Test: Roland MC-707 / Groovebox

Test: Roland MC-707 / Groovebox

Tests. 28. Januar 2023 | / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Egal ob ZEN-Core oder ACB-Technology – Rolands digitale Emulationen analoger
Klassiker haben es in sich. Neben vielen Neuauflagen aus der Boutique-Serie sowie dem
Drum-Machine-Flaggschiff TR-8S hat der japanische Hersteller in Form der MC-707 eine
Groovebox im Programm, die von Synthesizern über Drumsounds bis Sampling und
effizientem Workflow keine Wünsche offen lässt. Drei Jahre nach ihrer Veröffentlichung und
eine gute Handvoll Factory Updates später, wird es Zeit für den Praxistest.

Quick Facts

  • Achtspurige Groovebox mit ZEN-Core-Engine
  • Rolands Kultsounds + Oneshots und Loops
  • Sequenzer mit maximal 128 Steps und Parameterautomationen
  • Import von Samples und Loops per SD-Karte
  • 90 Effekttypen, 3000 Factory Sounds und 80 Drum Kits

Verarbeitung und Haptik

Mit Maßen von 426 x 263 x 60 mm und einem Gewicht von 2,1 kg orientiert sich die Größe von Rolands MC-707 in etwa an der verwandten Drum Machine TR-8S. Das Gehäuse ist aus gehärtetem Kunststoff und wirkt überaus stabil, eine Frontplatte aus Metall verstärkt diesen Eindruck. Der Ersteindruck stimmt also und ist einem Instrument der gehobenen Mittelklasse angemessen. Die achtspurige Mixersektion der MC-707 besteht pro Track aus vier LEDs zur Anzeige des aktuellen Sequenzertakts, drei frei zuweisbaren Potis für die Klangregelung, einem 45mm-Fader und dem gummierten Selection-Taster.

Letzterer aktiviert die jeweilige Spur für die Eingabe in den Stepsequencer und quittiert die Auswahl durch Hintergrundbeleuchtung. Die Verarbeitung der vielen Potis und Fader ist absolut in Ordnung, allerdings sind die Regler und Fader recht leichtgängig, was die detailgetreue Bedienung erschweren kann. Die Fader punkten hingegen mit beleuchteten und in ihrer Farbgebung anpassbaren Schiebewegen. Bei den Drehreglern wäre eine rastbare Mittelposition wünschenswert, um beispielsweise beim Tuning schneller zur Ausgangsposition zurückfinden zu können.

MC-707 von Roland von oben.

Die Stepbuttons zur Bedienung des Sequenzers sind ebenfalls beleuchtet, aber erstaunlich klein geraten. Das dürfte an den 16 Triggerpads für die Echtzeiteingabe liegen, die je nach Klangerzeuger für chromatisches Spiel oder Fingerdrumming herhalten. Die RGB-Pads sind zwar deutlich kleiner als bei MPC und Co., verfügen jedoch über einen ähnlich harten Anschlag, wobei sich die Sensitivity Curve bei Bedarf nachregeln lässt. Ein weiteres wichtiges Bedienelement von Rolands MC-707 ist das 9 x 3 cm Grafikdisplay in Kombination mit extra großem Data Dial und Pfeiltasten zur Navigation durch die Menüstruktur der Groovebox.

Der Bildschirm ist groß genug, um die dargestellten Informationen gut ablesen zu können, ohne den Workflow zu dominieren – so soll es sein. Darunter befinden sich noch vier weitere Endlos-Encoder für noch mehr Parameterkontrolle. Abgesehen von den Potis für Master- und Phones-Lautstärke gibt es noch eine kleine FX-Sektion oben rechts am Gerät, die mit zwei beleuchteten Reglern bis zu drei Effekte steuern kann. Die restlichen Bedienelemente der MC-707 sind gummierte Funktionstaster für Transport-Features, Shift, Clear, Pad Modes und vieles mehr.

Anschlüsse und Lieferumfang

Die Anschlüsse von Rolands MC-707 befinden sich allesamt auf der Rückseite des Instruments und umfassen einen Stereo-Mix-Out in Form von zwei Klinkenbuchsen, einen Stereo-Kopfhörerausgang, ebenfalls als 6,35mm-Klinke, MIDI-In, -Out1 und -Out2 nach fünfpol-DIN sowie einen USB-B-Port für beispielsweise Firmwareupdates. Per USB kann MC-707 aber auch als Audio/MIDI-Interface dienen und Multitrack-Aufnahmen bewerkstelligen.

MC-707 von Roland Anschlüsse.

Weitere Klinkenbuchsen für je zwei Sends bzw. Returns, zwei Assignable Outs und zwei External-Ins mit Kippschalter für wahlweise Mic- oder Line-Pegel runden die Anschlusssektion der Groovebox ab. Im Lieferumfang der MC-707 befinden sich das passende DC-Netzteil, ein relativ kurzes, aber mehrsprachiges Handbuch, ein noch kürzerer Quickstart Guide sowie eine 8 GB SD-Karte. Auf ein USB-Kabel wurde leider verzichtet, die komplette Anleitung gibt es zum kostenlosen Download auf Rolands Homepage.

