Anfang 2022 brachten Twisted Electrons die Groovebox Blast Beats auf den Markt – eine Drummachine mit integriertem FM-Synth und ausgeklügeltem Sequenzer. Spätestens seit MEGAfm hat sich die französische Firma mit ihrem LoFi-Sound im Retro-Gaming-Stil einen Namen gemacht und verbaut in ihren Instrumenten die Soundchips von NES, SEGA und Co. Auch die Klangerzeugung des Blast Beats basiert auf quasi-historischer Technologie und arbeitet mit dem Chip alter Soundblaster-Soundkarten aus den 90ern. Die Details gibt’s im folgenden Test.
Quick Facts
- Mit Kick, Snare, Tom, Open/Closed Hats, Cymbal und vier FM-Synths
- LoFi-Sound basierend auf Yamahas FM-Chip YMF-262 (OPL3)
- Raffinierter Sequenzer mit Pro-Step-Automation und Modulation aller Fader
- Maximal 64 Steps pro Pattern und 16 Patterns pro Song
- 100 Kits und 160 Songs können per SD-Karte gespeichert werden
Verarbeitung, Anschlüsse und Lieferumfang
Mit einem Formfaktor von 295 x 165 x 45 mm und 944 g Gewicht ist Twisted Electrons Blast Beats absolut portabel. Dank des robusten Alu-Gehäuses stimmt aber auch die Stabilität, sodass dem regelmäßigen Transport nichts im Wege steht. Bei sage und schreibe 56 Fadern und 32 beleuchteten Schaltern auf der Oberfläche ist die Kiste ein kleines Platzwunder, aber keine Sorge, die Bedienung macht trotzdem noch Spaß. Mit 3 cm Fader-Länge ist zwar die Untergrenze der ernstzunehmenden Spielbarkeit erreicht, aber dank der wertigen Verarbeitung und dem stylischen Design geht das Konzept noch auf. Auch die Step- bzw. Funktionstaster überzeugen mit ihrer Haptik: Sie sind angenehm schwergängig, verfügen über einen befriedigenden Klick und passen hervorragend in den Retro-Look. Beunruhigend ist nur, dass die Platine des Blast Beats durch die Ritzen der Taster blitzt. Es gilt also mehr denn je: Keine Getränke im Studio!
Die Anschlüsse des Blast Beats sind mit MIDI In und Out nach fünfpol DIN sowie Sync In und Out im 3,5mmMiniklinkenformat für die Kommunikation mit allen gängigen Gerätetypen gewappnet. Ein USB-B-Slot erlaubt das Updaten der Firmware, auf MIDI-Kompatibilität wurde hier verzichtet. Als Audioausgänge dienen 6,35mm-Klinkenbuchsen für Headphones und Gesamtmix, jeweils Duo-Mono, das heißt im Kopfhörer gibts Sound auf beide Ohren – ein Detail, das beim Deton8 noch schmerzlich vermisst wurde. Zusätzlich haben Twisted Electrons noch vier Einzelausgänge spendiert, die sich frei belegen lassen, um die einzelnen Stimmen der Groovebox abzugreifen. Strom gibt’s per DC In, das passende 9-Volt-Kabel liegt der Verpackung des Blast Beats bei. Ansonsten befindet sich im Lieferumfang noch ein DIN-A4-Zettel für die Erklärung grundlegender Funktionen und einem QR-Code, um ans detaillierte Online Manual zu gelangen.
Die Drumsounds: Bassdrum
Mit 14 Fadern ist die Kick des Blast Beats in Sachen Klangregelung erstaunlich detailliert. Aufgeteilt auf Carrier und Modulator mit jeweils eigenen Lautstärke- und Wellenformreglern sowie Pitch- und Amp-Hüllkurven kann hier reichlich getüftelt werden. Allerdings ist die Bassdrum relativ schwach auf der Brust, solange es nicht in Richtung brutaler Chiptune-Sounds geht. Für entspanntere Stile gehts auch bassig, ansonsten liegt sie eher im Mittenbereich mit je nach Wellenform ziemlich ausgeprägter Obertonstruktur. Wer eine Drum Machine für alle Zwecke sucht, wird mit der Kick des Blast Beats vermutlich nicht ganz glücklich.
Die Drumsounds: Snaredrum
Die Snare des Blast Beats kommt hingegen mit "nur" sieben Fadern aus, darunter wieder Pitch- und Amp-EG, Regler für Volume und Wellenform sowie Multi-Trigger für Clap-Sounds. Der Noise-Anteil lässt sich nur über die Wellenform steuern, übrigens zeigen die LEDs der oberen Funktionstasterreihe an, welche Wave gerade aktiv ist. Bei Bedarf können in Kombination mit Attack und Decay auch Hihat- und Shaker-Klänge generiert werden, Tonales und Tom-Sounds sind ebenfalls möglich. Ansonsten klingt die Snare des Blast Beats im besten Sinne LoFi, was sich an den eher gediegenen Obertönen zeigt.
