Der neue Großcontroller Traktor Kontrol S8 von Native Instruments sorgte bereits lange vor seinem Erscheinen für viel Wirbel und wilde Spekulationen in den Sozialen Medien. Wir selbst hatten uns zu dem Gerät auch schon eine eigene Meinung gebildet, die wir jetzt durch einen Praxistest untermauern möchten.
Nach dem die beiden Track-Deck-Controller Traktor Kontrol S2 und S4 lediglich als überarbeitete MK2-Versionen im letzten Jahr veröffentlicht wurden, wählte Native Instruments für den Traktor Kontrol S8 einen neuen Ansatz und stattete diesen mit Displays, Performance-Pads und Touchstrips aus. Zur großen Verwunderung einiger Anwender bietet der S8 aber keine Jog-Wheels. Ich habe den Controller jetzt ein paar Tage intensiv genutzt und berichte euch über meine Praxiserfahrungen.
Entblößt
Der Traktor Kontrol S8 ist mit einer Breite von circa 59 cm und einer Tiefe von 39 Zentimetern, der mit Abstand größte Controller der Berliner und damit in etwa so groß wie der Numark NV. Der S8 kann zu Steuerung von bis zu vier Decks in Traktor Pro genutzt werden und ist dazu mit zwei Deck-Sektionen und einem Mixer ausgestattet.
Der Mixer beherbergt vier Kanäle, die mit Dreiband-EQs und Filtern versehen sind und kann auch ohne Computerkontakt zum Einsatz kommen.
Der Controller wiegt circa 5 kg, ist sehr gut verarbeitet und hinterlässt bereits beim Auspacken einen tadellosen Eindruck. Das Layout der Decks bietet viel Platz für große Bedienelemente, die größtenteils beleuchtet sind. Als ausfälligste Neuerung bietet der S8 zwei Displays sowie berührungsempfindliche Drehregler und Touchstrips.
Die Decks lassen sich parallel zur Steuerung von Track- und Remix-Decks nutzen und verfügen daher neben den Transportsteuerungen über vier kleine Zusatzfader und acht Performance-Pads.
Im Inneren des Controllers arbeitet ein Audiointerface mit 24 Bit und 48 kHz, das über 10 Eingänge und 4 Ausgänge verfügt. In Kombination mit dem Mixer stehen vier analoge Eingänge für CD-Player und Plattenspieler parat und zwei Mikrofoneingänge.
Die angeschlossenen Zuspieler können zur ergänzenden Musikwiedergabe oder zur Steuerung der Software mit optional erhältlichen Timecode-Medien genutzt werden. Das Ausgangssignal verlässt den Controller über den Masterausgang, der mit XLR- und Cinch-Buchsen ausgestattet ist und über den, mit Klinkenbuchsen ausgestatten, Booth-Ausgang. Zur Synchronisation eines zweiten Traktor-Systems, eines Rechners mit Maschine oder anderer Hardware gibt es eine MIDI-In- und eine MIDI-Out-Buchse.
Angeschlossen
Der Traktor Kontrol S8 lässt sich schnell und einfach in Aktion versetzen und kann mit Traktor Pro 2.7 ohne Konfigurationsaufwand genutzt werden. Wer bereits mit Traktor gearbeitet hat und die grundsätzliche Programmbedienung beherrscht, kommt sehr schnell mit dem Controller zu Recht. Durch das Drücken eines Browse-Encoders, wird die Songsammlung im entsprechenden Display eingeblendet. Die Songs lassen sich aus der Traktor-Library aber auch aus iTunes oder Ordnern eurer Festplatte in die Decks laden.
Das Display schaltet nach dem Ladevorgang zur Wellenformdarstellung für die es verschiedene Zoomstufen gibt. Wer möchte, kann die Beatgrids ebenfalls mit dem Controller bearbeiten und muss für diesen Vorgang ebenfalls keinen Blick auf den Computerbildschirm werfen. Ich persönlich erledige diese Aufgabe lieber nach wie vor direkt am Rechner, da es mit der Maus etwas schneller geht. Die Songs lassen sich mit den Transporttasten wie gewohnt starten und stoppen und mit dem Touchstrip anschieben und abbremsen.
Diese Art der Steuerung ist nicht grundsätzlich neu und ich finde man kann sich ganz gut damit arrangieren. Die Tatsache, dass mit dem Touchstrip nur bei gestoppten Decks gescratcht werden kann mag etwas verwunderlich klingen, da ich mir aber nicht vorstellen kann, dass ihr von dieser Funktion häufig Gebrauch machen werdet, kann man diese Einschränkung wohl vernachlässigen. Was allerdings etwas ungewöhnlich ist, ist die Tatsache, dass der S8 auch auf Pitchfader verzichtet und die absolute Geschwindigkeit eines Tracks per Encoder eingestellt wird.
In der praktischen Anwendung stört dieses allerdings nur, wenn man diese Funktion sehr häufig nutzt. Wer manuell beatmatchen möchte, findet zudem eine visuelle Hilfe oberhalb der Touchstrips, die per orange- und blau-leuchtender LEDs auf eine Abweichung oder Übereinstimmung hinweist. Das Überblenden der Tracks gestaltet sich mit der Mixersektion des S8 sehr gut, da die Bedienelemente griffig sind und die Fader inklusive Crossfader sehr exakt reagieren. Die Crossfaderkurve kann stufenlos in ihrem Verlauf angepasst werden und bietet für Scratch-Manöver einen Cut-In-Punkt von einem halben Millimeter.
Zur besseren Nutzbarkeit des Filters gibt es einen beleuchteten Schalter, der auf eine aktivierte Schaltung hinweist.