Datenstruktur, Tracktypes, Clips und Scenes

Rolands MC-707 speichert sämtliche Daten eines Songs als Projekt auf der SD-Karte ab. Pro Projekt gibt es analog zur Mixersektion acht Tracks, die je nach Einstellung verschiedene Aufgaben übernehmen können: Tone Tracks sind für melodisches und harmonisches Spiel von Samples und Softsynths gedacht, Drum Tracks beherbergen bis zu 16 Percussion Sounds oder Oneshots und Looper Tracks eignen sich für Audio Loops.

Derartige Loops können entweder von der SD-Karte importiert oder direkt über die rückseitigen External-Ins aufgenommen werden, Timestretch ist ebenfalls mit an Bord. Der Sequenzer der Groovebox fasst bis zu 128 Steps und erlaubt individuelle Längen und Subdivisions pro Track – polymetrische Sequenzen sind also kein Problem. Allerdings fehlt ein dedizierter Song-Modus.

Etwas komplizierter wird es bei den Clips der MC-707, denn jeder Track fächert sich nochmal in bis zu 16 davon auf. Clips können beispielsweise verwendet werden, um verschiedene Drumkits in einem Drum Track unterzubringen oder unterschiedliche Sound- und FX-Settings für Tone Tracks abzuspeichern. Looper Tracks kann man pro Clip mit anderen Samples bestücken und in ihrem Wiedergabemodus variieren.

Hinzu kommen allgemeine Settings wie Sequenzerlänge und Laufrichtung, Subdivision, Shuffle sowie aufgezeichnete Parameterautomationen pro Clip. Neben der manuellen Auswahl per Pad-Mode können Clips auch zu Scenes zusammengestellt werden, die sich dann über die dedizierten Scene-Taster abrufen lassen. Pro Projekt lassen sich acht Scenes speichern.

Getting Started: Sound-Auswahl und Browser

Um einen ausgewählten Track mit einem Preset oder Sample zu belegen, muss der Sound-Taster auf der rechten Seite der MC-707 betätigt werden. Dadurch wird zunächst der Browser aufgerufen, durch den sich mittels Data Dial und Pfeiltasten navigieren lässt. Bei Tone Tracks werden die verfügbaren Klänge in Kategorien wie Bass, Pads oder Leads unterteilt, was die Suche enorm erleichtert. Hinzu kommen Filteroptionen nach Indexnummer, alphabetischer Reihenfolge oder Bank.

Die Tastenkombi Sound und Shift ermöglicht den Zugriff auf die Klangregelung der Presets, wobei Synthesizer als digitaler Schaltplan auf dem Display angezeigt werden. Auch hier kann man mit den Pfeiltasten durch Oszillatoren, Hüllkurven und Co. manövrieren, während man über die vier Encoder unter dem Bildschirm die verfügbaren Parameter regeln kann.

Klangregelung und Effekte

Die verfügbaren Drum Presets der MC-707 bestehen vorwiegend aus Emulationen von Rolands 606, 626, 707, 727, 808, 909 oder CR78. Die komplette TR-Sammlung in nur einem Hardware-Instrument zu haben, ist bereits ein gewaltiger Vorteil. Dazu kommen weitere, genre-spezifische Kits von EDM über Techno und House bis hin zu Hip-Hop oder Acoustic. Über die drei Potis der Mixer-Kanäle kann man direkt auf Filterfrequenz, Decay und Reverb Send zugreifen. Mittels Knob Assign können aber auch das Panning, Delay Send, die Hüllkurve, Vibrato- und Portamento Settings sowie der Pitch geregelt werden.

Unter der Haube der MC-707 gibt es noch weitere Parameter für die Klangregelung, gerade bei Drumsounds ist das Feinjustieren aber ziemlich mühselig, weil man für bis zu 16 Sounds durch Menüs tauchen muss. Besonders nervig ist hier, dass beispielsweise der Delay Send standardmäßig auf null steht, sodass jedes Pad einzeln eingestellt werden muss, wenn mit Delay gearbeitet werden soll. Generell ist der Sound der MC-707 als überaus druckvoll und transparent zu beschreiben, allerdings ist die digitale Natur der Klangerzeugung klar erkennbar.

Die Synthesizer-Presets sind dank der Grafik im Display zum Glück leichter zu bedienen. Auch hier haben Roland das Renommierteste aus ihrer Produktlinie in die MC-707 gepackt und liefern digitale Versionen von JUNO, JUPITER, JD-800, SH101 und Co. Weil es sich jedoch vorwiegend um „fertige” Synth-Patches handelt, die nach Anwendungsbereich benannt sind, ist die genaue Herkunft nicht immer leicht zu ermitteln. Auch hier gibt es noch unzählige Extra-Sounds von Oberheim und Prophet bis hin zu Digital-Pianos und Gitarren. Mit 90 verschiedenen Effekten hat man ein breites Klangspektrum und kann den Sound der MC-707 ganz individuell beeinflussen.

