Test: Roland J-6 / Chord Synthesizer mit FX und Sequenzer

Test: Roland J-6 / Chord Synthesizer mit FX und Sequenzer

Tests. 20. Juni 2024 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Im Rahmen der AIRA Compact Serie veröffentlicht die traditionsreiche Roland Corporation jetzt Mini-Gear fürs schmale Budget. Mit von der Partie ist der J-6, ein Chord Synthesizer mit starkem Bezug zum legendären Juno-60 der Japaner. Zwar ist der J-6 nicht wirklich analog, arbeitet jedoch mit der viel gelobten ACB-Technologie und kostet derzeit schlappe 183 Euro. Mit Reglern für Filter, Hüllkurve, Delay- und Reverb-Effekten sowie integriertem Sequenzer scheint der Synth ziemlich breit aufgestellt zu sein. Ob es sich hier um ein blaues Wunder oder vernachlässigbares Spielzeug handelt, zeigt dieser Test.

Verarbeitung, Haptik und technische Daten

Mit Abmaßen von 188 x 106 x 36,2 mm und 295 g Gewicht ist Rolands J-6 tatsächlich ganz schön kompakt. Das Gehäuse ist zwar komplett aus Plastik, macht aber einen soliden und dem Preis angemessenen Eindruck. Die Farbkombination aus schwarz und blau hebt sich von den anderen AIRA-Compact-Vertretern ab, doch das Blau des Juno-60 wurde nicht genau getroffen. Aufgrund des geringen Formfaktors fallen die Bedienelemente des Synthesizers logischerweise recht klein aus. Die sieben Stiftpotis erinnern an Volca und sind nicht gerade eine haptische Offenbahrung, weil zwischen den Plastikreglern aber ausreichend Platz vorhanden ist, geht die Bedienung aber in Ordnung.

Die verschiedenen Taster des J-6 sind aus weichem Gummi und überzeugen mit ihrer Hintergrundbeleuchtung. Das Betätigen der Buttons fühlt sich etwas wabbelig an und die einoktavige Klaviatur muss ohne Velocity auskommen. Das Bedien-Interface wird von einer vierstelligen Digitalanzeige mit zugehörigen Endlos-Encoder abgerundet.

Auf der Rückseite der J-6 befinden sich ein Power-Schalter, MIDI-IN und -OUT als Miniklinke sowie ein USB-C-Anschluss. Die MIX-IN und -OUT Buchsen auf der Gehäuseoberfläche eignen sich hervorragend, um mehrere Instrumente aneinander zu koppeln, ohne ein separates Mischpult zu benötigen. Per USB lädt sich der interne Akku des Synthesizers auf und es können sogar MIDI- und Audiosignale mit DAWs und Co. ausgetauscht werden.

Das gilt jedoch nur für Audio des J-6, externes Gear via MIX In/Out wird nicht per USB erkannt. Zu guter Letzt gibt es noch SYNC-IN und -OUT als Alternative zur Tempo-Synchronisation per MIDI. Das integrierte Lithium-Ionen-Akku ist mit 3,5 Stunden Betriebszeit absolut praktisch und macht den J-6 zum idealen Reisebegleiter. Im Lieferumfang des Chord-Synthesizers sind das passende USB-C-Kabel sowie eine Schnellstartanleitung enthalten.

Der Sound

Wie der Name vermuten lässt, ist der Sound von Rolands J-6 dem legendären Juno-60 nachempfunden. Statt auf analoge Schaltkreise setzt der kleine Chord-Synths auf die erprobte ACB-Technologie des japanischen Herstellers und trifft den Klang des Originals ziemlich gut. Die Klangregelung selbst ist mit Potis für Filter und Envelope relativ überschaubar gehalten, doch die 64 vorprogrammierten Sound-Presets decken ein breites Spektrum ab - inklusive Chorus.

Mittels Shift-Kombination lassen sich zusätzlich zu Filterfrequenz und Envelope Decay auch Resonanz und Attack steuern, was für ausreichend Regelfreude sorgt. Die vierstimmige Polyphonie genügt zwar für grundlegende Harmoniebedürfnisse, wer gerne in Richtung Jazz oder Neosoul syntht wird die Sechs Stimmen des Juno jedoch früher oder später vermissen.

Roland J-6 von oben.

Der Chord Mode

Statt Akkorde selbst zu spielen, kann über den Chord Mode des J-6 auch beim Betätigen einzelner Keys ein ganzer Akkord abgespielt werden. Unter der Haube des kleinen Synths sind zwar 100 Chordpresets versteckt, doch ohne die Tabelle aus dem Online-Manual ist die bloße Nummerierung der Akkorde schwer nachzuvollziehen. Am besten wird diese also ausgedruckt oder anderweitig in abrufbarer Nähe gehalten, denn dort lässt sich ablesen, welcher Tonsatz auf welcher Taste der Klaviatur wiedergegeben wird.

