmal gefunden, geht der Spaß so richtig los: Solange man sich nicht im Step-Modus befindet, können Pitch und Level des aktiven Layers direkt über die entsprechenden Potis justiert werden.

In den Noise Settings regelt der Pitch-Regler dann die Filterfrequenz – superpraktisch! Zusätzlich erlaubt der Volca Drum, die Tonhöhe der Wellenform bzw. die Filtereinstellung der Noise mit einem LFO zu modulieren. Über die Amount- und Rate-Regler lassen sich so Pitch Bends und Filter Sweeps umsetzen. Der EG-Bereich des Volca Drum erlaubt die Justierung von Attack und Release. Einige der Drehregler sind sogar doppelt belegt. Zum Beispiel wählt der Select-Encoder im Step-Modus verschiedene Möglichkeiten – etwa Distortion, Bitcrush, Panning oder Pre Mix Gain Adjustment – zur weiteren Klangbearbeitung aus. Über den Level-Regler können die Effekte dann weiter bearbeitet werden. Mit dieser Auswahl an Einstellungsmöglichkeiten lässt sich eine große Menge an Sounds direkt über die Potis an der Oberfläche des Volca Drum gestalten.

Der Waveguide-Resonator

But wait, there is more! Regelrecht mitten auf dem Volca Drum gelegen befindet sich die Waveguide-Resonator-Sektion. Über einen Send-Regler kann der aktive Part an den Resonator geschickt werden, um dem Sound Obertöne oder Echo-Sounds hinzuzufügen. Diese Sektion basiert auf Physical Modeling und emuliert entweder eine Röhre als Hallraum oder die Klangeigenschaften einer schwingenden Saite. Tube und String heißen die Modi und können über das Tastenkürzel FUNC und Step-Taste 11 getoggelt werden. Zur weiteren Bearbeitung gibt es separate Regler für Decay, Tune und Body. Im Prinzip handelt es sich beim Waveguide-Resonator um einen Delay mit relativ kurzen Delay-Zeiten. Der Tune-Regler stellt praktisch die Delay-Zeit ein und reicht von Achtel Echos bis selbstoszillierendem Metallgekreische. Decay regelt das Feedback und somit die Länge des Nachhalls, während Body Einfluss auf die Obertonstruktur des Resonators nimmt. Spätestens hier wird klar, dass der Volca Drum mit seinen metallischen und bissigen Sounds erstaunlich gut für Techno und Industrial geeignet ist. Organischere Stile sind jedoch deutlich schwerer mit der kleinen Kiste umzusetzen. Wie alle durchsichtigen Drehregler des Volca Drum, können auch die Potis des Waveguide-Resonators Automationen live aufnehmen oder über den Sequenzer programmieren.

Der Waveguide des Korg Volca Drum.

Der Sequenzer und weitere Performance Tools

Im Bereich Sequencing hat sich in den letzten Jahren einiges getan und auch Korg will dem Sequenzer des Volca Drum ein paar Upgrades gegönnt haben. Neben Standardfunktionen wie Step- und Echtzeitrecording können beispielsweise alle durchsichtigen Drehregler mittels Motion-Sequence-Funktion Parameterautomationen aufnehmen. Hinzu kommt ein Accent Feature mit bis zu 16 Lautstärkestuen, eine Slice-Funktion zum Erzeugen von Drum Rolls, polyrhythmische Patterns mittels Active Step sowie eine Choke-Funktion. Letztere eignet sich besonders für offene und geschlossene Hihats oder als Sidechain-Ersatz für Kicks und Bässe. Die 16 Abstufungen der Akzente wirken vielleicht etwas übertrieben, dafür überzeugt der Active-Step-Modus. Standardmäßig sind hier alle der 16 Steps aktiv, was durch eine leuchtende LED am jeweiligen Taster angezeigt wird.

