Der neuseeländische DJ-Softwarespezialist Serato hat mit dem Kreativwerkzeug 'Sample' bereits über den Tellerrand hinausgeschaut und Musikproduktions-affinen DJs ein Sampler-Plugin zur Verfügung gestellt, das in die gängigen DAWs geladen werden kann und über einen eigenständigen Workflow verfügt. Jetzt hat man das Rad weiter gedreht und Serato Studio veröffentlicht eine komplette Musikproduktionssoftware, die wiederum an DJs adressiert ist und diesen das Komponieren von Beats, Tracks und Remixen erlauben soll. Wie gut die Umsetzung gelungen ist, klärt dieser Test.
Serato Studio
Serato Studio kann über die Webseite des Herstellers für Mac- und Windows-Computer heruntergeladen werden und wird ausschließlich als Abo-Modell angeboten. Der Anwender zahlt je nach Laufzeit zwischen 9,99 US-Dollar und 14,99 US-Dollar pro Monat und bekommt neben dem eigentlichen Produkt und Updates monatlich ein neues Soundpack. Zugegebenermaßen bin ich kein großer Fan dieser Abomodelle, da man bei Zahlungsstopp keine nutzbare Software mehr besitzt, aber leider setzen immer mehr Firmen darauf. Als Besonderheit lässt sich diese DAW mit DJ-Controllern steuern, die mit Serato DJ kompatibel (hier die komplette Liste) sind sowie mit dem Akai Pro MPK Mini2 und MIDI-Keyboards. Da die Verwendung einer Controller-Hardware nicht obligatorisch ist, kann Serato Studio auch mit der Computertastatur und Maus bedient und somit ohne großen Aufwand auch mobil genutzt werden. Das ist gut, denn DJs können so Tracks oder Layouts auf Reisen in der Bahn oder im Flugzeug generieren.
Arbeitsbereich
Serato Studio bietet ein übersichtlich gestaltetes, zentrales Arbeitsfenster und kommt weitestgehend ohne Untermenüs oder verschachtelte Auswahlsektionen aus. Auf diese Weise gelingt der Einstieg sehr schnell und intuitiv. Per Drag&Drop lassen sich Samples, Instrumente und Effekte bewegen und wichtige Parameter wie das Songtempo und die Tonhöhe werden permanent eingeblendet. Das Arbeitsfenster ist in drei Sektionen unterteilt, die Instrumenten-/Sample-Details, den Sequencer und einen Browser mit musikalischen Inhalten umfassen. Für Detailarbeiten lassen sich einzelne Sektionen oder Funktionen ausblenden, was gerade bei kleineren Monitoren mit einer niedrigen Auflösung sehr von Vorteil ist.
Beats als Grundlage
Die Software blendet zum Start jedes neuen Projekts eine Drumspur ein, die durch Mausklicks oder Einspielungen mit Leben gefüllt werden kann. Die Drumspur beinhaltet ein Drumkit mit acht Sounds. Einzelne Drumsounds oder ganze Kits sind per Drag&Drop einfach austauschbar. Im Lieferumfang des Programms befinden sich Drumkits aus unterschiedlichen musikalischen Genres, die mir gut gefallen haben; abonniert man die Software, wächst diese Auswahl kontinuierlich an. Zur Bearbeitung der Samples stehen die Parameter Attack und Release zur Verfügung, zudem kann eine Rückwärtswiedergabe erfolgen. Wer möchte, passt außerdem die Tonhöhe und das Wiedergabetempo unabhängig voneinander an.
Die Einspielungen werden in Scenes festgehalten, die bis zu acht Takte lang sein können, und aus den Scenes lassen sich später komplette Songs arrangieren. Das Einspielraster der Noten ist in der Voreinstellung auf 16tel-Noten festgelegt, kann aber bei Bedarf auf 32tel und Triolen umgeschaltet werden. Wem es dann immer noch zu statisch wirkt, aktiviert eine stufenlose Swingfunktion. Als Inspiration bietet Serato Studio fertige Beat-Pattern, die nach verschiedenen Genres wie House/Techno, R&B, Dubstep, Indie/Rock etc. sortiert sind. Die Pattern stellen eine gute Ausgangsbasis dar, hier sollte jeder etwas Passendes finden können.
Samples
Die generierten Beats lassen sich auf verschiedene Weise unterfüttern. Serato Studio verfügt über eine Auswahl an gut klingenden Loop-Samples, die sich um eigene Samples erweitern lässt und die synchronisiert wiedergegeben werden. Die verwendete Pitch-’n’- Time-Technologie sorgt hier für sehr gut klingende Anpassungen. Das Progamm generiert zudem acht Hotcue-Punkte, die modifizierbar und für ein kreatives Sample-Triggern nutzbar sind. Verwendet man einen DJ-Controller, so lassen sich die Samples mit den acht Performance-Pads spielen. Diese Umsetzung hat mir sehr gut gefallen, da man sehr schnell viele verschiedene musikalische Phrasen erzeugen kann, die das Kernstück eines Songs bilden. Die per Hotcue steuerbaren Sampleausschnitte können mit einer Attack-/Release-Hüllkurve versehen und als One-Shot oder Hold getriggert werden.