Die Drumsounds: Hihats, Tom und Cymbal
Die vier übrigen Drum-Stimmen für Closed und Open Hihats, Tom und Cymbal wurden mit dem gleichen Satz Fader ausgestattet wie die Snare. Allerdings teilen sie sich die physischen Regler, sodass via Kit-/Folder-Taster zunächst die entsprechende Stimme ausgewählt werden muss, bevor es an die Klangregelung geht. Während Tom und Hihats mit angenehm körniger Soundstruktur überzeugen und sich leicht den klanglichen Erwartungen beugen, ist das Cymbal schwerer in Szene zu setzen: Metallische FM-Charakteristik ist da, aber klassische Ride oder Crash Sounds sollten hier nicht erwartet werden. Außerdem teilen sich die vier Stimmen den Tune-Regler samt Pitch-Bend, sodass die Tom nur bedingt als melodisches Element zweckentfremdet werden kann.
Die FM-Synths
Von den vier FM-Tracks des Blast Beats sind die ersten beiden monofon und die letzten zwei duofon, sodass auch rudimentäre Chords und Pads möglich sind, genauso wie Detune-Effekte zum Andicken des Synthesizerklangs. Jede Synths-Stimme besteht aus vier Operatoren mit üppiger Fader-Ausstattung, die sich gemäß fünf Algorithmen modulieren lassen. Beim Betätigen des Algo-Reglers wird ähnlich zur Wellenformauswahl anhand der Kit-/Folder-Taster angezeigt, welcher Algorithmus gerade greift. Eine grafische Abbildung der Operatoren-Konstellation oben rechts auf dem Gehäuse sorgt für noch mehr Überblick. Mittels Feedback-Fader können die FM-Stimmen ganz schön harsch klingen, dank der integrierten Tremolo- und Vibrato-Effekte geht es aber auch vibey und atmosphärisch. Für chromatisches Spiel können zwar die Step-Taster genutzt werden, richtiges Synthesizerfeeling kommt aber erst auf, wenn ein MIDI-Keyboard angeschlossen wird.
Der Sequenzer
Mit einer variablen Länge zwischen einem und 64 Schritten ist der Sequenzer des Blast Beats in der goldenen Mitte anzusiedeln – nicht zu kurz, dass es einengt und nicht so lang, dass der Überblick flöten geht. Polymeter pro Stimme sind zwar nicht möglich, dafür können Sequenzen per Copy and Paste vervielfältigt und dann zu Songs verkettet werden. Am meisten Spaß macht es aber, mit den Elektron-mäßigen Automationen zu arbeiten: Jeder der 56 Fader lässt sich pro Step automatisieren, gleiches gilt für die Auswahl des aktiven Kits. Außerdem gibt es Trig-Probability, selbstverständlich Swing und das Wiggle-Feature, welches bei justierbarer Regeltiefe wie ein LFO auf die Fader-Stellung zugreifen kann.
Des Weiteren helfen Mute- und Solo-Schaltungen bei der Performance genau wie Stutter, Freeze und Bend. Letzterer ist ein Tapestop-ähnlicher Pitchbend, der auf alle Stimmen des Blast Beats zugreift, bei Stutter und Freeze handelt es sich um relativ normale Note-Repeat-Funktionen. Neben der üblichen Lauflichtprogrammierung kann Twisted Electrons Blast Beats auch in Echtzeit mit Noten-Trigs und Parameterautomationen beladen werden. Diverse Clear-Modi helfen dabei, kleinteilige Elemente aus dem Pattern zu löschen, ohne komplett von vorne anfangen zu müssen. Trigs und Automationen können nicht nur unabhängig voneinander resettet werden, sondern auch pro Stimme und sogar pro Regler.
Alternativen
Fazit
Wer auf der Suche nach einer etwas anderen Drum Machine ist und noch Kapazitäten für FM-Sounds hat, sollte den Twisted Electrons Blast Beats definitiv auschecken. Mit Sequenzer- und Utility-Funktionen à la Elektron hat die Groovebox eine Menge zu bieten und punktet zusätzlich mit intuitivem bzw. altbekanntem Workflow. Abgesehen von ein paar zu lernenden Vokabeln wie Function statt Shift oder Tricks an Stelle von Performance-Effekten ist die Einarbeitungszeit erstaunlich kurz, was bei der Fülle an Features und Bedienelementen eine regelrechte Meisterleistung ist. Der LoFi-Sound ist für Twisted Electrons Gear ebenfalls erstaunlich vielseitig und eignet sich nicht nur für Videospielmusik im Retrostil: Ruhigere Genres wie Dub Techno, aber auch noisy Kram in Richtung 8-bit-Industrial funktionieren super, nur dazwischen hat Blast Beats seine Schwächen. Besonders bei der Kick stoßen die gegebenen FM-Mittel schnell an ihre Grenzen, sodass der eigensinnige Charakter des Blast Beats eher als Ergänzung zu empfehlen ist, statt als Go-to Drum Machine.
Pro
Innovatives Groovebox-Konzept
charakterstarker Sound
erstklassiger Sequenzer mit vielen Modulationsmöglichkeiten
Kontra
Kick etwas dünn im Sub-Bereich
Tom, Hats und Cymbal teilen sich Fader
Preis:
599 EUR
Weitere Informationen gibt es auf der Website.
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