Up and Coming: DJ Fuckoff – Hello Kitty und Mittelfinger
Break-Beat geht über in Dark-Techno, Hello Kitty zeigt den Stinkefinger, “love” und “fuck” werden im selben Atemzug genannt – willkommen in der Welt von DJ Fuckoff. Die Neuseeländerin lebt seit anderthalb Jahren in Berlin und ist als DJ ein Kind der Corona-Zeit. Wir haben mit ihr über ihre ersten Auftritte im Club, die Sinnhaftigkeit von harmonischen Übergängen und die soziale Seite von Social Media gesprochen.
DJ LAB: Wie würdest du deinen Musikstil beschreiben?
DJ Fuckoff: Zunächst einmal mache ich immer alles ein bisschen sexier (lacht). Also: Sehr sexy, heiß, random, break-lastig, technoid, Elektro … Stil und Genre: DJ Fuckoff (lacht). Ich glaube, mein Stil ist ein Mix aus Dingen, die ich höre. Jeder Track ist anders. Ich mag es, Elemente aus verschiedenen Genres einzubringen.
DJ LAB: In deine Sets mixt du gerne blitzartige Übergänge. Glaubst du, dass ein DJ-Set diese überraschenden und erfrischenden Effekte braucht?
DJ Fuckoff: In meinen Tracks und auch in meinen DJ-Sets lässt sich sehr leicht erkennen: Ich langweile mich schnell. Natürlich mag ich auch zusammenhängende Mixe, bei denen ein Track ganz subtil in den nächsten übergeht. Aber wenn ich mixe, mag ich es, ganz einfach – Zack! Bäm! – von einem breakigen Track zu hartem Techno überzugehen. Mir gefällt dieser Energiewechsel, wenn ich Musik spiele und mache. Es ist schön, so einen Storytelling-Effekt dabei zu kreieren. Es ist so, als würde man ein abgefahrenes Bild auf die Leinwand des Dancefloors malen.
DJ LAB: Seit wann bist du DJ und wie hast du angefangen?
DJ Fuckoff: Meinen ersten Versuch habe in einem Club gemacht, als ich zwölf Jahre alt war. Mein Dad hat in den 90ern Trance-Partys in Neuseeland organisiert. Ich bin immer mitgekommen, um ihm beim Aufbauen zu helfen und er hat mir ein paar Dinge auf seinen Oldschool CDJs gezeigt. Wirklich weiterverfolgt habe ich das aber nicht. Ich habe mit 15 nur mal in einer Garagen-Band gespielt. Später habe ich dann einen Ableton-Kurs zum DJing und zur Musikproduktion gemacht. Ich habe scratchen und Battle-DJ-Techniken gelernt – das fand ich echt interessant. Als ich dann zum ersten Mal als DJ gespielt hab, war ich etwa 20. Nach meinem Schulabschluss hat mich mein Lehrer mit ein paar Leuten connected, und dann hatte ich meinen ersten Auftritt im Club und habe Techno gespielt … oder das, was ich damals für Techno hielt (lacht).
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DJ LAB: Aber mit dem Produzieren hast du erst vor kurzem angefangen, oder?
DJ Fuckoff: Ich produziere schon seit anderthalb Jahren, aber erst dieses Jahr habe ich angefangen, zu releasen. Mein altes Zeug war sehr schlecht (lacht). Ich habe oft super viel Zeit mit einem Track verbracht und dann gemerkt: Okay, das kann ich wirklich nicht veröffentlichen. Aber naja, so ist eben der Prozess. Ich habe nicht erwartet, von Anfang an großartige Tracks zu machen. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, so lange herumzuspielen, und jetzt kann ich endlich Tracks machen, mit denen ich tatsächlich zufrieden bin. Das ist wirklich bereichernd.
DJ LAB: Ich habe gesehen, dass du ebenfalls als Zoe Angelina Musik machst. Und dann hast du noch ein Hip-Hop Alter Ego?
