Robin Wang alias Sam Goku ist Producer und DJ aus München mit einem Hang zu Longplayern: Der 31-Jährige veröffentlichte bereits zwei Alben; das erste beim Label Antomnation, das zweite bei Permanent Vacation. Wieso er Open Airs dunklen Keller-Clubs vorzieht und warum er kein Szene-Mensch ist, lest ihr bei uns.
DJ LAB: Du kommst ursprünglich aus Düsseldorf und bist nach der Schule zum Studium nach München gezogen. Und bist gleich in die richtige WG gezogen: Dein Mitbewohner war ein Teil des Duos namens Klangtherapeuten.
Sam Goku: Damit hat alles angefangen, richtig. Das muss 2012, 2013 gewesen sein, als mein Interesse für die Musik so groß geworden ist, dass ich mir von Philipp, meinem damaligen Mitbewohner, das Auflegen und Ableton habe erklären lassen.
Anfangs hast du Umweltwissenschaft in München studiert. Wenn du nicht DJ und Producer geworden wärest, was würdest du heute machen? Was hätten sich deine Eltern gewünscht?
Meine Eltern waren zum Glück frei, was meinen Weg anbetrifft. Sie haben sich natürlich Sachen wie Zufriedenheit und Stabilität für mich gewünscht. Im Laufe der Zeit haben sie dann gemerkt, wie gerne ich mein eigenes Ding mache. Denn auch wenn mein Job manchmal bedeutet, viel unterwegs zu sein und wenig zu schlafen, bin ich sehr glücklich und kann mir nichts Besseres vorstellen.
Ist das Auflegen und Produzieren denn stabil genug für dich?
Es könnte sicherlich noch stabiler sein. Ich mache nebenher ab und zu noch Grafikarbeiten, habe auch zeitweise als Bedienung in einem Ramen-Shop gearbeitet. Gerade ist es aber so, dass ich mich wieder ziemlich gut auf meine Musik konzentrieren kann.
Lass uns noch ein wenig über die Anfänge sprechen. Wie ist München, musikalisch, szene-mäßig?
Ich war, als ich frisch nach München gezogen bin, öfter in Clubs wie Rote Sonne und Kong. Dann gab es eine Zeit lang noch das MMA. Das war ein krasser Club, von dem heute noch viele schwärmen.
Aber ich würde mich nicht als Szene-Mensch bezeichnen, da ich relativ wenig feiern gehe. Ich lasse mich ab und zu in Clubs inspirieren, gehe einmal im Jahr mit Freunden als Gast auf ein Festival, aber ich glaube, wir üben das nicht intensiv genug aus, um sagen zu können, dass wir fester Bestandteil der Szene sind. Als DJ bin ich in den letzten beiden Jahren natürlich mehr Teil dieser Kultur geworden und das genieße ich auch.
Vervollständige doch mal diesen Satz für mich: „Ich bin DJ, weil ...”
Ich bin DJ, weil ich gerne mit like-minded People zusammen bin.
Was gibt dir Inspiration für deine Musik, deinen kreativen Output?
Ganz oft waren es Feier-Momente. Häufig nach Open Airs. Wenn zu Musik der Wind weht und die Sonne scheint, ist das Erlebnis für mich noch viel eindringlicher. Mich inspiriert aber echt alles mögliche: Zeit mit anderen Menschen, ein Urlaub, ein Film im Kino, alles.
Welcher Film hat dich denn in letzter Zeit inspiriert?
Der erste Teil von Dune, das Sounddesign hat mich sehr beeindruckt.
Einer deiner Lieblingsromane ist „Narziß und Goldmund“. Was liest du zur Zeit und ist dein Lieblingsbuch mittlerweile vielleicht ein anderes geworden?
Zur Zeit lese ich leider gar nichts. „Narziß und Goldmund” ist weiter eines der Bücher, die mich am meisten geprägt haben. Ich habe den Roman mit Anfang 20 gelesen und fand die Geschichte, insbesondere das Konzept der sich anziehenden Gegensätzlichkeiten, sehr faszinierend.
Bist du auf TikTok? Verfolgst du die Entwicklung und Debatten rund um Tiktok- Rave und die Post-Corona-Krise der Clubs?
Ich bin nicht auf TikTok, nein. Aber mein Vater möchte gerne, dass ich mich dort anmelde (lacht). Erst dachte ich ‘nein, auf gar keinen Fall melde ich mich dort an‘. Mittlerweile denke ich, dass es wahrscheinlich doch ganz gut wäre, dort zu sein. Aber noch habe ich keine Idee, was ich dort als Content machen könnte.
