Für die Vinyl-Industrie war es ein Schock, als am 6. Februar 2020 die Produktionsstätte des US-amerikanischen Herstellers Apollo Masters brannte. Als einer von nur zwei Produzenten weltweit lieferte Apollo Masters aus Kalifornien Lackfolien-Rohlinge für die Vinyl-Herstellung. Zu den befürchteten Lieferengpässen kam es bisher jedoch nicht.
Nach dem Brand fürchteten viele Platten-Fans um die Zukunft des Vinyl - vor allem, da der einzige verbliebene Hersteller von Lackfolien-Rohlingen, die japanische Firma MDC, ein Ein-Mann-Unternehmen ist. Das sogenannte Lacquer-Disc-Verfahren ist die gängstige Methode zur Vinyl-Herstellung. Mehr als einen Monat nach der Zerstörung von Apollo Masters wurden allerdings noch keine gravierenden Engpässe bekannt. Es ist wahrscheinlich, dass diese (wenn überhaupt) zuerst bei US-amerikanischen Presswerken auftreten könnten, da Apollo Masters vor allem den heimischen Markt belieferte. Den europäischen Markt hingegen versorgt zu ca. 80 Prozent MDC.
Schon vor dem Brand bei Apollo Masters gab es anscheinend Gerüchte um neue Lacquer-Discs-Firmen, die Produktion auf mehr als nur zwei Orte verteilen sollte und die Lieferkette damit weniger anfällig für Krisenszenarien machen sollte. Diese Gerüchte intensivieren sich nach dem Brand in Kalifornien. Dies bestätigte Michael Fremer, Redakteur des Online-Magazins AnalogPlanet, kürzlich in einem Video-Interview. Darin erwähnt er beispielsweise, dass eine französische Firma bald mit einer neuen Produktionsstätte für Lackfolien-Rohlinge die angespannte Situation entlasten könnte.
Noch im Februar hatte der neugegründete Lobbyverband "The Vinyl Alliance", bestehend aus VertreterInnen mehrerer Branchengrößen, ein Statement zur Einschätzung der Lage auf dem Vinyl-Markt veröffentlicht. Darin äußern sich die Mitglieder weitaus optimistischer als so manche Plattenladen-BesitzerInnen. Der Vorsitzende der Vinyl Alliance, Günter Loibl, verkündete:
"There are already alternatives available which will help bridge the shortage of lacquer discs. This can also be an opportunity to embrace new technologies and to strengthen collaboration within the industry."
Neben dem bekannten Direct-to-Metal-Mastering (DMM) verweist der Verband auf diverse Start-Ups, die sich der sogenannten Lacquer-Disc-Produktion verschrieben haben und diese schon in den kommenden Monaten auf den Markt bringen wollen. Außerdem nennt die Vinyl Alliance neue Technologien wie etwa HD Vinyl, die bei der Herstellung ohne Lackfolien auskommen. Allerdings hatte das DMM-Verfahren im Hinblick auf seine Qualität bisher nicht den besten Ruf. Zudem ist unklar, ob und wie schnell technische Innovationen wirklich für die Vinyl-Produktion einsetzbar sind.
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