DJ Fuckoff: Ich habe drei Alter Ego! Zunächst DJ Fuckoff für mein DJ Zeug; ich mache auch die Vocals für meine Tracks selbst. Mein zweiter Alias ist Zoe Angelina, mit dem ich ein Hip-Hop-Tape mit zwölf Tracks herausgebracht habe, auf dem ich rappe und zu Lo-Fi Hip-Hop-Beats singe. Es heißt „Devine Feminine“ – richtig süß! Mein dritter Alias ist Lil Nasty, den habe ich vor zwei Jahren erfunden. Ich habe bloß zwei Tracks als Lil Nasty gemacht, mit runtergepitchter Stimme. Und noch ein Kooperationsprojekt, aber ich weiß nicht, wo das gelandet ist. Jetzt konzentriere ich mich wesentlich mehr auf meine DJ- und Produktionsprojekte.
DJ LAB: Ich wollte gerade fragen, ob es nicht verwirrend ist, so viele Projekte gleichzeitig zu machen.
DJ Fuckoff: Ja. Ich vermisse es schon, zu rappen und zu singen. In den nächsten Jahren werde ich einen Weg finden, alles besser auszubalancieren, sodass ich auch mehr Hip-Hop-Zeug machen kann. Denn an den Hip-Hop habe ich ebenfalls mein Herz verloren.
DJ LAB: Deine Lieblingswörter sind anscheinend fuck und love. Wie passt das zusammen?
DJ Fuckoff: Widersprüche sind mein Ding. Ich liebe super niedliche Dinge wie Hello Kitty, ich liebe süße, kleine Tiere – ich bin so verdammt voller Liebe! (lacht) Diese fuckoff-Geschichte ist so dermaßen das Gegenteil davon, dass es schon wieder lustig ist, denn ich bin tatsächlich überhaupt kein Fuckoff-Mensch. Deswegen finde ich den Namen so toll: Er ist anscheinend krass beleidigend für einige Leute. Er verbindet mich mit dem Teil von mir, der sich auch manchmal einen Scheißdreck um alles schert. Vielleicht fühlen sich bestimmte Leute durch meine Musik beleidigt – das ist mir egal. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, sein wahres Ich auszudrücken, für mich und für alle anderen Leute.
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Mehr InformationenDJ LAB: Abgesehen davon, dass du nicht vor Publikum spielen kannst – wie hat die Corona-Pandemie deine DJ-Aktivitäten beeinflusst?
DJ Fuckoff: Als DJ bin ich erst in der Corona-Zeit durchgestartet. Ich habe noch nie in einem Berliner Club gespielt. Ich habe hier nur einmal einen Auftritt bei einem Open Air gehabt, als ich vor anderthalb Jahren nach Berlin gezogen bin. Als ich 2020 angefangen hab, Musik zu releasen, war das alles schon zu Corona-Zeiten. Es war spannend zu sehen, wie das funktionieren würde. Natürlich konnten die Tracks nicht im Club gespielt werden, aber wie würden die Leute zu Hause darauf reagieren?! Es war aber auch eine coole Zeit, denn ich habe so viele großartige Menschen online kennengelernt und Freund*innen auf der ganzen Welt gewonnen. Natürlich möchte ich mit diesen Menschen irgendwann auch tanzen. Es gibt eine echt starke Community und die Leute supporten sich gegenseitig. Auf Instagram oder Facebook brauchst du nur einmal klicken und kannst dein Zeug teilen. Es war eine harte Zeit, aber ich habe auch Zeit gehabt, darüber nachzudenken, in welche Richtung ich gehen möchte, und stundenlang an meinem Schreibtisch zu sitzen und zu produzieren und online zu diggen. Ich glaube, wenn ich dann wirklich in einem Club spielen werde, habe ich eine unglaubliche Menge an Musik, die ich spielen will.
DJ LAB: In welchem Berliner Club würdest du denn gerne mal auflegen?
DJ Fuckoff: Ich wollte schon immer mal in der Ziegrastraße spielen, da wo der Kake Club und der Internet Explorer sind – zwei Clubs auf drei Stockwerken! Ich bin immer zu der Fandango Party gegangen – super abgefahrene Vibes! Das ist der Ort, an dem ich spielen möchte, wenn sie wieder aufmachen.
