STANTON bewirbt seine Controller-Produktlinie mit "Enter The System". Mit Floh hat unser bester Pirat die Enterhaken zur Hand genommen und versucht auf dem Controller-Flaggschiff anzulanden. Hier sein Bericht.
Da_Vorfreude
...war ziemlich groß, als ich das Paket mit dem zu testenden SC-System* erhielt. Dessen Inhalt bestand aus einem SCS1.d (Controller-Deck) & einem SCS1.m (Controller-Mixer). Zwar konnte ich beide Gerätschaften schon auf der Musikmesse mal grob begutachten, aber es ist dennoch etwas völlig anderes, wenn man sie zuhause in gewohnter Umgebung stehen hat. In den OVPs befand sich neben Mixer und Controller auch ne Menge Kleingedöns wie Firewire-Kabel, Adapter, lieblos ausgedruckte Schwarz-Weiss-Manuals usw. - aaaaber: KEINE CD/DVD oder sonstiger Datenträger irgendeiner Art. Auch, wenn das Netz der Netze mittlerweile fast flächendeckend zugänglich ist, wäre es von Stanton schön gewesen, hätten sie die notwendige Software (also Treiber, Presets oder eine DJ-Software in Demo oder LE-Version) mit beigefügt. Denn ohne Software, kein Spass! Aber auch mit Software kann nur eingeschränkte Freude aufkommen, dazu später mehr.
Da_Verarbeitung
Die Teile kommen auf den ersten Blick ein wenig "Fisherprice-Like" rüber. Zwar sehr robust, aber überall schön abgerundete Kanten und verspieltes Design - neben einem Bobbycar würde man denken, dass es sich um das neue Spielzeug vom Zögling handelt. Befasst man sich ein wenig genauer mit den beiden SCS, muss man aber feststellen, daß es sich keineswegs um irgendwelche Nachwuchs-Toys handelt, sondern daß man es mit absolut innovativen Soundverwurschtelungsmaschinen zu tun hat. Alles fühlt sich sehr wertig an, zwischen den Fingerspitzen, und man findet sich gut zurecht. Einzig die sehr glatten und dünnen (EQ-)Potis und der schleifende Platter (also der sich drehende Plattenteller des Controller-Decks) haben mir weniger gefallen. Das im SCS1.m Mixer integrierte Audio-Interface hat mächtig Dampf im Kessel, von daher sei ein jeder vorgewarnt, der den ersten Testlauf mit dem SCS noch vor sich hat!
Da_Systemkonfiguration
Angeschlossen sind beide Geräte recht schnell: zweimal Netzteil, Firewire vom 1.d zum 1.m und von dort, ebenfalls Firewire, weiter zum Rechner, Audio zur PA - und fertsch! Der nächste, zwingend notwendige Prozess ist das Installieren von Da_Router, der auch gleich die nötigen Treiber und erste Presets mitbringt. Ohne Da_Router löppt nix, da das SCS anscheinend keine nativen MIDI-Daten sendet und diese erst intern generiert werden. MIDI läuft demnach auch über 2 virtuelle Ports, basierend auf BOME's MIDI-Translator. Wer damit schon mal gearbeitet hat, weiß um das schier unendliche Potential dieses Tools. Soll heißen: kannste BOMEs, kannste alles mit nem SCS. Man hat/hätte die Möglichkeit, seine eigenen Presets zu erstellen, um die Controller vollends an seine eigenen Bedürfnisse anzupassen. Für den "PlugUndPlayer" stellt dies aber wohl die größte Hürde dar und er muss sich zwangsläufig mit den mitgelieferten Mappings mehr oder weniger zufrieden geben.
Da_Testlauf
...war sehr gewöhnungsbedürftig. Da hatte ich also einen Controller zum Mixen und einen Controller zum Decksteuern, mein TraktorPro das erste Mal im internen Modus und eigentlich keinen Plan, was ich hier überhaupt mache. Tolle Wurst! Stanton hielt zwar (dann letztlich doch) die nötige Software samt Presets & Mappings bereit, eine Doku suchte ich jedoch zunächst noch vergeblich. Also hab ich halt einfach mal überall ein bisschen rumgedrückt und rumgedreht, und schon ist mir TraktorPro abgeschmiert... Woooohoowww, fett!!
Als Ursache stellte sich ein fehlerhafter MIDI-Befehl im Mapping heraus, der per "Direct" das Layout 4 in meiner DJ-Software anwählt, wobei TraktorPro zwar im Werkszustand auch 4 Layouts bietet, diese jedoch von 0 bis 3 nummeriert sind. OK, nix Gravierendes was sich nicht beheben liesse, aber da muss man erstmal drauf kommen!