TikTok erzeugt eine gewisse Erwartung, was (jetzt mal grob zusammengefasst) Raven und Techno betrifft: Lack und Leder, schnelle Brillen und harter Techno. Dass das nun das Bild ist, was die nachfolgende Generation als Techno begreift. Was nicht stimmt, Clubkultur ist mehr als dieses eine Bild. Letztlich ist es eben ein Algorithmus, der die Vorstellung gerade prägt. Ich denke aber, dass sich das noch verändern wird. Ich war mit 20 auch anders als jetzt, ich war extremer und habe andere Meinungen schwerer akzeptieren können. Wenn die TikTok-Raver dabei bleiben, sich für elektronische Musik und Subkultur zu interessieren, werden sie auch andere Facetten für sich entdecken.
Schaust du dir denn an, was gerade trendet bei Instagram, TikTok und Co.? Begreifst du das als Aufgabe, das im Blick zu haben oder machst du einfach straight nur das, was dir gefällt?
Ich beobachte das, ja. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, ich tue es nicht, auch wenn es sich cooler anhören würde. Ich finde, dass es auch Teil des Jobs ist, zu wissen, was gerade gefragt ist. Und dem offen gegenüber zu sein.
Ich habe mir heute noch ein Set von dir angehört und fand es ungewöhnlich, wie viel Ruhe und Raum du dir für dein Intro nimmst.
Bei diesem Set im Blitz-Club habe ich das Opening gespielt und deshalb konnte ich mir viel Zeit für das Intro nehmen. Beim Opening ist der Club anfangs natürlich noch leer, ich fange deshalb immer ohne Drums an, weil es sich komisch anfühlen würde, Kickdrums in einen leeren Raum zu feuern. Die Energie würde in den meisten Fällen einfach nicht stimmen. Ich beobachte dann, sobald die ersten Leute reinkommen, wie sich die Stimmung entwickelt.
Du hast schon zwei Alben produziert. Dein zweites, “Things We See When We Look Closer” hat auch einen hohen Ambient-Anteil. Du scheinst dem Longplay-Business zugeneigter als viele andere Producer.
Ich bin, was das betrifft, wahrscheinlich etwas konservativ. Ich finde das Konzept, ein Album zu produzieren, einfach schön. Es würde zu viel verloren gehen, wenn ich nur noch Singles produzieren würde. Auch wenn ich weiß, dass das gerade am besten geht und beliebter ist, bei Spotify und Streaming-Plattformen generell. Aber ich habe die Zeit, längere Sachen zu kreieren und ich romantisiere dieses Album-Hör-Erlebnis gerade noch zu sehr, als dass ich es anders machen wollen würde.
Trägt sich diese romantische Vorstellung in die Zukunft, arbeitest du aktuell an einem dritten Album?
Ich bin näher dran, ein drittes Album anzufangen als letztes Jahr. Nach dem zweiten Album war es nicht so einfach, ich hatte im Studio den Flow verloren. Das Auflegen kam sozusagen dazwischen. Ich war bisher nicht inspiriert, habe aber jetzt wieder Ideen, allerdings brauche ich noch einen Aha-Moment. Letztes Mal war das zum Beispiel ein langes, entspanntes Wochenende irgendwo im Outback mit meiner alten WG. Auf so einen Moment warte ich noch.
Ich produziere ein Album normalerweise in wenigen Wochen und bin dann wirklich phasenweise deutlich mehr als 12 Stunden am Tag im Studio. Daher denke ich, dass dieses Jahr ein drittes Album kommt oder zumindest schon mal produziert wird.
Wenn du auf die vergangenen Jahre zurückschaust: Was waren die schönsten, besten, vielleicht auch schlimmsten Momente in deiner Karriere?
An die schlimmsten Sachen kann ich mich oft nicht gut erinnern (lacht). Schönste Momente... Klar, das erste Mal in der Panorama Bar zu spielen, dann letztes Jahr ein Open Air in der Else – bei 22 Grad, eine leichte Brise hat geweht und es war das erste Mal, dass ich unter freiem Himmel vor so vielen Menschen gespielt habe. Eigentlich auch immer, wenn meine engsten Freunde mit dabei sind: Wir haben hier in München-Pasing gemeinsam ein kleines Gartengrundstück gepachtet und dort öfter Partys gefeiert. Leider gehört das Grundstück der Deutschen Bahn und die will da jetzt bauen, aber in diesem Garten gab es schon viele Highlights!
Dann, letzte Frage: Was sind deine Ziele für das restliche Jahr – sowohl persönlich als auch als DJ und Producer?
Ich könnte mir vorstellen, bald mein erstes Live-Set zu spielen. Das hängt seit zwei Jahren in der Luft und würde tatsächlich gut zu dem passen, was ich produziere. Vielleicht traue ich mich eines Tages auch mal etwas mit Vocals zu produzieren. Es ist das menschlichste Element und birgt so viele Emotionen.
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