Es kommt hin und wieder vor, dass uns Leute anschreiben und Fragen zu alltäglichen Themen haben, die manch erfahrener DJ durch seine Routine gar nicht mehr wahrnimmt. Jeder hat wahrscheinlich schon mal die Erfahrung gemacht, dass Tracks, die man in einander mixen möchte vielleicht unterschiedlich laut sind. Das kann verschiedenste Ursachen haben. Vielleicht sind nicht so viele Elemente im Track verbaut, vielleicht war das Mastering nicht auf Lautstärke, sondern Dynamik ausgelegt oder die Lautheit ging bei einer Reproduktion verloren oder was auch immer... . Gehen wir mal von dem Standpunkt aus, dass wir keine Zeit hatten den leiseren Track noch vor dem Spielen etwas nach zu bearbeiten, d.h. in einen Audioeditor ziehen und mit Limiter und Normalizing das Ding lauter machen. Wir stehen also nun da und möchten einen etwas "zu leise" geratenen Track in den Mix bringen. Was für Möglichkeiten bestehen nun als "angehender" Digital DJ , um der Sache Herr zu werden, damit der Dancefloor nicht einschläft oder die seitlich stehende DJ-Polizei nicht die gelbe Karte aus der Brusttasche zieht (Kennt ihr diese Typen auch?) ?
- Gain Hoch
Eine allseits beliebte Methode ist es, den Gain des Kanals, auf dem der leise Track liegt, etwas höher zu drehen, als den des laufenden Tracks. Dabei sollten die EQs am besten erst mal auf Nullstellung sein, damit man weiß, dass auch die Frequenzen nicht verändert rein kommen. Voraussetzung ist hier natürlich, dass man die Volume Meter der Kanäle in der Software überwacht. D.h. es sollte auf beiden Kanälen nichts übersteuern.Wenn sich also der Pegel des laufenden Tracks garnicht mehr bewegt, weil er zu laut ist, dann wird es schwierig sein, rein visuell anzugleichen > Also sollte man von Anfang an den Gain nur so weit hoch drehen, dass noch Pegelbewegungen erkennbar sind. Andernfalls wird man nur noch eine akkustische Prüfung über den Kopfhörer vornehmen können. Und damit es keine Überraschungen gibt rate ich an dieser Stelle schon mal, die Gain-Nutzung beim Vorhören erst nach dem "Drop" anzuwenden, denn Intros und Breaks sind meistens keine aussagekräftigen Stellen im Track, wenn es um Lautstärke geht. Ziel sollte sein, erst ein mal die LEDs, die ständig leuchten, auf die gleiche Höhe zu bringen. Alles was darüber hoch und runter springt ist weniger aussagekräftig, um die Durchschnittslautstärke zu ermitteln. - Cue-Mix Regler
Der Cue-Mix Regler ist eine gute Möglichkeit, um beide Signale über den Kopfhörer noch mal im Mix vorzuhören. Je nach gerät gibt es diesen Regler auch am Mixer oder Controller. Wenn nicht, dann sollte er zu mindest in der Software vorhanden sein. Mit der Cue-Mix Funktion bekommt man einen Vorgeschmack darauf, wie sich beide Tracks im Mix anhören und kann dann schnell den Gain nachjustieren, wenn man merkt, dass bestimmte Elemente in den Tracks dominanter oder zu leise sind. Auch hier sei gesagt, dass der Gain nicht als Brechstange zu verwenden ist, denn manchmal hilft es auch, wenn man den laufenden Track minimal in der Lautstärke absenkt. - Auto Gain
Viele Softwares bieten als Unterstützung Autogain an, um Lautstärkenunterschiede von Tracks auszugleichen. Je nach Software können hier gute aber auch schlechte Ergebnisse erzielt werden. Aus persönlicher Erfahrung habe ich gelernt, dass ich mich im Bezug auf Lautstärke doch lieber auf mein Gehör verlasse, statt einer Maschine, die nach bestimmten Berechnungen vorgeht. Ich würde hier jedem empfehlen Autogain in der Software vorab ausgiebig zu testen, bevor man damit den nächsten Gig antritt. - Software Limiter
Wer glaubt, dass er die Gains einfach nur aufdrehen muss und dann einen Limiter einschaltet, dem sollte klar sein, dass er damit der Musik jegliche Dynamik raubt (und somit möglicherweise auch bestimmte Grooves killt), was letztendlich immer in einem Soundbrei endet, der das Gehör ermüdet. Den Limiter bewußt zu nutzen, um Lautstärkenschwankungen im Set mal vor Übersteuerungen zu schützen ist dabei völlig legitim. - Headroom verkleinern
Einige Softwares bieten die Option den Headroom zu verstellen. Der Headroom ist im Level-Meter der Bereich, der als Reserve bis zum Maximalwert übrig ist. Wenn man den Headroom also verkleinert werden die Unterschiede zwischen lauten Stellen und leisen Stellen kleiner und man erhält in etwa, wenn man es übertreibt, den gleichen Einheitsbrei wie mit einem Limiter. Da aber auch hier der Eingriff auf das Mastersignal erfolgt, sollte man besser die Finger davon lassen, es sei denn, das Mastersignal bringt trotz aufgedrehtem Masterregler nicht genug Saft. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die genutzte Soundkarte (oft auch mal das interne Audio-Interface des Controllers) zu schwach ist. Eine dauerhafte Lösung ist dieser Eingriff aber nicht und bringt auch bei unterschiedlich lauten Tracks keine Besserung, da, wie oben erwähnt, der Headroom meistens nur auf dem Mastersignal veränderbar ist.
