Test: Presonus ATOM SQ / DAW-Controller

Test: Presonus ATOM SQ / DAW-Controller

Tests. 18. September 2021 | / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Die amerikanische Firma PreSonus Audio Electronics ist einer dieser Hersteller, die für so ziemlich jeden Anwendungsbereich rund ums Thema Musikproduktion das passende Produkt anbieten. Mit Studio One wurde 2009 sogar eine eigene DAW veröffentlicht, 2018 folgte der maßgeschneiderte MIDI-Controller ATOM. Passend zum Release von Studio One Version 5 im Jahr 2020 wurde mit dem ATOM SQ nun auch das haptische Bedienkonzept überarbeitet. Der Hybrid aus Pad-, Key- und Performance-Controls will aber auch für Ableton-Live-Nutzende ein paar Asse im Ärmel haben und lockt mit einem attraktiven Preis. Wie sich der PreSonus ATOM SQ in der Praxis schlägt, zeigt dieser Test.

Unboxing und Überblick

Im Karton befinden sich abgesehen vom MIDI-Controller selbst ein USB-Kabel, eine Schnellstartanleitung sowie die Garantiebescheinigung. Ableton Live Lite, Studio One Artist inklusive zwei Soundpacks – EDM Elite Vol.1 und Dirty Electro House – sind ebenfalls Teil des Lieferumfangs, müssen aber erst heruntergeladen werden und erfordern eine Produktregistrierung. Der ATOM SQ misst 361 x 171 x 25 mm und wiegt schlappe 0,9 kg. Davon profitieren sowohl der Studio Real Estate als auch die Bandscheiben, wenn der Controller zum Gig oder der Producing-Session außerhalb der eigenen vier Wände eingepackt werden soll.

Sorgen um die Langlebigkeit des ATOM SQ sind dabei gänzlich unangebracht, denn auch wenn das Gehäuse komplett aus Plastik gefertigt ist, wirkt die Verarbeitung absolut stabil und der Black-and-White-Look sieht auch noch schick aus. Bis auf die USB-C-Buchse an der Rückseite des Geräts, über die der Controller übrigens auch Strom bezieht, gibt es keinerlei Anschlussmöglichkeiten, nur die Kensington Diebstahlsicherung fällt noch ins Auge.

Auch wenn der ATOM SQ mit seiner MCU- und HUI-Protokollen auch über Studio One und Ableton Live hinaus MIDI-Signale kommunizieren kann, handelt es sich also um einen rein digitalen Controller ohne CV-Ausgänge oder ähnlichem. Abgesehen von Desktop-DAWs eignet sich der ATOM SQ aber auch hervorragend für mobile Applikationen am Tablet.

Im Kontrast zur reduzierten Anschlusssektion auf der Rückseite ist die Oberfläche des ATOM SQ mit umso mehr Bedienelementen ausgestattet. Allen voran die acht zuweisbaren Endlos-Encoder, der vertikale und ebenfalls programmierbare 14cm-Touchstrip sowie die 32 RGB-Pads in der Mitte. Letztere sind Velocity-empfindlich und erkennen Aftertouch – beides lässt sich in seinem Ansprechverhalten direkt am Controller feinjustieren. Dabei helfen das relativ große Display und der Menü-Encoder mit mehreren umliegenden Funktionstastern oben rechts am Gerät, doch dazu später mehr. Das Spielgefühl der Pads ist für die geringe Größe erstaunlich angenehm, schließlich sollen sie auch für die Eingabe von melodischem Material herhalten und sind noch kleiner als beispielsweise die Tasten eines MicroKORG oder NI's Maschine.

Die acht Encoder kommen im voll ausgewachsenen Format daher, sitzen fest auf dem Gehäuse und sind ebenfalls Velocity-empfindlich. Das heißt konkret, dass derselbe Regelweg bei schneller Drehbewegung größere Parametersprünge erlaubt. Insgesamt überzeugen auch die Knobs in Sachen Spielgefühl, laufen ultra smooth und wirken stabil. Abgerundet wird das Bedienfeld mit einer Transportsektion bestehend aus Stop, Play, Record und Metronom-Toggle sowie acht multifunktionalen Bank-Tastern oben links am Controller.

