Die kleine Boutique-Schmiede Twisted Electrons aus Südfrankreich gilt als Geheimtipp, wenn es um elektronische Musikinstrumente geht. Der eigentlich aus Großbritannien stammende Gründer Alex Smith setzt die Geräte persönlich von Hand zusammen und hat eine Vorliebe für Videospielmusik. Das zeigt sich beim kleinen aber feinen Drumsynth Deton8, der mit hybriden Samples und reichlich Retro-Charme im 8-bit-Style daherkommt. Wie explosiv Deton8 in der Praxis ist, zeigt dieser Test.
Quick Facts
- Acht Voices inklusive Synth-Stimme basierend auf NES-Klangerzeugung
- 16-schrittiger Stepsequencer sowie Pattern-Speicher und -chaining von bis zu 16 Patterns
- Diverse Performance-Effekte wie Ringmod, Stutter oder Lowpassfilter
- Sample-Editor zum Erstellen eigener Drumkits
Verarbeitung, Anschlüsse und Lieferumfang
Der Twisted Electron Deton8 misst gerade mal 140 x 40 x 90 mm, wiegt dafür aber stolze 0,6 kg. Das verhältnismäßig hohe Gewicht kommt vom überaus soliden Metallgehäuse und verleiht der kleinen Drum Machine einen angenehm wertigen Gesamteindruck. Die acht Potis sind fest auf der Gehäuseoberfläche verschraubt und lassen sich trotz des geringen Platzes präzise bedienen.
Die Reglerkappen sind ebenfalls aus Metall und passen ideal in den schicken, schwarzen Look des Deton8, dank der seitlichen Riffelung haben sie außerdem genügend Grip. Für die Handhabung des Stepsequencers gibt es 16 hintergrundbeleuchtete Gummi-Pads, die mittels Mehrfachbelegung Zugriff auf die Effekte, Performance-Features und Co. bieten. Drei dedizierte Funktionstaster aus hartem Plastik runden die Bedienelemente des Deton8 ab.
Während das Feeling der Gummi-Pads angenehm weich ist, lässt sich die weiße Hintergrundbeleuchtung bei starkem Licht, wie beispielsweise im Rahmen einer gut ausgeleuchteten Video-Session, leider kaum noch erkennen. Weil Deton8 keine Alternativen für visuelles Feedback bietet, wird die Navigation durch den Workflow praktisch zum Blindflug.
Die Anschlüsse der Drum Machine sind vornehmlich im 3,5mm-Miniklinkenformat gehalten und reichen von einem Audioausgang in Mono über MIDI-In sowie Sync In und Out. Für die Stromversorgung, Firmwareupdates und den kostenlosen Sample-Editor gibt es noch einen Mini-USB-Anschluss. Das passende Kabel und ein Adapter von Miniklinke auf Fünfpol-MIDI sind im Lieferumfang des Deton8 enthalten, genauso wie ein Cheat Sheet für den Überblick über die wichtigsten Funktionen.
Die Sounds
Das von Werk geladene DETON8-Kit besteht aus Kick, Snare, Metal (für Hihat-Sounds), Clap, Can, Tom und Nut und eignet sich hervorragend für brachiale Lofi-Beats mit reichlich Bitcrush. Während sich alle Samples gemäß Pitch, Decay und Lautstärke regeln lassen – Letztere etwas irreführend mittels Drive-Regler –, verfügen die Stimmen Kick, Snare und Metal über verschiedene Extra-Parameter, die man mittels Sound-Poti anpassen kann.
So kann die Kick mit einem Sinuston angereichert werden, bei der Snare lässt sich der Noise-Anteil einstellen und Metal lässt den eigentlich zahmen Hihat-Sound in höheren Sound-Settings zum metallischen FM-Beast mutieren. Welche Inspiration hinter den Bezeichnungen Can und Nut steckt, ist schwer zu sagen, klanglich erinnern die Samples an die zwei Zonen einer Cowbell, Clap und Tom sind hingegen relativ selbsterklärend.
Abgesehen von ein paar Sweetspots pro Sample driften die Sounds des Deton8 bei höheren Einstellungen der Decay- und Drive-Regler schnell ins Bitcrush-Chaos und vermatschen den Gesamtklang. Weil es sich bei den Reglern der Drum Machine nicht um Endlos-Encoder handelt, führt der Regelweg der Potis leider immer wieder an ungewünschten Settings vorbei – hier wäre zumindest eine Catchup-Funktion schön gewesen.
