Die französische Softwareschmiede Mixvibes bietet neben der DJ-Software Cross das Sample-basierte Kreativtool Remixlive für Computersysteme und mobile iOS- und Android-Geräte an. Die mobile Variante ist jetzt in der fünften Generation angekommen und kann erneut Funktionszuwächse vermelden, die die Erstellung von Pattern und musikalischen Phrasen vereinfachen sollen. Ich habe für diesen Praxischeck die kostenpflichtige Vollversion 5.0.7 für iOS auf einem 9,7-Zoll-iPad getestet, für die der Hersteller monatlich 9,99 Euro oder jährlich 49,99 Euro verlangt.
Remixlive 5
Die App Remixlive 5 erlaubt die Generierung von musikalischen Phrasen durch Echtzeiteinspielungen und der Programmierung von Sequenzen. Die App nutzt dabei Loop- und One-Shot-Samples aus fertigen Packs oder User-Samples, die per Import oder Audiocopy flexibel integriert werden können. Zum kreativen Arbeiten gibt es die drei Bereiche Loop, Sequence und Drum, die jeweils als sechs Zeilen und acht Spalten Matrix ausgeführt sind. Die musikalischen Inhalte lassen sich mit einem achtkanaligen Mischpult, passgenau abstimmen, die Kanalzüge bietet hierzu Fader, Dreiband-EQs und Dualmode-Filter. Darüber hinaus erlauben in Echtzeit modifizierbare Effekte eine lebendige Präsentation.
Loop Matrix
In der Loop-Matrix, die es bereits seit der ersten Version von Remixlive gibt, sind farblich codierte Samples mit unterschiedlichen Inhalten positioniert. Verwendet man eines der fertigen Packs, die sich per In-App-Kauf ergänzen lassen, so erhält man perfekt aufeinander abgestimmte Kickdrums, Snares, Hihats, Bässe, Chords, Leads, Vocals und FX, die sich beliebig miteinander kombinieren lassen und per Finger-Tap oder Streichbewegungen aktivierbar sind. Es gibt Packs verschiedener Stilrichtungen wie Progressive House, Dark Trap, Berlin Techno, Hip-Hop, Rock etc., von Künstlern wie Carl Cox, Rhino oder Boris Brejcha.
Drum Matrix
Die Drum Matrix wurde in Remixlive 5 optisch überarbeitet und bietet jetzt Samplesymbole statt Beschriftungen, die gemeinsam mit einer Farbcodierungen dafür sorgen, dass man Percussions, Bässe oder Synth-Sounds sehr einfach unterscheiden und treffsicherer lokalisieren kann. Das Triggern der Samples erfolgt per Fingerdrumming.
Sequence Matrix
Eine weitere Neuheit in Remixlive 5 ist die Sequence Matrix. Die Sequence Matrix erlaubt zum einen die Programmierung von Beat-, Bass-, Lead- und anderen Sequenzen per Step-Sequencer und zum anderen die Aufnahme von Fingerdrummings in der Drum Matrix. Die Pattern lassen sich individuell benennen und ergänzend zu den Loop-Samples wiederholt oder einmalig wiedergeben.
Praxis - Create
Wer mit der App Remixlive noch nicht gearbeitet hat, sollte sich zunächst in einem Rundgang mit den drei verschiedenen Bereichen vertraut machen und durch Aktivieren der Zellen erste eigene Gehversuche starten. Die Bedienung ist intuitiv und gelingt spielerisch, vor allem wenn man die stimmig konfigurierten Packs des Herstellers nutzt.
Für fortgeschrittenere Anwender bietet Remixlive zahlreiche Möglichkeiten, eigenen Content zu verwenden oder klangliche Eingriffe vorzunehmen. Eigene Samples lassen sich beispielsweise bequem per Audiocopy oder Drag-and-drop aus anderen Apps oder aus iCould Drive, Netzlaufwerken sowie lokalen Ordnern auf dem iPad einfügen. Hat man seine gewünschte Soundbasis für ein Projekt geschaffen, sind die Samples im Loop- und Drum-Bereich platzierbar und können anschließend mit den Bordwerkzeugen in Remixlive einfach bearbeitet werden. Samples lassen sich schneiden sowie ein- und ausfaden, aber auch timestretchen, transponieren und rückwärts wiedergeben.
Remixlive erlaubt es, die Einstartquantisierung und denSampletyp (Drums, Vocals, Pad etc.) zu selektieren, damit eine leichtere Identifikation möglich ist. Für das Loop-Grid gibt es die Wiedergabeoptionen Loop, One Shot und Gate und für das Drum Grid Retrigger, One Shot und Gate. Zudem kann man im Drum Grid Samples auch zu Link- und Choke-Groups zusammenfassen, die ein gemeinsames Triggern erlauben (Link) oder sich gegenseitig ausschließen (Choke), damit ein authentisches Spielen möglich ist.