Vierfache DAW-Kontrolle: Die Modi

Über die Menütaster Song, Inst, Editor und User wird der ATOM SQ in einen seiner vier Betriebsmodi versetzt. Für die DAW-Kontrolle auf Makroebene eignet sich der Song Mode am besten. Hier können Spuren für die Aufnahme scharf geschaltet, gemutet oder auf Solo gestellt werden, das Navigieren durchs Arrangement und Transportsteuerung sind dank der standardisierten Mackie-Protokolle ebenfalls universell möglich. Ableton-Nutzende dürfen sich außerdem über Clip- sowie Scenestart/-stop mittels RGB-Pads und Trackvolume per Encoder freuen.

Praktisch ist auch, dass die Track-Namen des Ableton-Projekts vom ATOM SQ erkannt und im Display angezeigt werden. Die vielseitigste Integration gibt's natürlich bei PreSonus Studio One. Hier können zusätzlich Marker gesetzt oder die DAW-internen Effekte durchgescrollt werden, ohne auf Maus und Tastatur zurückgreifen zu müssen. Auch das Kopieren, Duplizieren und Einfügen von Tonmaterial kann am Controller vollzogen werden, dieses Mal mittels der acht Bankbuttons in Kombination mit Shift.

Im User Modus können nicht nur die Knobs und RGB-Pads frei zugewiesen werden, sondern auch die Bank Buttons und Menütaster ober- und unterhalb des Displays. Der Nachteil dabei ist, dass lediglich Momentary-CC-Befehle gesendet werden können, toggeln lassen sich die Taster leider nicht. Auch Program Change und relative CC sind mit dem ATOM SQ nicht möglich. Der Editor-Modus öffnet die Piano Roll von Ableton Live oder Studio One's Editor und erlaubt das Transponieren, Verschieben und sonstiges Bearbeiten von MIDI-Noten.

Die Menütaucherei hält sich insgesamt in Grenzen, komplexere Features des ATOM SQ lassen sich per Data-Encoder und Funktionstaster erreichen, das Display sorgt für das notwendige, visuelle Feedback: Jeder angezeigte Parameter kann über einen dedizierten Button angewählt und dann per Data-Encoder justiert werden, wobei die Veränderung in Echtzeit auf dem Screen abzulesen ist. Das wiederholte Drücken besagter Taster scrollt durch die verschiedenen Funktionen der einzelnen Slots, alternativ können dazu aber auch die Pfeiltaster unterhalb des Dataknobs genutzt werden.

Instrument Mode: Drums und Sequenzer

Der Instrument Modus des ATOM SQ arbeitet unterschiedlich, je nachdem ob Drums oder Synths angesteuert werden. Bei hauseigenen Plugins von Studio One sind die acht Encoder automatisch auf die ersten acht Parameter des jeweiligen Plugins gemappt, können jedoch jederzeit modifiziert werden.

Unter Ableton Live sind die Encoder zunächst ungemappt, ansonsten funktioniert die Eingabe von Drums bei beiden DAWS gleich: Pro Bank werden 16 Samples beherbergt, die über die RGB-Pads getriggert werden. Die acht Bank-Taster skippen durch die verfügbaren Bänke und laden entsprechend neue Sounds auf die Pads. Abgesehen von Drumsamples in klassischer One-Shot-Manier gibt's natürlich auch Loops und längere Samples, die über die Octave +/- Buttons mit einem Pitchbend-Effekt versehen werden können.