Abgesehen vom Master-FX gibt es noch zwei Send Slots und zwei Insert-Effekte. Letztere begrenzen sich auf diverse EQ- und Compressor-Varianten, die übrigen drei können frei zugewiesen werden. Auch wenn die Fülle an FX und deren Einstellungsmöglichkeiten durchaus überzeugen, ist die Handhabung recht sperrig: Abgesehen von den Schnellzugriff-Potis oben rechts am Instrument muss nämlich alles per Menü geregelt werden, wobei man stets nur einen einzelnen Parameter bedienen kann.

Sequenzer und Automationen

Um den Sequenzer von Rolands MC-707 mit Noten zu beladen, stehen die altbekannten Methoden der Lauflichtprogrammierung sowie Echtzeitaufnahme zur Verfügung. Weil Drum Tracks bis zu 16 Percussion-Klänge beinhalten können, muss zunächst der gewünschte Sound via RGB-Pad ausgewählt werden. Anschließend lassen sich die 16 Step-Taster verwenden, um Trigs zu setzen. Bei Tone Tracks läuft das ganze quasi umgekehrt, das heißt, zunächst wird der Step Button aktiviert, anschließend lässt sich die Tonhöhe via RGB-Pads eingegeben.

Einige der Pads helfen mit Zusatzfunktionen für Oktavwechsel, Pausen oder Legatospiel. Für die Aufnahme von Parameterautomationen gibt es einen eigenen Modus, der über den Motion-Rec-Taster aktiviert wird. Anschließend zeichnet MC-707 sämtliche Bewegungen der Filter-, Mod-, und FX-Potis auf. Alternativ kann man Motions auch programmieren, indem man Shift und den gewünschten Step Button drückt. Mit den Pfeil- und Measure-Tasten wird dann der Motion-Modus ausgewählt und das Display zeigt die Einstellung der Regler in Echtzeit an.

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Mehr Informationen

Sampling und Interface

Während für die User Samples – also alles, was unter die Kategorie Tone- und Drumtrack fällt – bis zu 12 Minuten bei Mono-Sounds mit maximal 44,1 kHz zur Verfügung stehen, bleiben für Loops nur 60 Sekunden übrig. Der Timestretching-Algorithmus ist zwar ganz passabel und die Optionen zum Beschneiden und Verfremden der Schnipsel sind okay, doch als richtiger Sampler eignet sich die MC-707 eher weniger.

Umso praktischer ist allerdings, dass man die Groovebox als Audio- und MIDI-Interface nutzen kann. Per USB können der Master-Ausgang und die acht Tracks der MC-707 im Handumdrehen an die DAW der Wahl geschickt werden. Auch der Audio-Eingang kann am Rechner abgegriffen werden und umgekehrt lässt sich die MC-707 über MIDI-CC auch vom Computer aus steuern.

Alternativen

Fazit

Rolands MC-707 ist einfach ein Powerhouse. Angefangen bei der großartig klingenden ZEN- Core-Engine sind mehr als genügend brauchbare Synthesizer und Drumsounds an Bord, um so ziemlich jedes Genre zu bedienen. Per SD-Karte oder integriertem Sampler kann man die Preset-Palette außerdem um jeden erdenklichen Klang erweitern. Hinzu kommen die vielen, für Roland typisch super klingenden Effekte, sodass in Sachen Sound alle zufrieden sein dürften. Der AIRA-mäßige, schwarz-grüne Look mit den vielen bunt leuchtenden Bedienelementen ist vielleicht Geschmackssache, bei der Verarbeitung der MC-707 gibt es allerdings absolut nichts zu meckern. Auch wenn der Workflow in der Vorbereitungsphase von Sounds und Samples recht mühselig ist, macht das Musizieren mit Rolands bester Groovebox jede Menge Spaß. Das liegt vor allem an den intuitiv zu erreichenden Pad Modes für die Noteneingabe und dem überaus leistungsfähigen Sequenzer. Auch die Datenstruktur mit den Clips und Scenes fühlt sich ziemlich Performance-freundlich an, erfordert jedoch eine gewisse Einarbeitungszeit. Der oben gelobte Sampler bildet das schwächste Glied im Repertoire der MC-707 und ist in seinem Funktionsumfang verhältnismäßig überschaubar. Wer damit kein Problem und Lust auf Groovebox Workflow mit Roland-Sound hat, wird hier sehr glücklich.

Gesamtwertung:
4,0 von 5,0

Pro

Super Sound dank ZEN-Core-Engine
Intuitiver Workflow mit Parameterautomationen
12 Minuten Speicherplatz für User Samples
Hochwertige Verarbeitung
Faires Preis-Leistungs-Verhältnis

Kontra

Nur acht Spuren
Sampler relativ rudimentär
Weder Arpeggiator noch Scale Mode

Preis:

892,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Roland.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit Audiointerface , groovebox , MC-707 , Roland , Sampler , sequenzer , Synthesizer

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