Die im Loop- und Drum-Bereich angeordneten Sounds sind für das Grundgerüst eines Songs nutzbar und können durch Sequenzen im neuen Sequenz-Bereich ergänzt werden. Der Sequenz-Bereich erlaubt das Erzeugen von Drumpattern und musikalischer Phrasen mit einer Länge von bis zu 32 Beats. Das Erstellen der Sequenzen kann per Step-Sequenzer spielerisch erfolgen. Alternativ zur Programmierung lassen sich die Pattern auch im Drum-Bereich einspielen. Hierzu aktiviert man in der Recording-Auswahl den Menüpunkt „Record finger-drumming pattern“ und nimmt eine Sequenz auf.
Praxis - Performen
Die ausgewählten Samples und aufgenommenen Pattern in Remixlive lassen sich auf verschiedene Weise nutzen. Die App kann standalone verwendet werden, um Songs live zu performen, da es keinen Songmode gibt, erfolgt dieser Vorgang immer in Echtzeit. Alternativ kann auch eine Kombination mit Tracks eines DJ-Sets erfolgen. Eine manuelle Angleichung via Beatmatching ist leider nicht möglich, wer digital auflegt, kann aber auf die integrierte Sync-Technologie Ableton Link zurückgreifen, die ein problemloses Zusammenspiel mit DJ-Programmen wie Traktor Pro, Serato DJ Pro etc. erlaubt.
Auf diese Weise könnt ihr euer DJ-Set sehr individuell gestallten und mit zusätzlichen Beats, Effekten und anderen Sounds untermalen. Etwas schade finde ich allerdings, dass Remixlive keine MIDI-Controller unterstützt, da man hier im Live-Kontext in einer dunklen und schwitzigen Umgebung etwas ergonomischer arbeiten könnte und nicht alle Kommandos und Parameter auf dem Touchscreen bedienen müsste.
Zum Abstimmen der Sounds oder zum temporären Stummschalten dient das Mischpult, das unterhalb der drei Bereiche oder bildschirmfüllend angezeigt wird. Die EQs greifen recht dezent in das Klangbild ein. Um die Regler gezielt steuern zu können, habe ich im Settings-Menü der App die „horizontale“ Steuerung für die „Knobs“ aktiviert, da es sonst zu Parametersprüngen kommen kann.
Um Sequenzen zu modulieren und akustische Highlights zu generieren, gibt es einen Beat-Repeater, der auf das gesamte Musiksignal wirkt und dieses passgenau durcheinander wirbelt. Darüber hinaus gibt es neun Effekte, die sich auf das Mastersignal oder gezielt auf einzelne Kanäle routen lassen. Die Effekte setzen sich aus Delay, Filter, Flanger, Reverb, Ping Pong Delay, Whoosh, Chorus, Phaser und Distortion zusammen und werden per virtuellem XY-Touchpad kontrolliert. Der Hersteller hat die gut klingenden Effekte „zahm“ ausgeführt, sodass keine brachialen Klangverbiegungen erfolgen und man diese jederzeit bedenkenlos aktivieren kann.
Free Version
Wer sich unverbindlich einen ersten Eindruck verschaffen möchte, kann die iOS-App kostenlos aus dem App Store laden. Die Free Version bietet folgende Funktionen:
- Wiedergabe von Loops und Drums ...
- … sowie vorgefertigter Sequenzen, ohne Bearbeitungsmöglichkeit
- veränderbare BPM
- Effekte: Beat-Repeat und Delay
- Steuerung der Lautstärke
- Ableton Link (zur Synchronisation)
- Anzeige von Wellenformen, keine Bearbeitung
Fazit
Die App Remixlive 5 verfügt über ein intuitives Bedienkonzept und erlaubt das spielerische Erzeugen von Beat-Pattern oder musikalischen Phrasen. Die Anwender können hierbei auf eine Vielzahl fertiger Sample-Packs zurückgreifen, die perfekt aufeinander abgestimmt sind und eine große kreative Spielwiese bieten oder eigenen Content nutzen. Samples lassen sich in der App anpassen und als Loops oder One Shots in verschiedenen Bereichen wiedergeben. Die aktuelle Version der App wurde um einen Sequencer ergänzt, der per Step-Eingabe oder Finger-Drum-Aufnahmen mit Leben gefüllt werden kann und meiner Meinung nach eine sinnvolle Erweiterung ist. Die App gefällt mir insgesamt sehr gut, da sie einen großen Spielspaß bietet und sich einfach in ein digitales DJ-Setup integrieren lässt, somit kann ich sie sowohl DJs als auch Producern empfehlen. Auf meiner Wunschliste für kommende Updates von Remixlive stehen eine MIDI-Controller-Steuerung, ein Songmode und eine Nudge-Funktion für ein manuelles Beatmatching.
Pro
Intuitive Bedienung
Sehr gute Sample-Packs
Praxisgerechte Effekte
Synchronisation via Ableton Link
Kontra
Kein Songmode
Keine MIDI-Controller-Unterstützung
Preis:
9,99 EUR monatlich, 49,99 EUR jährlich
Weitere Informationen gibt es auf der Website von Mixvibes.
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