Instrumente
Serato Studio ist mit Instrumenten ausgestattet, die zur Begleitung, Untermalung, aber auch für Melodien nutzbar sind. Die Bezeichnung „Instrumente“ ist meiner Meinung aber etwas hochgegriffen, da es sich zwar um tonal spielbare Sounds handelt, die aber lediglich Attack, Release und Glide zur Anpassung bieten. „Echte“, generierte Soundsynthesen findet man also hier nicht. Ein wirklicher Minuspunkt ist das allerdings nicht, denn der Hersteller hat eine gute Auswahl an Sounds implementiert und „richtige“ Instrumente lassen sich per VST- und AU-Schnittstelle ergänzen, hierzu komme ich später noch.
Damit die Einspielungen gelingen, kann die Funktion „Play in Key“ aktiviert werden, die die musikalisch passenden Töne auf acht Pad-Slots mappt. Ich finde das eine sehr gute Idee, da somit auch Nicht-Musikern oder DJs, die bislang einen Bogen um Musiktheorie gemacht haben, die Komposition eines Musikstücks gelingt.
Effekte
Zur Bearbeitung der Musiksignale steht in Serato Studio eine umfassende Auswahl an Effekten zur Verfügung. Neben klassischen Delay, Flangern, Reverbs und Bitcrushern, gibt es auch Dynamikeffekte wie Compressor und Limiter. Die Qualität der Effekte überzeugt, aber auch hier hat man sich für eine vereinfachte Handhabung und gegen eine große Parameterauswahl entschieden. Die Verwendung der Effekte wird dadurch erleichtert. Wer editierbare Effekte verwenden möchte, kann diese ebenfalls als Plugins „nachrüsten“.
Für Instrumente (interne oder Plugins) stehen drei Effektslots zur Verfügung, für Drumkits gibt es pro Drumsound je drei Effektslots sowie drei globale für das komplette Drumkit und für Loop-Samples gibt es pro Hotcue-Punkt drei Effektslots sowie ebenfalls drei Effekte, die das komplette Sample modifizieren. Es lassen sich somit sehr viele Eingriffe in das Klangbild vornehmen. Um dem Gesamtmix den letzten Schliff zu geben, bietet die Software drei Mastereffekt-Slots, hier lassen sich EQs, Limiter etc. einschleifen.
Plugins
Serato Studio kann durch VST- und AU-Plugins beliebig erweitert werden. Instrumente und Effekte aus dem Studio-Bereich sind somit sehr einfach ergänzbar. Wer hier noch unbedarft ist, findet im Internet neben kommerziellen Produkten auch eine riesige Auswahl an kostenlosen Tools, darunter auch virtuelle Analogsynthies oder brachiale Verzerrer.
Automation & Mixdown
Lebendige Pattern und Songs lassen sich in Serato Studio durch den Einsatz von Parameterautomationen generieren. Je nach Klangquelle stehen unterschiedlich viele Parameter zur Auswahl. Während bei den „internen“ Sounds im Wesentlichen nur EQs, Filter, Lautstärke und Effekte steuerbar sind, bieten sich bei den Plugins sehr viele zusätzliche Parameter wie eine Oszillator- oder Modulationssteuerung, die eine detaillierte Soundformung erlauben.
Das Mixen der einzelnen Spuren gelingt über Kanalzüge im Sequenzer-Bereich, die Dreiband-EQs, Gain- und Dualmode-Filter-Regler sowie einen Kanalfader beinhalten. Was mir an dieser Stelle fehlt, ist eine komplette Mixeransicht mit allen verwendeten Spuren, um den Gesamtmix einfach und übersichtlich abstimmen zu können. Das musikalische Werk kann komplett als Stereo-Wav-Datei oder als einzelne (Stem-) Spuren exportiert werden. Letztere lassen sich in DJ-Programmen zur Individualisierung von DJ-Sets nutzen.
Fazit
Das Produktionstool Serato Studio (getestet in der Version 1.1) hinterlässt einen guten Eindruck und bietet einen interessanten neuen Ansatz, um eigene Musikstücke zu generieren. Design und Workflow sind einzigartig und richten sich vornehmlich, aber nicht ausschließlich, an Anwender, die bereits mit Serato-Produkten gearbeitet haben. Die Umsetzung ist gut gelungen und nach einer kurzen Einarbeitungszeit lassen sich spielerisch Beats und komplette Musikstücke generieren. Die Qualität der enthaltenen Sounds ist ordentlich und auch die Effekte lassen sich gut einsetzen. Trotz aller Begeisterung gibt es auch meinerseits auch noch ein paar Wünsche für zukünftige Updates, wie zum Beispiel eine Aufnahmefunktion für Audio, um Gesang aufnehmen zu können, MIDI zur Ansteuerung externer Hardware oder eine Synchronisationsmöglichkeit wie Ableton Link, damit man Serato Studio mit einem DJ-Programm kombinieren kann. DJs, die sich unverkrampft mit dem Thema Musikproduktion beschäftigen möchten, kann ich Serato Studio empfehlen, eine komplexe Sequencer-Lösung wie Logic Pro oder Cubase Pro ersetzt es allerdings (noch) nicht.
Pro
Einzigartige, einfache Bedienung
Praktische Kompositionshilfen
Gute Effekte und Sounds
Export als Stem-Dateien
Erweiterbar via VST-/AU-Plugins
Lebendige Pattern durch Automation
Kontra
Kein zentrales Mixerfenster
Keine Programmierung für MIDI-Controller
Preis:
229,00 EUR
Weitere Informationen gibt es auf der Website von Serato.
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