Step Buttons können hier per Knopfdruck an- und ausgeschaltet werden, sodass diese dann im Sequenzer übersprungen werden. Dadurch ergeben sich unsymmetrische und polyrhythmische Patterns, die durch die freie Wahl des zu überspringenden Steps extra Flexibilität mitbringen. Auch das Slice Feature macht einen guten Eindruck. In seiner Handhabung einem Beat Repeat ähnelnd, lassen sich mit der Slice-Funktion des Volca Drum Fills und Variationen kinderleicht in jedes Pattern einbauen. Apropos Variationen: Über die Tastenkombination FUNC und Step Button neun oder zehn können wahlweise das ausgewählte Layer oder sogar das gesamte Pattern randomisiert werden. Das bringt frischen Wind in die Produktion und zeugt von der flexiblen und vielseitigen Klangregelung des Volca Drum.

Mittels Pattern Chain können übrigens bis zu 16 Patterns aneinandergekettet werden, um Sequenzen mit maximal 256 Steps programmieren zu können. Von den 16 Speicherplätzen des Volca Drum sind bereits zehn mit Werks-Kits ausgestattet, während sechs Slots darauf warten, mit eigenen Kreationen belegt zu werden. Gespeichert werden übrigens nicht nur die Step Sequence Patterns, sondern auch die Motion Sequences.

Frontalansicht des Korg Volca Drum.

Fazit

Insgesamt ist die Handhabung des Volca Drum wie bei allen volcas mit den kleinen Bedienelementen Geschmackssache. Klar überzeugt der Transportaspekt, aber das kompakte Design versprüht immer wieder auch Spielzeug-Flair. Besonders die Potis sind in ihrer Bedienung gewöhnungsbedürftig und führen durch ihre dichte Positionierung häufig zu unbeabsichtigten Parameter-Changes. Die integrierten Lautsprecher sind zwar ein cooles Gimmick, spätestens bei Kicksounds aus der DSP-Engine des Volca Drum ist jedoch klar, dass für eine getreue Bassabbildung auf geeignete Kopfhörer oder Speaker gewechselt werden sollte. Auch das Spezial-LCD kommt getreu des Mottos, „Idee gut, Umsetzung naja“ daher, da die kleinen und feinen Linien der einzelnen Grafiken ein sehr gutes Auge erfordern und besonders bei viel Licht schwer zu erkennen sind.

Am Ende des Tages überzeugen jedoch der Sound und die zahlreichen Features. Hat man sich einmal an die Größe des Volca Drum gewöhnt, erwartet einen ein durchweg gelungener Workflow, der einfach Freude am Produktivsein bereitet. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Leistung in derartig kleine Gehäuse passt, wenn geschicktes Design von Hard- und Software den richtigen Zugang gewährleistet. Abgesehen von der zeitaufwändigen Justierung der Source-, Modulation- und Amp-EG-Wellenformen, sind so ziemlich alle Features des Volca Drum extrem leicht zu erreichen. Deshalb ist der Kritikpunkt gegenüber der kleinen Bedienelemente eher als Hürde zu interpretieren, da man früher oder später im effektiven Workflow versinkt und das kompakte Design vergisst.

Durch die Verwendung einer eher additiven Syntheseform ist der Klang des Volca Drum als komplex und metallisch einzuordnen. Techno- und Industrial-Fans werden diesen Sound lieben, für housigere Stile muss etwas mehr Lernzeit berechnet werden, um die teilweise recht harsche DSP-Engine zu zähmen. Unterm Strich hat Korg mit dem Volca Drum nicht nur eine gelungene und lang ersehnte Ergänzung für die Volca Familie auf den Markt gebracht, sondern auch ein eigenständiges, vollwertiges Musikinstrument zu einem geringen Preis. Allein der facettenreiche Sequenzer der kleinen Kiste versprüht reichlich Inspiration, weshalb der Volca Drum sich in so ziemlich jedem Setup gut macht und beinahe mit den Elektron Geräten mithalten kann. Durch seinen speziellen Sound ist er auch als Ergänzung zu anderen Drum Machines geeignet, solange sie nicht ein ähnliches Klangkonzept verfolgen.

Pro

Preis-Leistungs-Verhältnis
Kompakte Größe und Batteriebetrieb
Inspirierender und vorwiegend schneller Workflow

Kontra

Frickelige Haptik
Display ist im Hellen schwerer zu erkennen

Preis:

139,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Korg.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit Drum Machine , korg , Synthesizer , volca , Volca Drum

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