Hinzu kommen unkontrollierbare Artefakte und Glitches, die eine fehlerfreie Bedienung erschweren. Wer auf Lofi und Noise steht, wird daran sicher viel Freude finden, doch für kontrolliertere Beats empfiehlt es sich, das Kit mittels Sample-Editor zu wechseln. Abgesehen von den Reglern zur Sound-Kontrolle gibt es noch je ein Poti für Mastervolume und die Auswahl der aktiven Sample-Stimme.
Per-Voice-Effekte
Zusätzlich zu den oben beschriebenen Möglichkeiten zur Klangfärbung hat Deton8 noch das ein oder andere Ass im Ärmel, wenn es um die soundliche Gestaltung geht. Beispielsweise kann der Drive-Regler in Kombination mit Shift einen Side-Chain-ähnlichen Ducking-Effekt erzeugen, wobei die aktive Stimme verwendet wird, um die restlichen Sounds wegzudrücken. Shift und Decay fügen einzelnen Samples einen Delay hinzu, vorausgesetzt der Decay-Regler befindet sich über 50 % Regelweg.
Shift, Play und Decay steuern das Tempo des Echos, via Shift, Play und Pitch-Poti lassen sich außerdem Pitchbends realisieren. Mit nur einem Regler pro Effekt hält sich der Facettenreichtum zwar in Grenzen, für ein wenig Würze sind die FX jedoch absolut brauchbar. Auch die Sequenzer-Pads warten mit Doppelbelegungen auf und erlauben beispielsweise, einzelne Samples rückwärts abzuspielen.
Performance-Effekte
Die übrigen Effekte des Deton8 betreffen den Gesamtklang der Drum Machine und greifen nur so lange, wie die entsprechende Tastenkombination gehalten wird. Zur Auswahl stehen acht verschiedene Stutter und Note-Repeat Settings, die über die Pads getriggert werden, sowie Ringmod und global Pitch mittels Potis. Der Ringmod wird via Shift und Sound-Regler aktiviert, bei Shift und Pitch lässt sich die Tonhöhe aller Sample-Stimmen steuern.
Ein resonanzfähiges Lowpassfilter ist ebenfalls an Bord: Shift und Pattern machen den Sound Knob zum Cutoff-Regler, in Kombination mit Shift, Pattern und Play lässt sich die Resonanz justieren. Das Filter klingt von allen Effekten des Deton8 am besten, grundsätzlich gilt, auch bei den Performance-FX eine gewisse Toleranz für Glitches einzuplanen: Besonders beim Loslassen der jeweiligen Funktionstaster braucht der Sound einen hörbaren Moment, um sich wieder zu normalisieren.
Die Synthesizer-Stimme
Die Synthesizer-Stimme im NES-Stil erweitert die rumpelige Palette der Drum Samples als dediziert melodisches Element. Während die Klangregelung gemäß Pitch, Decay und Drive auf den ersten Blick ähnlich zu den übrigen Voices abläuft, haben Twisted Electrons ein paar spannende Gimmicks verbaut: So fügt der Sound-Regler jenseits der 12-Uhr-Stellung eine Art Arpeggiator hinzu, der die Tonhöhe des Synths moduliert.
Der einzige Nachteil ist, dass sich die Tonfolgen in keiner Weise steuern lassen und sich die Melodien entsprechend schnell wiederholen. Klanglich ist der Synthesizer irgendwo zwischen saftigem Sinus und gefilterter Rechteckwelle zu verorten, wobei die Bitcrush Elemente des Drive-Reglers bei Bedarf für mehr Obertöne sorgen. Dass der Synth vom Global-Pitch-Effekt ausgenommen ist, gilt definitiv als Pluspunkt, weil Sound und Performance dadurch an Tiefe gewinnen.
Sequenzer, Patterns und Echtzeitaufnahme
Gemäß gängiger Lauflichtprogrammierung über die 16 Gummi-Pads ist die Noteneingabe in den Sequenzer des Deton8 relativ selbsterklärend. Mit einer Länge von zwei bis maximal 16 Schritten pro Sequenz ist der Umfang der Loops zwar ziemlich überschaubar, doch mittels Patternchaining können bis zu 16 Sequenzen miteinander verkettet werden. Dank Copy/Paste-Funktionen via Shift-Kombination können so im Handumdrehen auch mehrtaktige Sequenzen mit kleinen Variationen erzeugt werden, ohne das Pattern jedes Mal neu eingeben zu müssen.
