Up and Coming: Nostalgics – Neues Label, Oldschool-Sound
Ein neues Label für Oldschool-Sound: Die DJs Marc Brauner und Ulrich Harrison aka Tender Games aus Berlin feiern ihre Liebe zu Classic House auf ihrem neugegründeten Label ‘Nostalgics’. Am 23. Oktober erschien die erste EP mit dem Key-Track ‘I Got What You Want’. DJ LAB traf die beiden vor dem Release zum Interview, um mit ihnen über musikalische Zusammenarbeit, die Labelgründung in Pandemie-Zeiten und natürlich House zu reden.
DJ LAB: Seit wann kennt ihr euch und wann habt ihr zum ersten Mal musikalisch zusammengearbeitet?
Ulrich: Wir kennen uns seit etwa anderthalb Jahren. Wir haben uns kennengelernt auf einem Event von Suol, einem Label, auf dem ich release. Die haben jeden Montag Partys in der Ipse gemacht. Marc und ich wurden zeitgleich gebucht und haben uns direkt gut verstanden. Schon kurz darauf haben wir uns Tracks geschickt und uns zum Jammen getroffen; da haben wir direkt vier Demos gemacht.
DJ LAB: Das Release-Datum für euer neues Label „Nostalgics“ wurde verschoben. Wie lief die Labelgründung in Pandemie-Zeiten ab? Auf welche Schwierigkeiten seid ihr gestoßen?
Marc: Für mich war es ein wichtiger Schritt, gerade zu diesen Zeiten selbst mit einem Projekt an den Start zu gehen. Ich habe schon auf anderen Labels released, aber hatte nie die Freiheit mir auszusuchen, mit wem ich zusammenarbeite und wie ich das mache. Anfang des Jahres, also noch vor dem Lockdown, hatten wir schon ein paar Tracks produziert und wollten nicht lange warten, bis die irgendein Label nimmt. Da habe ich gesagt: Jetzt ist es vielleicht mal an der Zeit, das selbst in die Hand zu nehmen. Mit diesem Drive haben wir das relativ schnell umgesetzt. Eine Intention war, diesen nostalgischen Vibe – 90er, Classic House – in Berlin wieder mehr an den Start zu bringen. Techno haben wir im Überfluß, doch es mangelt an House-Releases. Die Labelgründung lief trotz der Pandemie komplett problemlos und sogar besser als erwartet.
DJ LAB: Aber eine Release-Party wird es nicht geben, oder?
Marc: Leider nein. Wir hatten alles schon im Frühjahr fertig, hätten also theoretisch schon im Sommer releasen können. Ich wollte noch warten und lieber der Promo mehr Zeit geben, da ich die Hoffnung hatte, dass die Situation Ende Oktober schon anders aussehen könnte. Das hat leider nicht geklappt. Sobald es wieder möglich ist, wollen wir die Release Party aber nachholen.
DJ LAB: Was verrät der Label-Name über euren Sound?
Ulrich: Der Name ist Programm. Marc macht generell Classic House. Ich als Tender Games mache eher Disco-House, was ja auch ein bisschen Oldschool-Feeling hat. Ich bin auch in den 90ern aufgewachsen – das ist der House-Sound, den ich mag und den ich spiele. Daher wollte ich selber immer ein Release machen, das so klingt. Aber ich habe es nie geschafft, das authentisch genug zu produzieren. Jetzt hat es ganz gut geklappt, auch wegen der Inspiration durch Marc.
Marc: Wir sind kleine Nostalgiker und große Fans der Musik aus den 80ern und 90ern. Wir versuchen, diese Liebe für die damalige Musik noch einmal neu zu verpacken.
DJ LAB: Wie habt ihr in der Quarantäne-Zeit zusammengearbeitet?
Ulrich: Marc hat mir die Idee zu dem ersten Track unserer EP, ‘I Got What You Want’, per E-Mail geschickt und gesagt: ‘Die Keys sind so geil!’ Das fand ich auch. Basierend auf dem Sample haben wir die Platte gemacht. Aber wir haben uns auch schon letztes Jahr im Herbst getroffen, um an Songs zu arbeiten. Während der Quarantäne-Zeit mussten wir sehr viel telefonisch regeln. Marc hat sehr viel in die Hand genommen und zum Beispiel einen Vertrieb gesucht, der das Ganze auf Vinyl rausbringt.
Marc: Wir haben gleichzeitig an verschiedenen Versionen des Tracks gearbeitet. Anstatt zusammen im Studio zu sitzen, haben wir uns Material hin- und hergeschickt. Das hat auch ganz gut funktioniert. Wir waren fleißig. So gesehen hat diese Zeit was Gutes für uns gehabt. Wir konnten uns voll auf unsere Musik konzentrieren – nicht nur auf dieses Release, sondern auch auf andere Sachen, die demnächst noch revealed werden.
DJ LAB: Was glaubt ihr, hat diese Zeit für musikalische Kooperationen bedeutet? Gerade am Anfang des Lockdowns hatte man das Gefühl, dass es ziemlich viele Kooperation von DJs gab, die sich vorher nicht kannten.