Das Raffinierte dabei ist, dass auch die Octave Buttons druckempfindlich sind und je nach Intensität mehr oder weniger benden. Über den Menütaster oben rechts am Display wird das Note Repeat Feature aktiviert, die Subdivision lässt sich mittels eigenem Taster einstellen. Exklusiv für Studio One ist der im Controller integrierte Sequenzer, der über die gewohnte Lauflichtprogrammierung und Echtzeitrecording die Eingabe von Beats und Patterns ermöglicht. Ob das Feature per Software Update auch für andere DAWs verfügbar sein wird, ist schwer zu sagen, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Instrument Mode: Keys und Arpeggiator

An sich ist die Handhabung von melodischen Instrumenten am ATOM SQ recht ähnlich zur geschilderten Funktionsweise von Drumsounds gehalten, aber der Clou sind hier die verschiedenen Anzeige- und Scale-Modi: Während bei der Drum-Eingabe die 16 extra Pads lediglich das Wechseln zu einer benachbarten Bank ersparen, stellen PreSonus für melodisches Spiel diverse praktische Layouts zur Verfügung. Standardmäßig bildet die untere Reihe der RGB-Pads die weißen Tasten einer Klaviatur ab und in der oberen Reihe befinden sich die schwarzen – praktischerweise sind die dementsprechend überflüssigen Pads unbeleuchtet. Zusammen mit dem feinfühligen Ansprechverhalten der Pads lässt die raffinierte Beleuchtung richtiges Keyboard-Feeling aufkommen und sorgt für reichlich Orientierung.

Wird eine bestimmte Scale ausgewählt, dimmen die "falschen" Töne ihre Beleuchtung, können im Sinne der künstlerischen Freiheit aber trotzdem noch Noten triggern. Am revolutionärsten ist aber wahrscheinlich der Continuous Mode. Hier sind zwar nur noch die "richtigen" Töne der ausgewählten Skala spielbar, dafür erlaubt der ATOM SQ so eine Reichweite von vier Oktaven, bei pentatonischen oder ähnlich reduzierten Custom Scales sind sogar sechs Oktaven drin. Ein Arpeggiator ist ebenfalls mit an Bord, kommt allerdings mit einigen Kinderkrankheiten: Werden die Töne manuell gehalten, kann die Velocity per Aftertouch gesteuert werden, im Hold-Modus ist die Velocity leider fix. Das größte Manko ist aber, dass der Arpeggiator nur so lange läuft, wie der Instrument-Modus aktiv ist.

Fazit

Wer mit Studio One arbeitet, hat den ATOM SQ wahrscheinlich längst zu Hause oder zumindest auf dem Wunschzettel und das ist auch gut so. Kaum ein anderer Controller funktioniert mit PreSonus‘ DAW à la Plug and Play, erst recht ist keiner derart auf die Software zugeschnitten. Direkt vom Controller aus durch Instrumente und Effekte zu browsen, Tracks zu erstellen und sogar Sequenzen zu programmieren nimmt den administrativen Charakter aus dem gängigen Tastatur-und-Maus-Workflow und macht einfach Spaß. Die Pads und Encoder überzeugen insgesamt sowohl in puncto Spielgefühl als auch in ihrer Flexibilität. Besonders die zahlreichen Layouts der 32 RGB-Pads sind eine raffinierte Implikation, welcher Controller dieser Größe erlaubt sonst das Spiel auf bis zu sechs Oktaven gleichzeitig? Ein weiteres innovatives Feature ist der frei zuweisbare, horizontale Touchstrip. Die meisten Strips sind vertikal angeordnet und deutlich kürzer und wie immer gilt: Neue Eingabemethoden sorgen früher oder später auch für neue Musik. Im Hinblick auf Ableton Live ist die Controller-Konkurrenz natürlich deutlich größer, aber auch hier lohnt sich das Antesten, denn am Ende stimmen einfach der Preis und die Tatsache, dass es sich beim ATOM SQ quasi um einen Keyboard-, Beat- und Makro-Controller in einem handelt.

Pro

Effizienter und leichtgängiger Workflow
20 CV-Outs für reichlich Vintage Gear
Preis-Leistungs-Verhältnis

Kontra

Gerasterte Encoder
Kein Ableton Link

Preis:

229,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Presonus.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit ableton live , Atom SQ , midi controller , PreSonus , Studio One

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