Wenn ihr den Mixer ohne Computerkontakt nutzt, stehen euch die EQs und Filter zur Verfügung, aber keine Effekte, da diese nur in Verbindung mit Traktor aktivierbar sind. Das verbaute Audiointerface und der Mixer haben einen sehr druckvolles und transparentes Klangbild. Die Ausgangsleistung ist sehr ordentlich und muss sich nicht hinter der eines DJ-Mixers verstecken.
Kreativ aufgelegt
Neben den Basisfunktionen bietet der Traktor Kontrol S8 durch seitlich angeordnete Tasten einen direkten Zugriff auf die kreativen Funktionen der Software. In diesem Bereich lassen sich die Hotcue- und Loop- sowie die neuen Freeze/Slicer-Funktionen aktivieren.
Die Steuerung der Funktionen gelingt mit den weichen Performance-Pads, die einen exakten Druckpunkt besitzen. Mit den Pads lassen sich Hotcue-Punkte setzen und triggern und Loops in vorgegebenen Größen setzen. Wem die ab Werk gewählten Loop-Einstellungen nicht gefallen, kann Änderungen im Einstellungsmenü der Software vornehmen.
Mit der neuen Freeze/Slicer-Funktion lassen sich Ausschnitte eines Songs auf Knopfdruck in kleine, einzeln spielbare Fragmente unterteilen.
Diese Funktion stammt aus der iOS-App Traktor DJ. Mir gefällt diese Funktion sehr gut, da man damit schnell und einfach Echtzeitremixe anfertigen kann. Alle Funktionen werden in den Displays angezeigt und sind ohne Computerbildschirm ausführbar.
Extended DJing
Die Deckausstattung des Traktor Kontrol S8 ist so beschaffen, dass insgesamt zwei Track- und zwei Remix-Decks nahezu ohne Umschalten parallel gesteuert werden können. Um diese Art der Steuerung nutzen zu können, müsst ihr die beiden Decks A und B als Track-Decks einrichten und die in der Software darunter liegenden Decks C und D als Remix-Decks. Die Performance-Pads übernehmen in diesem Fall die Steuerung der Samples. Zum Mixen der Samples gibt es vier kleine Zusatzfader. Mit vier Tastern sowie vier berührungsempfindlichen Encodern gelingt die Kontrolle der Effekte, Filter und der Tonhöhe. Auf die genaue Funktionalität der Remix-Decks möchte ich in diesem Test nicht detailliert eingehen, da die meisten von euch damit vertraut sein werden. In meinem Praxisversuch konnte ich meine DJ-Sets durch die simultanen Steuerungsmöglichkeiten bequem mit fertigen Remix-Sets und Samples aus meiner Samplesammlung ergänzen. Mit der Capture-Taste kann ein Deck oder der Loop-Recorder als Quelle gewählt werden, um Samples in ein Remix-Deck zu kopieren. Die global nutzbaren Effekte sind mit eigenen Bedienelementen ausgestattet. Diese blenden ihre Parameter durch alleiniges Berühren in den Displays ein, so dass sich auch die Effekte ohne einen Softwarekontrollblick detailliert steuern, überwachen und konfigurieren lassen.
Fazit
GAMECHANGER? Für mich: JA!
Ich finde mit dem Traktor Kontrol S8 ist Native Instruments ein richtig großer Wurf gelungen. Der Controller bietet viele Funktionen, hat große Bedienelemente, die ein bequemes Arbeiten erlauben und ist hervorragend verarbeitet. Durch die verbauten Displays und die bereitgestellten Informationen kann man mit Traktor Pro auflegen und den Rechner komplett aus den Augen lassen. Sicherlich werden nicht alle DJs mit dem S8 glücklich werden, da er durch sein Decklayout für das DJing mit Track- und Remix-Decks am besten geeignet ist, aber selbst wenn ihr „nur“ mit 2 Decks auflegen wollt, könnt ihr mit dem Controller jede Menge Spaß haben. Den Verzicht auf Jog-Wheels finde ich nicht sonderlich dramatisch, sondern eigentlich nur konsequent, da man mit den oft verbauten, kleinen Wheels eh nicht sonderlich gut arbeiten kann. Wer auf die direkte Steuerung der Tracks nicht verzichten möchte, kann zudem auf die oben angesprochene Timecode-Steuerung ausweichen. Der S8 wird dazu mit Traktor Pro Scratch ausgeliefert und kann mit optional erhältlichen Timecode-CDs oder -Vinyls und einem entsprechenden Zuspieler gesteuert werden. Empfehlen kann ich den S8 aufgrund des recht ambitionierten Preises vor allem professionellen DJs, die in Clubs aufgelegen, da sie die gebotenen kreativen Möglichkeiten wahrscheinlich am besten ausreizen können.
Hersteller: Native Instruments
Straßenpreis: 1149 Euro
Jetzt zum günstigsten Preis mit 3 Jahren Garantie kaufen!
Hier geht es zum Test von AMAZONA.DE
[P_REVIEW post_id=12839 visual='full']
Alternativen
Preis: 1080 Euro
Preis: 999 Euro
1 Kommentare zu "Test: Native Instruments Traktor Kontrol S8, ein Gamechanger?"
Man muss zu der Arbeitsweise mit dem S8 deutlich sagen, dass man auf die von NI vorgegebene Arbeitsweise festgenagelt ist, d.h. wenn man mal nicht mit durchgegriddeten Tracks auflegt, dann hat man ohne Turntables verloren. Der fehlende Pitchfader und das Fehlen, dass man in Traktor keine Multi Beatgrids erstellen kann macht das Auflegen mit ungeraden Tracks fast unmöglich. Also ist man bei längeren Sets gezwungen konstant gerade zu spielen.
Hinterlasse eine Antwort
Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.