Mit dem hochangepriesenen Vinyl-Feeling durch den aktiven Platter bin ich aber mal überhaupt nicht konform gegangen. Egal, was und wie ich es eingestellt hab, wollte bei mir nicht mal ein ansatzweises Plattengefühl aufkommen. Der Teller reagierte mir viel zu träge. Die grobe Pitch-Rasterung tat dabei dann noch ihr Übriges und ich bin schier verzweifelt beim Versuch die Tracks manuell angleichen zu wollen. Es mag durchaus an einer falschen Konfiguration gelegen haben, doch wollte ich einerseits für den Test nicht erst vorher das komplette Stanton-Forum studieren müssen, andererseits hab ich für den doch recht hohen Kaufpreis ein gewisses Plug&Play einfach vorausgesetzt.
Nachdem das manuelle Pitchen für mich passé war, wollte ich dem SCS dann wenigstens noch eine Chance in der Kategorie Autosync geben. Und siehe da, zum wirklich ersten Mal konnte ich ein wenig Musik mischen. Zunächst noch etwas dilletantisch, aber nach der Gewöhnungsphase entstand dann sowas ähnliches wie ein Mix. Sofort kreisten meine Gedanken in Richtung "hier was ändern und da was um-mappen, diese Funktion lieber da drauf, das brauch ich nicht, dafür lieber das undsoweiter...". Nun ja, von der Idee her sollte es doch kein Problem sein, die nötige Mapping-Praxis war ja schliesslich auch vorhanden. Aaaaaaber: ja, genau - aber!! Da wie bereits erwähnt das SCS keine direkten MIDI-Daten liefert und erst über Da_Router läuft, Da_Router an sich jedoch auch schon was ähnliches wie Maps besitzt (analog zu den Trekker-Modifiern), und ich bis dato noch immer keine Doku zu den Presets hatte, wurde dieses Vorhaben zur Stecknadelimheuhaufensuche... Einige Buttons und Knobs schalten nämlich durch die SCS-Presets und ändern den Kanal, auf dem gesendet wird. Hat man nun eine Funktion neu belegt, so kann es sein, dass man dafür genau einen solchen Button verwenden will, der von einem Preset-Switch betroffen ist und anschliessend seine Funktion verliert, obwohl man ihn schon ganz gern permanent funktional hätte. Hier muss man genau mit dem auftrumpfen, was ich oben mit BOME-Erfahrung meinte! Wer sein ureigenes und individuelles Mapping nutzen möchte, sollte sich eben auch ein wenig mit dem MIDI-Translator auskennen. Dann allerdings entwickelt das System ein enormes Potential! Die Controller korrespondieren nicht nur untereinander, sondern auch mit der Software. Man erhält optisches und haptisches (Stichwort: Motorfader) Feedback und der Screen wird mehr und mehr zur Nebensache. Eben so, wie es sein soll und wo wir Digitalos eigentlich alle mal hin wollen - wenn wir gross sind ;).
Für einen kurzen Produkttest erschien mir das alles etwas zu aufwändig und hätte auch jeglichen, mir verfügbaren, Zeitrahmen gesprengt. Und ich sage es nochmal: für den Individualisten ist dieser Schritt unabdingbar, für den Plug&Play-User nicht wirklich realisierbar, da dieser mit einer völlig anderen Erwartungshaltung an die Sache geht, welche (nach meiner Meinung) von Stanton (noch) nicht erfüllt wird. Das SCS erfreut sich jedoch einer kleinen, aber ziemlich euphorischen Fangemeinde, deren neueste Optimierungen über das Forum für jeden zugänglich sind.
Da_Fazit
Die SCS1s bringen auf jeden Fall neuen Schwung in den Controller-Markt, der mit Sicherheit auch in naher Zukunft von den Mitbewerbern aufgegriffen wird. Das System ist durchaus innovativ und der Gedanke dahinter ein sehr guter. Man darf gespannt sein wie sich die ganze Geschichte noch entwickelt und ich bin mir sicher, dass wir von dieser, mit dem SCS gelegten Basis noch mit so manchem "Aha-Effekt" rechnen müssen und dürfen. Aktuell sieht es für mich jedoch so aus, dass der doch recht hohe Preis noch nicht wirklich gerechtfertigt ist. Weniger für die Hardware (da an deren Qualität eigentlich nix auszusetzen ist), sondern eben eher für die bereitgestellte Software, in Stanton-Kreisen auch Da_Router genannt. Potentielle Interessenten sollten sich daher von diesem Testergebnis, welches MEINE Erfahrung und Meinung widerspiegelt, nicht abschrecken lassen und ihren eigenen Beobachtungsposten nicht verlassen.
Da_PS
Mittlerweile hat sich am Preis der besprochenen Geräte etwas getan. Der SCS1.m Mixer liegt aktuell bei 699 Euro (zuvor 799 Euro), das SCS1.d Deck bei 799 Euro (zuvor 1200 Euro).
* Grundlegende Informationen zum Umfang und der Funktionsweise findet man auf der firmeneigenen Produktseite. Das System kommt (unüblicherweise) ohne mitgelieferte DJ-Software.
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