Die oben genannten Methoden sind nur Beispiele, wie man an die Sache ran gehen kann oder es lassen sollte. Einen generell unpassenden Track kann man auch mit Lautstärkenangleichungen nicht passend machen, wenn z.B. Harmonien oder Stil nicht stimmen. Man erreicht das Ziel also, in dem man:
- die Durchschnittslautstärke visuell mit Hilfe der Volume-LEDs in der Software ermittelt (visuell schätzt)
- mit dem Gainregler die Durchschnittslautstärken der beiden Kanäle auf ein gleiches Level bringt.
- auf dem Kopfhörer mit Hilfe des Cue-Mix Reglers (Regler sollte auf "Mix" stehen) die beiden Lautstärken überprüft. Wenn kein Cue-Mix Regler vorhanden ist, einfach immer wieder zwischen den beiden Vorhörkanälen wechseln (PFL-Tasten).
- Nicht vergessen beim nächsten Übergang den Gain wieder raus zu nehmen.
- Unterschiedlich gestimmte Tracks lassen sich nicht durch eine höhere Lautstärke gut mixen.
- Qualitätsunterschiede lassen sich ebenfalls nicht durch Lautstärke verstecken. Im Gegenteil, wer denkt, dass sein 128er Youtube-MP3-Ripp mit etwas Gain gegen etwas unkomprimiertes anstinken kann, wird schnell merken, welche Blicke er damit erntet. Mit dem EQ ist dies übrigens auch kaum auszugleichen, denn was einmal ausgedünnt wurde, klingt auch lauter nicht besser.
Viele DJs schaukeln die Lautstärke durch falsche Gain-Anwendung im Verlauf eines Gigs nach oben und deswegen ist es keine Seltenheit, dass man im Club zu späterer Stunde meist rote LEDs dauerhaft leuchten, statt (zu mindest) nur blinken sieht. Grund hierfür ist meist, dass durch fehlendes EQing oder auch die Rausnahme von Lautstärke im laufenden Track, von Mix zu Mix, der Pegel systematisch angehoben wird. Der Fehler liegt meist darin, dass viele DJs den reinkommenden Track lauter drehen, um ihn im Mix über den anderen zu stellen, statt dem laufenden Track per EQ oder Fader den Saft zu nehmen. Ich denke, dass man für dieses Verständnis keinen DJ-Führerschein gemacht haben muss, um die Logik dahinter zu erkennen. Aber manchmal sind es auch "erfahrene" DJs, die schon lange Auflegen und trotzdem alles auf Anschlag fahren. Spätestens wenn durch Übersteuerung Verzerrungen im Sound auftreten oder vielleicht ein zwischengeschalteter Limiter anfängt zu pumpen sollte einem doch klar werden, dass etwas nicht in Ordnung ist, oder?
Ich hoffe, ich konnte unserem Leser hiermit eine kleine Hilfestellung geben. Wenn Ihr noch weitere Vorschläge hast, wie man unterschiedlich laute Tracks auf ein Level bekommt oder schon mal Opfer eines Gain-Nazis geworden bist, dann kannst Du hier gerne den anderen davon berichten! 🙂
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0 Kommentare zu "User Frage: Wie bekomme ich als Digital-DJ eigentlich zwei Tracks auf die gleiche Lautstärke? User question: How to get two tracks on the same volume?"