Das Tempo wird mittels Shift und Tempo-Pad getappt, Shift und Clear löschen die Trigs der aktiven Stimme, wenn Clear zweimal in Folge gedrückt wird, leert Deton8 die Sequenz für alle Voices. Das dreifache oder vierfache Betätigen des Clear-Buttons bei gehaltener Shift-Taste erzeugt ein zufälliges Pattern für die aktive Stimme bzw. die gesamte Sequenz.
Der Sequenzer des Deton8 lässt sich auch via Realtime-Recording mit Noten versehen. Die Tastenkombi Shift und Record bereitet den Aufnahmezustand vor und erlaubt das parallele Echtzeitspiel der acht Stimmen. Um die Aufzeichnung zu starten, muss Record erneut betätigt werden, ein Druck auf den Shift-Taster beendet die Aufnahme. Abgesehen von Noten-Trigs können auch die Parameter Pitch und Decay aufgezeichnet werden.
Das eignet sich hervorragend, um Leben in die Sequenz zu hauchen oder simple Melodien einzuspielen. Besonders die Hihats im „Metal-Zustand” oder der Synthesizer machen dabei eine gute Figur. Mittels Shift und Tempo-Pad kann außerdem ein Metronom zugeschaltet werden, damit die Echtzeitaufnahme nicht aus dem Timing-Ruder läuft. Wird bei gehaltener Kombi aus Shift und Tempo der Decay-Regler betätigt, lässt sich die Sequenz mit Swing versehen.
Sample Editor und Treiber
Nutzende der Plattformen Windows 10 und MacOS benötigen keine speziellen Treiber, um Deton8 mit dem Rechner zu verbinden. Alle anderen müssen fürs Setup auf die Zadig-Software zurückgreifen, die einen unnötig komplizierten Eindruck erweckt. Sind alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, können die Sounds des Deton8 mittels Sample-Editor ausgetauscht werden. Solange es sich um WAV- oder AIF-Dateien mit 8 Bit (maximal 16) und 32 Hz handelt, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Wer noch keine eigenen Samples besitzt, kann auf der Homepage von Twisted Electrons ein kostenloses Paket aus etwa 20 Kits downloaden.
Alternativen
Fazit
Boutique-Gear aus kleinen Unternehmen besticht in der Regel mit Individualität und Innovation. Das ist beim Deton8 nicht anders, was sich am beinahe analogen Feeling der 8-Bit-Sample-Kiste zeigt. Die Werk-Sounds sind zwar ziemlich wild, aber auch sehr lebendig, mit der Option, die Stimmen im Zweifelsfall mittels Sample Editor frei belegen zu können. Dadurch bezieht sich die Sound-Frage eher auf die Effekte des Deton8, die für den geringen Formfaktor des Instruments und die sehr überschaubare Bedienoberfläche erstaunlich flexibel daherkommen. Auch der Workflow ist weitestgehend gelungen, weil Twisted Electrons das Drum-Machine-Rad nicht neu erfinden und sich die notwendigen Tastenkombinationen in Grenzen halten. Die äußerliche Verarbeitung ist ebenfalls überzeugend und das Gehäuse des Deton8 wirkt bombenfest. Kritik gibt es trotzdem: Die vielen Glitches und Artefakte in der Klangregelung stören einfach beim Musizieren. Manchmal scheint das Instrument regelrecht zu spinnen, wie wenn beispielsweise der Drive-Regler auf die Lautstärke aller Stimmen zugreift. Vielleicht regelt sich das mit der nächsten Firmware, zum jetzigen Zeitpunkt ist Deton8 für den stolzen Preis von 299 Euro allerdings noch etwas schwer zu bändigen.
Pro
Stabile Verarbeitung im Boutique-Style
Austauschbare Samples
NES-mäßige Synth-Stimme
Viele Performance-Effekte
Kontra
Noise-Interferenzen
Zu viele Bugs für zuverlässige Bedienung
Audioausgang nur Mono
Tastenbeleuchtung bei starkem Licht nicht erkennbar
Preis:
299 EUR
Weitere Informationen gibt es auf der Website von Twisted Electrons.
0 Kommentare zu "Test: Twisted Electrons Deton8 / Drumsynthesizer"