Außerdem sind die Presets nach Genre unterteilt und reichen von Pop über EDM bis hin zu Jazz und Klassik. Im Key-Menü lässt sich die Tastatur des J-6 transponieren. Besonders gelungen ist, dass Akkorde im Chord Mode mit allen hörbaren Tönen per MIDI ausgegeben werden, nicht nur die tatsächlich gespielten, einzelnen Tasten. Poti-Bewegungen werden jedoch nicht via MIDI registriert.

Sequenzer und Effekte

Das Herzstück des Workflows von Rolands J-6 ist der Sequenzer. Hier lassen sich bis zu acht Akkorde bzw. Einzeltöne programmieren, indem zunächst der entsprechende Stepbutton betätigt und dann die gewünschten Töne eingegeben werden. Auch die Presets des Chord Mode dürfen in den Genuss des Sequenzers kommen und die acht Steps können mit einer variablen Länge zwischen einer Viertelnote und acht Takten gestaltet werden.

Die Eingabe in Echtzeit ist ebenfalls möglich, ein optionaler Count in gibt hier Aufschluss über das Tempo. Allerdings geschieht das lediglich mittels blinkendem Play-Taster, ein hörbares Metronom fehlt dem J-6. Bei beiden Aufnahmemethoden ist wieder die Obergrenze von maximal vier Stimmen zu beachten und es ist nicht möglich, Parameterbewegungen in den Sequenzer einzuschreiben.

Richtig raffiniert wird es jedoch erst, wenn die diversen Arpeggio- und Phrase-Patterns aktiviert werden, welche die sequenzierten Töne gemäß vorgespeicherter Rhythmen wiedergeben. Bei neun verschiedenen Styles mit jeweils 12 Variationen ist die Auswahl beträchtlich, außerdem lässt sich für jeden der acht Steps eine eigene Phrasierung auswählen. Schade ist, dass das Wechseln der Styles in Echtzeit nur schwer ohne hörbare Glitches vonstatten geht, sodass hier im Rahmen von Live Performance Vorsicht geboten ist. Die absolut solide klingenden Delay- und Reverb-Effekte ergänzen die Spielwiese des J-6 noch weiter und können ähnlich wie Filter und Envelope mit zwei Potis samt Shift-Funktion gesteuert werden. Dadurch ergibt sich Zugriff auf die Wet-/Dry-Verhältnisse der Effekte sowie Delay- und Reverb-Time.

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Alternativen

Fazit

Auf den ersten Blick wirkt Rolands J-6 wie eine Preset-Schleuder: Kaum Zugriff auf die Klangregelung und anstelle von erweiterten Sequenzer Optionen gibt es vorgefertigte Arpeggios und Phrases. Doch am Ende ist es gerade diese Form der Reduktion, die beim Musizieren mit dem Chord Synth zu schnellen und brauchbaren Ergebnissen führt. Die Grundsounds sind Dank ACB-Technologie super und klingen mehr nach Juno-60 als so manches VST-Plugin. Mit Hands-On-Kontrolle für Filter, Resonanz, Attack und Decay ist außerdem für das Mindestmaß an Regelmöglichkeiten gesorgt und die gelungenen Effekte verfeinern das Sounddesign noch weiter. Gerade im Anbetracht des geringen Preises sind die Abstriche des J-6 vertretbar, lediglich die Filterresonanz fällt in extremeren Settings negativ auf und die vier verfügbaren Stimmen sind je nach Anwendungsbereich schnell erschöpft. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass durch die vielen Hilfestellungen, die der J-6 bietet (Chord Mode bzw. Sound- und Phrase Presets) selten “Unfälle” passieren, die ja bekanntlich einer der schönsten Bestandteile des kreativen Arbeitens sind. Wer sich davon nicht abschrecken lässt und einen Portablen, günstigen und zuverlässigen Chord Synthesizer sucht, sollte den J-6 definitiv auschecken.

Gesamtwertung:
3,5 von 5,0
Qualität:  
3,5 von 5,0
Klang:  
4,0 von 5,0
Preis-Leistung:  
4,0 von 5,0

Pro

Super Sound dank ACB
Konnektivität und Akku sind ideal für Portable Setups

Kontra

Nur vier Stimmen
Verschachtelte Menüführung

Preis:

185 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Roland.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit AIRA Compact , Chord Synthesizer , Polyphon , Roland J-8 , sequenzer

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