Vektor heißt die neue Licht- und Sound-Installation von Christopher Bauder, die bis zum 7. April 2024 im Kraftwerk in Berlin zu sehen und zu hören war. Zum Abschluss veranstalteten Bauder, drei Gastmusiker:innen und sein Team ein Live-Event, das die Erfahrbarkeit des Raums, der Installation und der Lichtshow maximierte. Unsere Autorin hat sich die Performance im Kraftwerk für uns und euch angeschaut.
Schon vor Monaten habe ich die Vektor-Tickets für mich und einen Freund gekauft und mich seitdem viel mit den Arbeiten von Christopher Bauder, insbesondere seiner Installation im Kraftwerk beschäftigt. In Berlin kam man auch kaum an der Veranstaltung vorbei, ganze Straßenzüge waren mit Werbung für die Installation und die Live-Events plakatiert. Meine Begleitung, selbst Künstler, sagt schon beim Reingehen ins Kraftwerk zu mir: „Das ist der Traum eines jeden Lichtkünstlers, einmal etwas im Kraftwerk aufzuführen.“ Ja, das stimmt wohl. Denn die endlos hohe Industriehalle per se birgt schon eine immense Eindrücklichkeit, die anderswo kaum erlebbar ist.
Der Inbegriff von Futurismus
Wir schlängeln uns pünktlich eine halbe Stunde vor Beginn mit dem teilweise weit angereisten Publikum hinauf auf die zweite Ebene der Halle und positionieren uns vor dem „MCC“, dem Master Control Center. Hier wurde eine Fläche erhöht, die eine Art wandloses Büro hätte sein können: Tische, Technik, Kabel und ein absolut faszinierender, durchsichtiger Bildschirm, an dem später Christopher Bauder stehen wird. Diese Glasscheibe, dieser Bildschirm ist der Inbegriff von Futurismus: Man sieht darauf aus dem Publikumsbereich hindurch auf die Programme, mit denen Bauder seinen Teil der Show steuert. Rechts und links des MCC sind in Sichtweite zwei weitere, kleinere Bühnen aufgebaut, für den Schlagzeuger und den Cellisten, die beide später live spielen.
Das Kraftwerk ist ausverkauft, aber die Menschendichte ist vor allem eines: angenehm. Man kann sich in der Halle frei bewegen, ohne sich durchs Publikum drängeln zu müssen. Das ist aber ohnehin ruhig und wenig in Bewegung, denn ab Sekunde eins sind die Menschen auf das fixiert, was sich über ihnen am Dach des Kraftwerks abspielt: Die Licht-Choreographie von Vektor, das Laser-Ballett, die Spannung, die Bewegung der Linien, die in melancholisch-düsterem Blau, stechendem Rot oder flirrendem Lila-Türkis den Raum in unzählige Fragmente zerteilen.
Ein Meer von Laserstrahlen und Licht
Es sind zehn drohnenartige Konstruktionen, die jeweils fünf Laser tragen und in gleichmäßigem Abstand zueinander an schwarzen Seilen von der Decke hängen. Manchmal kommen die Laser-Knäuel gefühlt so nah, dass man denkt, man könne sie anstoßen, nur um dann wieder weit weg im Gebälk zu verschwinden und perfekt zur Musik zu tanzen, zu strahlen, zu scheinen, zu bündeln und den Blick zu lenken. Aber „nur“ das, also die Lichtinstallation mit passendem Sound, konnte man in den vergangenen zwei Monaten schon im Kraftwerk anschauen. Die absolut intensivste Erfahrung ist die Live-Licht-Performance mit ausgewählten Live-Musiker:innen. An diesem Abend sind das Jan Urbiks am Schlagzeug, Maarten Vos am Cello und VōX als Gestalt mit hauchendem Gesang. In schönstem Licht und räumlich mittig positioniert, spielt die Künstler:in unmittelbar ans Publikum gewandt.
VōX ist an diesem Abend auf eine Art die sichtbarste Person, die mehrmals auftaucht, in einem fließenden Kleid, angestrahlt und emporgehoben von weißem, dichten Nebel. VōX bildet damit einen Fluchtpunkt im Kraftwerk, dem man sich zuwenden kann. In einem Meer von Laserstrahlen und Licht wird man abgesehen von den Gesangsauftritten als Besucher:in nämlich selbst zum Zentrum, umgeben von Licht und Sound, vor und hinter sowie über dem eigenen Kopf. Nach einigen Versuchen gebe ich das Fotografieren auf, denn es lässt sich nicht annähernd abbilden oder einfangen, was an diesem Abend im Kraftwerk visuell passiert.
Was soll man noch zu Vektor Live sagen, außer: Wow. Es war krass, es war kurzweilig, knapp über eine Stunde intensive Performance mit Zugabe vergingen extrem schnell. Vektor findet in dieser höchst aufwändigen Spielart mit eindrücklichen, neuen und unvorhersehbaren Live-Elementen seinen krönenden Abschluss. Ganz zum Schluss greift Christopher Bauder noch zum Mikrofon und bedankt sich bei seinen Mit-Musiker:innen und namentlich bei jeder einzelnen Person aus seinem Team. Ihnen allen gebührt der Applaus, der noch lange im Kraftwerk nachhallt.
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