Ulrich: Ich denke das liegt daran, dass die DJs viel Zeit und auch Langeweile haben. Ich war nie ein DJ, der vier Gigs am Wochenende hatte, aber das gibt es ja oft. Wenn jemand von diesem Modus auf Null runterfährt, fällt der in ein Loch. Entweder macht man dann halt nichts oder man kollaboriert ganz viel. Man muss ja auch irgendwie Output schaffen.
DJ LAB: Oder man produziert Livestreams …
Ulrich: Genau. Wobei die Livestreams allerdings auf Dauer langweilig werden, weil die Dynamik und die Interaktion mit den Menschen fehlt. Das macht House-Musik aus, es ist ja auch ein Community-Ding, zumindest theoretisch.
DJ LAB: Es sind schwierige Zeiten für die Clubszene. Wie nehmt ihr die Stimmung wahr?
Ulrich: Ich mache mir jetzt Feinde, aber ich denke, vielen ClubbesitzerInnen geht es nicht schlecht. Wenn der Club eine GmbH ist, ist die Haftung auch begrenzt. Mir tut viel mehr leid, dass die Runner, BarkeeperInnen und TürsteherInnen keine Jobs haben und wahrscheinlich nur bedingt unterstützt werden. Die Streams laufen gut, da wird auch Geld generiert, aber das ist eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Stimmung im Allgemeinen ist natürlich bedrückt. Mit den Clubs fällt ein wichtiger Rückzugsort für Menschen weg. Man merkt das, wenn die Leute die Ellbogen ausfahren. Das meinte ich eben mit Community: Es wäre geil, wenn sich alle gegenseitig unterstützen würden, und die Schwächsten als Erstes wieder anfangen könnten. Doch die großen Partys, die jetzt schon wieder laufen, werden von den Star-DJs gespielt, die sich sofort wieder auf die Reise machen und wahrscheinlich ordentlich Geld kassieren. Ich fände es schön, wenn die Solidarität so weit gehen würde, dass die großen DJs ein bisschen die Füße stillhalten und die Kleinen mal eine Chance bekommen. Das sind ja auch die, die das Fundament der ganzen Szene sind, die Warm-up spielen, die das Ende spielen ….
Marc: Support your locals!
DJ LAB: Das Cover der ersten EP wirkt mit einem im Wüstensand versinkenden Hochhaus, einem Schädel und einer laufenden Sanduhr trotz Comic-Style wenig zukunftsoptimistisch. Was wollt ihr damit rüberbringen?
Marc: Für das Artwork haben wir mit dem Designer „jeune woof“ (Sébastien Pastor, Anm. d. Red.) zusammengearbeitet. Wir haben uns gefragt: Nostalgics, was verbinden wir damit? Ich wollte unbedingt Uhren mit einbringen. Es geht ja um die Zeit, die Zeit damals und die Zeit heute. Ich dachte, das wäre ein gutes Image für Nostalgie. Die Sanduhr ist unser Symbol und es kann sein, dass wir das als Logo so weiterführen. Mir gefällt’s!
DJ LAB: Du hast gerade schon verraten, dass ihr noch mehr Projekte in der Schublade habt. Wie geht es jetzt mit eurem Label weiter?
Marc: Wir schauen mal, wie es läuft. Wir hatten von Anfang an eine Vertrauensbasis und einen guten Workflow. Deswegen würde ich gar nicht dazu aufrufen, dass die Leute uns Demos schicken. Das ist eine Herzenssache für mich. Ich hab meine eigene Vision und weiß, mit wem ich vielleicht in Zukunft zusammenarbeiten würde. Das wird so ein Family-Ding, eine Sache für den Freundeskreis, weil du weißt, mit den Leuten funktioniert das gut.
DJ LAB: Ihr habt schon einen Instagram-Account für Nostalgics erstellt. Wie wichtig ist es euch, euch auf Social Media zu präsentieren?
Marc: Dazu können wir beide, glaube ich, unterschiedliche Dinge sagen …
Ulrich: Ich bin nicht so social-Media-affin. Aber das Geile an den sozialen Netzwerken ist, dass du direkt verschiedene Szenen und verschiedene Regionen erreichen kannst und sofort groß bist, obwohl es eine Subkultur ist. Marc ist da viel besser connectet als ich. Auch der Grafiker hat ihn per Instagram angeschrieben.
Marc: Mit der Zeit konnte ich Instagram super gut für mich nutzen: Die Connections, die du aufbauen kannst, das direkte Feedback, das du bekommst, wenn du teilst, woran du arbeitest … Es ist einfacher geworden, mit Leuten in Kontakt zu treten, die du musikalisch gut findest. Statt einer E-Mail schreibst du denen einfach eine Direktnachricht und quatschst mit ihnen. Ich habe über Instagram mit Idolen von mir Kontakt aufgenommen. Es wäre sonst nicht so einfach gewesen, mit denen persönlichen Kontakt zu haben. Instagram ist ein super Austausch-Tool. Bei der Nostalgics-Platte haben wir unseren Produktionsprozess auch ein bisschen über Insta-Stories dokumentiert. Das Feedback hat mich so motiviert, dass wir gesagt haben: Das machen wir jetzt.
Hier geht es zum ersten Release 'Nostalgics 001' und hier gibt es den exklusiven, 100% Nostalgie-Mix aus dem Hause Nostalgics:
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