DJ LAB: Was magst du an der Clubszene in Berlin?
DJ Fuckoff: Am meisten mag ich, dass die Leute hier wirklich an der Musik interessiert sind. In Neuseeland ist den Leuten die Musik vollkommen egal, zumindest in der Mainstream-Clubszene. Die wollen sich nur betrinken. Ich habe damit oft schlechte Erfahrungen gemacht. In Berlin spürst du diese tiefe Wertschätzung für gute Musik, Partys und Inklusivität – jede*r ist willkommen. Es gibt Raum, um dich auszuleben. Berlin hat mir geholfen, DJ Fuckoff wirklich zum Leben zu erwecken und zu sagen: Fuck yeah, ich kann diese Person sein. In meiner Heimatstadt hätte ich mich nicht so wohl damit gefühlt, das auszuleben. Nachdem ich verschiedene Clubs hier besucht habe, habe ich gemerkt: Okay, du kannst alles auf dem Dancefloor rauslassen, und keine*r wird dich komisch angucken, weil du so heftig tanzt.
DJ LAB: Und was fehlt dir hier in der Szene?
DJ Fuckoff: Ich denke, dass immer an der Diversity gearbeitet werden kann. Jedes Wochenende sieht man auf den Line-Ups mehr oder weniger die gleichen Namen, aber es gibt so viele wunderbare DJs, vor allem in Berlin. Warum gibt man also nicht mal anderen Menschen eine Chance? Ein Klassiker ist auch, dass so viele Männer in den Top Line-Ups sind. Das wird auf jeden Fall besser, es verändert sich Stück für Stück. Aber es gibt so viele großartige Kollektive in Berlin, die echt abgefahrene Partys veranstalten, die total inklusive und diverse Line-Ups haben. Das sind meiner Meinung nach die besten Partys! (lacht)
DJ LAB: Wir haben schon über Social Media gesprochen. Wie siehst du die Rolle von Social Media für DJs?
DJ Fuckoff: Das beste, was ein*e DJ oder ein*e Produzent*in gerade machen kann, ist, sich zu vernetzen und Musik zu teilen. Das viele Posten hat mir noch nie gefallen und mir gefällt es auch nicht, so oft in den Sozialen Medien aufzutauchen. Es gibt viele DJs, die die ganze Zeit posten, aber für mich selbst kann ich mir das einfach nicht vorstellen.
DJ LAB: Also ist es für dich eher ein Tool?
DJ Fuckoff: Hundertprozentig. Das Beste, was mir durch Social Media passiert ist, ist die Connection mit anderen Leuten. Jetzt unterhalte ich mich mit Leuten, die ich noch nie getroffen habe, teilweise sogar regelmäßig!
DJ LAB: Was sind deine Projekte für 2021?
DJ Fuckoff: Für dieses Jahr habe ich zwei Projekte, die ich hoffentlich in der ersten Jahreshälfte veröffentlichen kann. Ich habe eine EP mit fünf Tracks, die ich gerade fertiggestellt habe und die ich auf International Chrome veröffentlichen werde. Dann habe ich noch eine Art Kunstprojekt. (lacht) Es ist ein Kunst-Musik-Projekt, das auf Non-such veröffentlicht wird, und es wird ein Tape mit einem 40-Minuten-Track sein, mit Spoken Word, verschiedenen Gedichten, Rap-Parts, Gesang und einem Mix, den ich dafür kuratieren werde. Hoffentlich werde ich dazu auch einen kurzen Film produzieren können. Mit Non-Such arbeite ich auch an einem weiteren Projekt. Sie werden eine all-female Compilation herausbringen und es wird begleitende Workshops für Frauen geben, die das DJing lernen wollen. Ich bin schon echt aufgeregt! Ich freue mich darauf, in das nächste Jahr mit einer Vorstellung davon zu starten, was ich wirklich machen möchte.
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